Direkt zum Hauptbereich

Zwielicht

Staranwalt Martin Vale (Richard Gere) übernimmt als Verteidiger den wohl prekärsten Fall der letzten Monate: Er vertritt den des Mordes an dem Erzbischof Rushman (Stanley Anderson) angeklagten, neunzehnjährigen Messdiener Aaron Stampler (Edward Norton), der blutverschmiert in der Nähe des Tatortes aufgelesen wurde. Jeder ist überzeugt davon, dass Aaron der Täter ist... nur Vale sieht hinter dieser offensichtlich glasklaren Angelegenheit noch etwas mehr. Er beschließt, den jungen Mann aus der Sache herauszuboxen und begibt sich daher in den Kampf mit der Staatsanwältin Janet Venable (Laura Linney). Bei ihrem Versuch, Aaron zu entlasten, graben Vale und sein Team letztendlich jedoch mehr Dreck aus, als ihnen lieb sein könnte...

Der Justiz-Thriller von "Das perfekte Verbrechen"-Regisseur Gregory Hoblit aus dem Jahr 1996 hat vordergründig eine beeindruckende Besetzung vorzuweisen, die sich hier auch keinerlei Blöße gibt. Edward Norton, der in Rollen wie diesen ja oftmals dazu neigt, zu überzeichnen, bietet eine lebendige Performance dar, die man durchaus als glaubwürdig bezeichnen kann. Laura Linney agiert kraftvoll und auch Richard Gere kann in der Hauptrolle als von sich selbst überzeugter, gar egomanischer Staranwalt aus dem Vollen schöpfen - schlichtweg eine Paraderolle für den großen Hollywood-Star. Auch die Nebenrollen überzeugen, allen voran "12 Years a Slave"-Star Alfre Woodard als tückische Richterin, welche die Machtkämpfe zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft unterbricht. Schade ist es da nur, dass ausgerechnet der brillante Terry O'Quinn, bekannt als John Locke aus der meisterhaften Mystery-Serie "Lost", hier nur mit einer mittelprächtigen Nebenrolle abgespeist wird, die kaum etwas zu tun hat als energetische Blicke durch den Gerichtssaal zu senden. 
Abgesehen von dieser Enttäuschung sieht man den namhaften Stars aber sehr gerne dabei zu, wie sie sich hier clever die Bälle hin- und herspielen. Das macht Spaß und hat auch einige durchaus gepfefferte Dialoge zu bieten - so, wie sie dem Genre eben angemessen sind. Darüber hinaus bietet "Zwielicht" dann aber tatsächlich weniger als erwartet. Der Plot, den man uns hier auftischt, beginnt mit einer als solcher durchaus spannenden Ausgangssituation, grast anschließend aber im Grunde nur noch die erwartbaren Genre-Fakten ab. Altmodisch kann man das beinahe nennen, was ja per se nichts Schlechtes sein muss, wenn es zumindest solide inszeniert ist. Wenn aber zentrale Wendungen, die auch über eine lange Laufzeit ekstatisch als solche aufgebaut werden, vollkommen wirkungslos verpuffen, da sie als solche absolut mittelmäßig und komplett vorhersehbar sind. Da wird dann ein riesiger Thriller um Plotpoints aufgebaut, die eine Überraschung darstellen sollen, die dem Zuschauer aber schon lange zuvor klar geworden sind, weswegen an diesen Momenten dann nicht mehr als ein kleines Achselzucken entlockt werden können.
Darüber hinaus weiß auch die Inszenierung Hoblit's nicht zu beeindrucken. Die kurz eingeschobenen Actionmomente, in denen Zeugen verfolgt oder auch mal verprügelt werden, wirken statisch und arg gewollt, als wolle man das Tempo gezwungenermaßen anziehen. Auch vor Gericht will dann keine wirkliche Spannung aufkommen, was zum einen an dem ziemlich blutleeren Plot und der generellen Einfallslosigkeit liegt, aber auch daran, dass diese Szenen keine echte Energie besitzen. Die Mätzchen zwischen Anwalt und Anwalt bleiben ziemlich fade, auch die einzelnen Charakterszenen verbleiben auf der Behauptungsebene. Somit fällt auch eine emotionale Involvierung schwer und letztendlich fühlt man sich gar ein wenig unterfordert, wenn man bedenkt, wie leicht es sein muss, Profis hinters Licht zu führen. Nein, am Ende hat man sich dank der Stars durchaus unterhalten gefühlt, dabei aber auch nicht mehr als mittelmäßig geschriebene Genre-Ware von der Stange erhalten.

Fazit: Gere, Norton und Linney beweisen ein schönes Feingefühl in der Austarierung ihrer Charaktere, der Plot als solcher verbleibt jedoch ein vorhersehbares und durchschnittliches Vehikel, mittelmäßig inszeniert und geschrieben, ohne Wagnisse oder Überraschungen.

Note: 3-







Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid