Die Drachenreiter sind nur noch eine Legende aus einer vergessenen Zeit. Nachdem der herrschsüchtige König Galbatorix (John Malkovich) die Macht über das Reich Alagaesia übernahm, verschwanden die legendären Krieger auf ihren fliegenden Kreaturen und Finsternis legte sich über das Land... bis eines Tages ein lange verschollenes Drachenei bei dem Bauernjungen Eragon (Ed Speleers) auftaucht und aus ihm den neuen Drachenreiter macht, auf den die verlorenen Völker und Rebellen gehofft haben. Er soll sie, laut der Legende, in die Schlacht gegen Galbatorix führen und Alagaesia retten. Gemeinsam mit dem alten Geschichtenerzähler Brom (Jeremy Irons) und seinem frisch geschlüpften Drachen Saphira bricht Eragon zu einer schicksalsschweren Reise auf, um seiner Bestimmung gerecht zu werden...
"Eragon" ist eine dieser Fantasy-Verfilmungen, die richtig gut hätte werden können oder gar müssen. Die Buchvorlage von Christopher Paolini ist zwar kein Meisterwerk, reiht sich aber locker in die atmosphärischen und spannenden Jugendbuch-Fantasyreihen des neuen Jahrtausends ein und ist gerade angesichts des damaligen Alters des Autoren beachtliche Unterhaltung. Schade, dass aus der Verfilmung dann letztendlich nur ein rasch heruntergefilmtes Werk geworden ist, welches den Versuch, sich irgendwie in eine Reihe mit "Harry Potter" oder "Narnia" zu stellen, offenbar schon aufgegeben hat, bevor der Film überhaupt fertiggestellt wurde. Tatsächlich ist von der spannenden Geschichte, den interessanten Charakteren und einer fantastischen Welt, von welcher zumindest die ersten beiden Teile von Paolinis Fantasyreihe noch lebten, hier so gut wie gar nichts übrig geblieben. Regisseur Stefen Fangmeier kloppt den 700 Seiten langen Schinken auf runde 90 Minuten zurecht und beraubt die Geschichte somit seiner Seele.
Um dabei zumindest einen Teil der wichtigen Eckpunkte mitzunehmen, muss er so atemlos durch die Handlung hetzen, dass selbst angesichts der nicht unbedingt originellen Rahmengeschichte etliche Fragezeichen auftauchen. Fangmeier geht das Gefühl für Timing durchweg ab... aber wie soll er das auch beweisen, wenn ihm keine Zeit gelassen wird? Kaum eine Szene geht länger als eine Minute, harte Schnitte beenden den Moment, bevor er zu atmen begonnen hat. Da bleibt dann nicht viel mehr übrig als der obligatorische Prolog und ein Haufen mittelprächtiger und hektisch geschnittener Actionszenen, während dazwischen farblose Charaktere von Bestimmungen, Legenden und mutigen Kriegern schwafeln. Was im Buch noch atmosphärisch dicht geschrieben war, verkommt hier zu einer arg verkürzten und als solche mauen Fantasy-Angelegenheit ohne Tiefen, ohne Charme, ohne irgendeinen Hauch der Spannung. Und da selbst die visuellen Effekte bestenfalls mittelprächtig sind und besonders die Arbeit des CGI-Drachens hier ziemlich matschig ausfallen, bietet der Film optisch dann eben auch nur etwas, wenn die für das Genre üblichen Landschaftsaufnahmen aus dem Hut gezaubert werden, die so aber auch einfach aus "Der Herr der Ringe" herüberkopiert worden sein könnten. Neben solcherlei kleinen Augenöffnern gefällt aber immerhin der lebendige Soundtrack von "Harry Potter und der Feuerkelch"-Komponist Patrick Doyle.
Schauspielerisch holen Jeremy Irons und "Yesterday"-Star Robert Carlyle als intriganter Schatten Durza noch das Beste aus ihren Rollen heraus, auch wenn sie im Kern natürlich kaum Gelegenheiten haben, wirklich zu glänzen. Sienna Guillory lässt in wenigen leisen Momenten zumindest ansatzweise und mit leichter Sensibilität den inneren Konflikt ihrer ansonsten komplett beschnittenen Figur durchscheinen - der Rest chargiert entweder an der Schmerzgrenze oder hat kaum mehr als drei Sätze zu sagen. Die eklatanteste Fehlbesetzung hört jedoch auf den Namen Ed Speleers und hat dabei natürlich mit der Titelrolle zu tun. Der spätere "Alice im Wunderland"-Star bleibt hier so katastrophal blass, dass man sich angesichts seines bemitleidenswerten Augen-Aufreißens und der steifen Grundhaltung hin und wieder das Lachen verkneifen muss. Es gelingt ihm zu keinem Zeitpunkt, die inneren Konflikte Eragons greifbar zu machen. Was teilweise auch die Schuld des vermurksten Drehbuchs ist, zeigt aber auch Speleers (zumindest damals) limitierte Fähigkeiten, wegen welchen Eragon hier nur noch wie ein verzogener Bengel und nicht mehr wie ein heldenhafter, wenn auch manchmal noch etwas hitzköpfiger Krieger herüberkommt. Dass diese Reihe dann auch direkt nach dem Start wieder eingestellt wurde, ist ebenso konsequent wie verständlich, denn angesichts der weitreichenden Kürzungen und Änderungen wäre eine Verfilmung der Fortsetzungen nach diesem Stand eh so gut wie unmöglich werden. In dieser Qualität hätte das aber sicherlich auch niemand mehr sehen wollen.
Fazit: "Eragon" ist eine weitere seelenlose Fantasy-Romanverfilmung, die sowohl inszenatorisch als auch plottechnisch nicht überzeugt. Ein farbloser Hauptdarsteller, eine sprunghafte Handlung, mittelprächtige Actionszenen... die Buchvorlage hätte wesentlich mehr hergegeben.
Note: 4-
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