Dass Schauspieler in Filmen Doppelrollen spielen, ist mittlerweile keine Seltenheit mehr. Seit Kurzem flitzt zum Beispiel Tom Hardy als ungleiches Gangster-Brüder-Doppelpack in "Legend" über die Leinwände und auch zuvor kann man etliche Beispiele nennen: Über die deutsche Komödie "Der Schuh des Manitu", die legendären Szenen im Totenreich von "Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt" oder Armie Hammer in dem meisterhaften "The Social Network", mittlerweile sind der Technik diesbezüglich keine Grenzen mehr gesetzt. Erstaunlich ist diese Technik jedoch noch immer und das ist auch die größte Stärke des ansonsten recht schweren und kompliziert zu entziffernden Thrillers "Enemy"...
ENEMY
Der Geschichtsprofessor Adam Bell (Jake Gyllenhaal) pflegt ein normales, langweiliges Leben. Morgens unterrichtet er an der Uni, den späteren Tag verbringt er mit seiner Freundin Mary (Melanie Laurent). Erfüllt fühlt er sich nicht mehr. Eines Tages jedoch trifft es ihn wie einen Schlag, als er sich nach der Empfehlung eines Freundes einen Film ansieht. Darin erkennt er einen Darsteller, der ihm optisch bis aufs Haar gleicht. Er sucht nach dem Fremden und muss feststellen, dass die beiden sich noch weit mehr ähneln als nur über Äußerlichkeiten...
"Enemy" dürfte viele Zuschauer, die nach dem Trailer mit einem hochspannenden, verzwickten Thriller gerechnet haben, bei dem uns am Ende eine überraschende Wendung aus den Socken haut, ziemlich enttäuschen. Denn verzwickt und spannend ist der Film sicherlich immer noch, dennoch nähert er sich seiner Geschichte und dem Sinn dahinter in vollkommen anderer Weise. Was genau die beiden Männer Adam und Anthony verbindet und was sich im Hintergrund verbirgt, wird nie genau aufgeklärt. Es werden zwar einige sehr eindeutige Hinweise in bestimmte Richtungen gegeben, gelüftet wird das Rätsel allerdings nicht, was sicherlich so gewollt ist, aber auch für eine gewisse Ernüchterung sorgen kann. Mit diesem Vorwissen (dass ich nicht hatte und somit tatsächlich gegen Ende einen groben Stich der Enttäuschung spürte) könnte "Enemy" funktionieren, denn er ist verflixt gut gemacht. Jake Gyllenhaal legt in seiner Doppelrolle eine schier meisterhafte Darstellung an den Tag, die man nicht hoch genug loben kann, er geht in beiden Figuren so dermaßen auf, dass man bei seinem Spiel glatt aufhört zu atmen. Ihm zur Seite stehen in weitaus kleineren Parts "Inglourious Basterds"-Star Melanie Laurent sowie die unter anderem aus "Eine dunkle Begierde" und "Dracula Untold" bekannte Sarah Gadon zur Seite, die ebenfalls mit viel Präsenz und noch dazu einem mutigen Akt von Nacktheit aufwarten, der in einer Hollywood-Produktion so sicher nicht möglich gewesen wäre. Insgesamt hält sich "Enemy" über seine knappe Laufzeit von neunzig Minuten recht wacker, die Spannung erreicht immer wieder ungeahnte Höhen und Regisseur Dennis Villeneuve (der später noch den Rache-Thriller "Prisoners", ebenfalls mit Gyllenhaal, inszenierte) schafft es mit nur wenigen Textzeilen eine beachtliche Grundatmosphäre durch eine wunderbare Bildsprache und das ständige Gefühl von Unruhe aufzubauen. Ein paar kleinere Längen gibt es zwar, besonders, da das Tempo zwischendrin immer wieder schwankt und sich sehr schnelle Szenen mit sehr langsamen ein wenig seltsam anmutend abwechseln, wobei immer wieder der Fuß vom Gas genommen wird. Jedoch, man bleibt dran als Zuschauer und jede Szene hat ihr eigenes Feuer. Wer nun nach Lösungen sucht, wird aber natürlich enttäuscht und gegen Ende biedert sich Villeneuve gar an Regie-Legende Stanley Kubrick an, kann dessen vertrackte Erzählkunst aber nicht erreichen und liefert uns anstattdessen nur noch Szenarien, die sicherlich einiges aussagen und die man auch von vielen Seiten beleuchten und besprechen kann, die aber auch für viele Fragezeichen sorgen und gerne auch mal ein wenig dick aufgetragen wirken. Gegen Ende verliert "Enemy" dabei deutlich an Schwung und ist gerade durch seine Geschichte, die eben sehr plötzlich und ohne weitere Auskünfte endet und jegliche Fässer offenlässt, eine Enttäuschung. Fazit: Brillant gefilmt und gespielt, geht diesem langsam-gewagten Thriller zu früh die Luft aus und es werden zu viele Fässer offengelassen, um mit cleveren, aber doch recht unbefriedigenden Wendungen und Nebenplots für Verwirrung zu sorgen.
Note: 3-
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