Nach einer handgreiflichen Auseinandersetzung wird der junge Priester Jud Duplenticy (Josh O'Connor) in die kleine Gemeinde Chimney Rock geschickt. Dort herrscht Monsignore Jefferson Wicks (Josh Brolin) in der Kirche und versetzt große Teile der Einwohner mit seinen feurigen, oft grenzüberschreitenden Reden in Angst und Schrecken. Ein fester Kern der Gemeinde hält dennoch unentwegt zu ihm - ob aus reinem Glauben oder anderen, persönlicheren Gründen. Jud hingegen verkracht sich schon recht bald mit dem Monsignore und gilt deswegen als wichtigster Verdächtiger, als eben jener während seiner Karfreitags-Messe zu Tode kommt... obwohl er sich alleine in einer zu allen Seiten verschlossenen Kammer befand. Auftritt: Benoit Blanc (Daniel Craig). Der sieht in Jud auch erstmal den einzigen möglichen Verdächtigen, zieht die Kreise jedoch alsbald weiter... um sich die wichtigsten Vertrauten des grantigen Teufelspriesters genauer anzusehen.
Mit dem dritten Teil ist es praktisch in Stein gemeißelt: Knives Out ist eine dieser Filmreihen, auf die man sich definitiv stets wird verlassen können... zumindest solange das Dreamteam aus Autor und Regisseur Rian Johnson und Hauptdarsteller Daniel Craig der Reihe treu bleiben. Denn auch der langerwartete dritte Teil ist dabei mal wieder ein echter Genuss: Nicht ganz auf dem Niveau des brillanten ersten Films, aber ein bisschen besser als der ebenfalls starke Glass Onion. Der Star ist hier mal wieder das von Rian Johnson verfasste Drehbuch, welches zuvorderst drei echte Meisterstücke vollbringt. Einerseits nämlich den primären, wenn auch erst recht spät im Film geschehenden Mordfall, der diesmal wirklich so unmöglich klingt, dass man als Zuschauer praktisch keine Ahnung hat, wie dieser abgelaufen sein soll. Ein hochspannendes Mysterium zum Mitdenken - was durchaus möglich ist, da der Film nicht nur rote Heringe, sondern immer wieder auch echte Hinweise auswirft, durch die man selbst einige Puzzleteile zusammensetzen kann. Die letztendliche Auflösung kommt jedoch wieder mit so vielen unerwarteten Überraschungen daher, dass es mir mitnichten gelungen ist, hier auch nur ansatzweise auf den richtigen Riecher zu kommen, bevor Benoit Blanc es tut.
Das zweite Meisterstück, ebenfalls aus dem Drehbuch stammend, sind die Figuren... und eine ganz besonders, womit diesmal nicht Benoit Blanc selbst gemeint ist. Natürlich ist der redselige Privatdetektiv, der stets sehr begeistert von den Spuren ist, die er hier findet, mal wieder ungemein erfrischend, doch das Herz des Films gehört einem anderen: Der von The Crown-Star Josh O'Connor gespielte Jud Duplenticy ist genau genommen sogar die absolute Hauptrolle dieses Films, um ihn dreht sich das gesamte Geschehen und über lange Strecken wird die Geschichte auch aus seiner Sicht erzählt. Eine spannende, doppelbödige und durchweg sympathische Figur, wobei die Reihe einem packenden Muster folgt, dem Detektiv stets eine herzliche und dennoch etwas undurchsichtige Figur an die Seite zu stellen... und nach Ana de Armas' grandiosem Auftritt im ersten Knives Out weiß die Geschichte des jungen, sicherlich nicht fehlerfreien Priesters wirklich zu berühren. Was auch dazu führt, dass auch Wake Up Dead Man zwar im Grunde wieder eine Krimi-Komödie ist, angesichts der teils ziemlich düsteren Hintergrundgeschichten der einzelnen Figuren aber die Lacher seltener zu finden sind. Das werden viele nach dem deutlich bunteren und abgedrehteren Glass Onion sicherlich sogar gutheißen, wobei es dank der herrlich schnittigen Dialoge und einiger ganz wunderbarer Einfälle an der Seitenlinie dennoch sehr viel zu Lachen gibt, ohne dass die ganze Nummer jemals albern werden würde.
Der ganze Fall wird mit der Zeit jedoch so vertrackt, dass man hin und wieder einwerfen muss, dass ein Haken weniger der Geschichte nun nicht unbedingt geschadet hätte - auch weil der Film mit einer Laufzeit von 146 Minuten nicht unbedingt kurzweilig ist. Langweilen tut man sich angesichts der an vielen Fronten packenden Geschichte aber ohnehin nie... und angesichts des üppigen Figurenensembles ist ohnehin genug Abwechslung geboten. Manchen Charakteren würde man hier gern gar noch mehr Zeit gönnen, denn bei jeder Figur sind mindestens die groben Ideen ihrer Charakterzüge so interessant, dass sie glatt einen eigenen Film ergeben könnten. Da der Fokus aber auf Josh O'Connor und Daniel Craig liegt, die ihre Sache als unpassendes und dennoch höchst glaubwürdiges Duo ganz ausgezeichnet machen, mussten hier und da ein paar Abstriche gemacht werden. So hätte ich sehr gerne etwas mehr von Mila Kunis als grimmige Polizistin gesehen, die hier leider nur auf wenige Szenen kommt... oder von der dramatisch eingeführten, schließlich aber immer weniger zu tun bekommenden Cailee Spaeney. Das stargespickte Ensemble, in dem sich darüber hinaus noch die Marvel-Stars Jeremy Renner und Thomas Haden Church sowie die zigfach oscarnominierte Glenn Close, Spectre-Star Andrew Scott sowie die hier grandios aufspielende Kerry Washington tummeln, ist aber mit so viel ungehemmter Spielfreude dabei, dass man allen von ihnen auch dann gerne zuschaut, wenn ihre Figuren eigentlich noch etwas kohärenter hätten geschrieben sein können.
Fazit: Ein erneut hochspannender, mit allerlei packenden Wendungen gespickter Krimi, der diesmal vor allem aufgrund seiner zwei starken Hauptfiguren und eines schier unmöglichen, aber dennoch sehr rund aufgeklärten Verbrechens innerhalb eines verzwickten und höchst unterhaltsamen Drehbuchs überzeugt. In dieser Qualität darf Benoit Blanc dann bitte noch unzählige Male solch herrliche Fälle aufklären.
Note: 2
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