Direkt zum Hauptbereich

Game of Thrones - Die sechste Staffel

Die fünfte Staffel war ein kleiner Let-Down und lässt sich auch nachträglich schwer feststellen, woran genau das denn lag. Naheliegend ist wohl, dass die Serie seitdem deutlich die zur Vorlage liegenden Bücher von George R. R. Martin überholt hat und somit auf neue Geschichten setzen musste. Auch wenn Martin als Produzent und durchgehender Ratgeber mit an Bord war, merkte man der Serie die Scheu an... sie zogen einige Handlungsstränge weiter in die Länge, machten die Sache am Ende nicht ganz rund. Nun steuert man jedoch langsam, aber sicher auf das große Serienfinale zu und kann die Handlungen verknüpfen - ein wichtiger Schritt, der meisterhafte Momente bilden, aber auch gewaltig in die Hose gehen kann, wenn man es falsch angeht. Die Macher von "Game of Thrones" nutzen dies nun nicht nur, um sich wieder zu bessern - sie liefern tatsächlich das Beste aus allen Welten.

GAME OF THRONES - STAFFEL 6


Die Zeichen stehen auf Sturm: Die Armee der weißen Wanderer nähert sich weiterhin der freien Welt, die Besatzung der Nachtwache hielt das aber dennoch nicht davon ab, ihren Lord Kommandanten Jon Schnee (Kit Harington) als Verräter hinzurichten, da dieser Frieden mit den Wildlingen schloss, um mächtige Verbündete gegen den gemeinsamen Feind zu versammeln. Auch in Königsmund herrrscht weiterhin Chaos, nachdem der Hohe Spatz (Jonathan Pryce) das Zepter der Macht in seine Hand genommen und sogar Cersei Lannister (Lena Headey) scheinbar diskreditiert hat. Unterdessen hat sich Tyrion (Peter Dinklage) mit der Drachenmutter Daenerys Targaryen (Emilia Clarke) zusammengetan, die sich jedoch in Gefangenschaft der Dothraki befindet. Um befreit zu werden, muss sie auf einen alten Verbündeten hoffen. Aria (Maisie Williams) hat derweil ihr Augenlicht eingebüßt und befindet sich noch immer in der Lehre der Vielgesichtigen, wo sie auf neue, schmerzliche Herausforderungen stößt...

Die Stimmung ist trostlos, die Feinde sind auf dem Vormarsch und treiben immer mehr Siege ein. Die Figuren sind gebrochen, müssen sich sammeln... die Finsternis ist fast da. Diese schwermütige, beinahe erdrückende Atmosphäre der bevorstehenden, großen Schlachten, die über das Schicksal von Westeros entscheiden, trägt die sechste Staffel auf unfassbar intensive Weise. Es sind diesmal nicht nur die gewohnten Qualitäten, die Einzug halten und sich noch einmal verbessern, es ist diesmal von allem mehr drin. Die Charaktermomente sind erneut von ganz großen Emotionen geprägt, es werden etliche Verluste eingestrichen, Opfer müssen erbracht werden, Charaktere müssen Wege verlassen, um sich selbst zu finden. Das ist niemals pathetisch überhöht erzählt, sondern zeugt schlichtweg von einer meisterhaften Dramaturgie. Passenderweise sind die ersten Folgen weitestgehend ruhiger erzählt, bevor das Tempo später auf eklatante Weise ansteigt und den Zuschauer beinahe erschlagen von Ereignissen zurücklässt.
Die Macher scheuen dabei weder Mühen noch Geld, liefern diesmal nicht nur eine große Schlacht, sondern gleich mehrere brillant inszenierte Actionszenen, die es in Sachen Epik mit jedem großen Action-Blockbuster der letzten Jahre aufnehmen können. In diesem Feuer des Schlachtengetümmels verliert man die Figuren, die man über mehrere Staffeln mittlerweile lieben und auch hassen gelernt hat, nie aus den Augen. Die Bilder sind großartig, die Effekte in der Serienwelt einmalig und dennoch gelingt es den Machern, die große Gewalt niemals über die Dramatik der Story siegen zu lassen. Diese war bis hierhin auch nie so gut erzählt - man tappt nicht in die Falle, hier nur noch das große Finale vorbereiten zu müssen, sondern geht noch mehrere Schritte weiter, bringt Handlungsfäden zu ihren Abschlüssen, lässt manch einen triumphieren, andere stolpern und fallen.
Es ist eine brillante Achterbahn der Gefühle, durch die der Zuschauer in zehn Folgen hindurchgezogen, eine Episode besser als die andere, ummantelt von großartigen Wendungen. All das steht dabei im Schatten der letzten beiden Folgen, die nicht nur das Beste sind, was "Game of Thrones" jemals hervorgebracht hat und wobei sogar die legendäre Schlacht der Grenzer gegen die Wildlinge noch einmal getoppt wird... es ist vielleicht auch das Beste, was ich jemals in einer Serie gesehen habe. Ungemein hart durchgetaktet, hochspannend, ungemein dramatisch und als Zuschauer in vielen Momenten gar schwer zu ertragen - die Macher sind mutig und überraschen uns immer wieder.
Für die nachfolgenden Staffeln dürfte dies schwer zu toppen sein, optimistisch bin ich dennoch, denn wer alleine eine Final-Vorbereitungsstaffel auf solch grandiose Weise inszeniert, ohne sich dabei größer zu machen als es eigentlich ist, der kann im Nachhinein eigentlich kaum mehr stolpern. Darstellerisch bewegt man sich dabei auf dem gewohnt meisterhaften Niveau, mit dem Unterschied, dass diesmal niemand hervorzuheben ist. Sie alle bekommen endlich wieder gleichwertige Zeit, um hervorzustechen, gerade die zuletzt etwas schleifenden Plots rund um Bran, Aria und Theon Graufreud wissen zu begeistern - die Macher rehabilitieren hier alles, was in der fünften Staffel zumindest streckenweise schiefgelaufen ist. Auszusetzen gibt es dabei, mit der Ausnahme einiger winziger Längen, eigentlich nichts. Das hier ist mittlerweile das größte filmische Epos seit "Der Herr der Ringe" und ganz gleich, was in den folgenden zwei Staffeln noch geschieht - ein Platz im Serienolymp ist "Game of Thrones" jetzt schon sicher.

Fazit: Eine Staffel wie ein Rausch. Ein episches und packendes Fantasy-Abenteuer, darstellerisch brillant, visuell berauschend, eine Handlung, die von Beginn an packt und sich immer weiter hochtreibt, bis zu einem zweifolgigen Finale, dass alle Grenzen sprengt. "Game of Thrones" ist ein Epos, dass seinesgleichen sucht.

Note: 1




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid