Walt Disney starb 1966 während einer Zeit, als sich mehrere abendfüllende Zeichentrickfilme noch in der Mache befanden. Er schaffte es noch, grünes Licht für "Aristocats" zu geben und verstarb schließlich mitten im Produktionsprozess von "Das Dschungelbuch". Die Animationen wurden schließlich ohne den Großmeister fertiggestellt und das Werk konnte 1967 ins Kino gebracht werden. Bis heute gilt der Film besonders in Europa als Klassiker und machte sich einen solch großen Namen, dass Disney 2016 sogar mit einer Realverfilmung des Stoffes um die Ecke kam, der anschließend die Kinokassen zum Beben brachte...
DAS DSCHUNGELBUCH
Das Waisenkind Mogli wächst im Dschungel bei einer Wolfsfamilie auf. Als der Junge herangewachsen ist, geht die Nachricht umher, dass der böse Tiger Shir Khan in den Dschungel zurückgekehrt sei und Jagd auf Mogli machen möchte. Der gutmütige Panther Baghira reagiert sofort und macht sich mit dem Jungen auf, um diesen zur nahen Menschensiedlung zu bringen, wo er in Sicherheit wäre. Mogli weigert sich jedoch und möchte im Dschungel bleiben. Als er den gemütlichen Bären Balu trifft, rutscht er in ein aufregendes Abenteuer, voller singender Affen, hypnotisierender Schlangen und marschierenden Elefanten...
In den USA war dem "Dschungelbuch" nur ein mäßiger Erfolg vergönnt. Dementsprechend erreichte das Werk in der Heimat niemals einen solchen Kultstatus und gilt im Grunde als ein Disney-Film unter vielen. Ganz anders sieht das in Europa und noch einmal besonders in Deutschland aus. Hierzulande ist "Das Dschungelbuch" bis heute der inflationsbereinigt erfolgreichste Film aller Zeiten, kein anderer Film lockte mehr Zuschauer in die Kinosäle. Warum gerade dieser Film aus den Disney-Studios immer wieder ganz vorne auf Bestenlisten landet und solch einen enormen Kultstatus in Europa genießt, ist schwierig nachzuvollziehen, denn wenn man ehrlich ist und die rosarote Fanbrille abnimmt, zählt er sicherlich nicht zu den qualitativen Meisterwerken.
Es ist ein guter Zeichentrickfilm für die ganze Familie, bunt, abenteuerlich und nett, aber sicher auch nicht mehr. Dies liegt daran, dass die Geschichte im Grunde genommen eine ziemlich dünne ist und für die Familienunterhaltung auch entschärft wurde. Wir sehen hier grob gesehen eine Nummernrevue, die für sich genommen in jeder Einzelszene unterhaltsam ist und besondere Momente liefert, wobei der Grundkonflikt (Mogli aus seiner bisherigen gewohnten Umgebung zu schicken, um ihn bei Menschen aufwachsen zu lassen) aber ins Hintertreffen gerät. Zwar wird dieser Konflikt immer wieder thematisiert und bekommt zum Ende auch einen runden Abschluss, ansonsten wird dieser aber durch das laute Getöse in den Hintergrund gedrängt.
Dabei entstehen dann kultige Szenen wie Balu's "Probiers mal mit Gemütlichkeit"-Performance oder auch die wunderbare Slapstick-Nummer in King Louies Affentempel, die alle für sich genommen herausragende Szenen sind. Als Ganzes ergibt es aber nur einen sehr lose zusammenhängenden, eher unspannenden Film, der im Grunde sehr wenig zu erzählen hat und dies versucht, durch mehrere Einzelszenen zu vertuschen. Die Handlung wird dadurch nicht wirklich vorangebracht und erst durch das tatsächliche Auftreten von Antagonist Shir Khan kommt Schwung in die dünne Geschichte, was schließlich in einem spektakulären und dramatischen Finale mündet.
Verglichen mit anderen Werken wie "101 Dalmatiner" oder dem in einem ähnlichen Setting spielenden "Der König der Löwen" fehlt es dennoch an echter Dringlichkeit und Dramatik, weswegen der Film angesichts seiner bunten Farbpalette für Kinder eher geeignet ist. Wirklich hochspannend oder beängstigend wird es nie, was aber auch gegen die Atmosphäre spricht, ist diese doch so heiter, dass man nie wirklich mitfiebern will. Mitwippen ist bei den herrlichen Songs, die hervorragend ins Deutsche vertont wurden, dann schon eher angesagt und deswegen hat man auch eine Menge Spaß. Emotional sind wir hier aber nie wirklich involviert... es ist eher wie eine Achterbahnfahrt, die rasant und flott ist und viel Freude bereitet, uns dabei aber nichts lehrt und keinen bleibenden Eindruck hinterlässt.
Fazit: Rasanter Zeichentrickspaß mit kultigen Songs und sympathischen Charakteren. Die dünne Handlung wird von den schönen Slapstick-Actionszenen ausgestochen, weswegen es dem Film an Dramatik und Tiefe mangelt.
Note: 3+
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