Pixar war nicht aufzuhalten. Nachdem sie 1995 mit "Toy Story" das Genre des Animationsfilm von Grundauf neu aufstellten, landeten sie einen Hit nach dem anderen, heimsten mehrere Oscars ein und galten als Vorreiter einer ganzen Kino-Ära. Meisterwerke wie "Ratatouille" oder "Die Monster AG" waren dabei nicht einfach nur schöne Familienfilme, nein, sie hatten eine Tiefe und ein Herz, welches vielen "richtigen" Kinoproduktionen fehlte. Pixar hatte sich gegen Ende der 2000er schließlich zu einer Qualität aufgeschwungen, die unerreichbar schien... und irgendwann musste der Absturz kommen. Dieser erfolgte zwar sicherlich noch nicht 2008 und sicherlich auch nicht kurz darauf. Dennoch konnte bereits "Wall-E" nicht an den grandiosen Erfolg eines "Ratatouille" aus dem Vorjahr anknüpfen...
WALL·E
Die Menschheit hat die die mittlerweile heillos verdreckte Erde bereits seit hunderten von Jahren verlassen und auch die letzten Roboter, die mit der Säuberung des Planeten beschäftigt waren, um vielleicht irgendwann wieder Leben zu ermöglichen, funktionieren nicht mehr. Nur einer ist noch übrig: Wall-E ist der letzte Aufräumroboter, der noch immer seiner Arbeit nachgeht und dabei den Müll der Menschen nach interessanten Objekten erkundet, für die er sich begeistern kann. Als eines Tages die Roboterdame EVE auf der Erde landet, die nach möglichen Lebensformen suchen soll, verliebt sich Wall-E Hals über Kopf. Dass diese jedoch nur wegen einer bestimmten Aufgabe auf den verwaisten Planeten gekommen ist, scheint er dabei zu übersehen...
Damals, zur absoluten Hochzeit des Studios, ging Pixar ein Risiko nach dem anderen ein. Eine Geschichte über eine Ratte in einer französischen Küche, die das Kochen liebt? Eigentlich unvorstellbar und viel zu skurill... doch Pixar setzte es als Meisterwerk um. Ein Plot über einen alten Greis, der Luftballons an sein Haus hängt und gemeinsam mit einem jungen Pfadfinder nach Südamerika fliegt? Auch dies setzte Pixar um und auch wenn mit "Oben" 2009 kein Meisterwerk-Status erreicht wurde... Spaß machte es dennoch und die Macher von "Toy Story" und Co. gingen dabei auch unglaublich originell vor.
Ein Jahr zuvor brachten sie jedoch ihre womöglich originellste Geschichte hervor. Kaum ein Filmfan konnte sich vorstellen, wie sogar die Genies von Pixar und Andrew Stanton, der bereits für "Findet Nemo" einen Oscar einheimste, eine Liebesgeschichte zweier Roboter, die kaum ein Wort sagen oder sogar nur eine minimal ausgeprägte Mimik besitzen, glaubhaft und qualitativ zufriedenstellend umsetzen würden. Das konnte doch nur schiefgehen oder zumindest das enorm hohe Niveau der vorigen Filme nicht halten, oder? Aber sie haben es schon wieder getan: Sicherlich nicht so gut wie manch ein vorheriges Werk, aber besser als der ein Jahr später erschienene "Oben" und um Längen genialer als die doch eher halbherzigen Sequels der letzten Zeit a la "Findet Dorie" und "Cars 2"... "Wall-E" ist ein wunderbarer Film!
Seine stärksten Momente hat er dabei während seiner ersten halben Stunde, wenn fast komplett ohne Worte, dafür aber mit umso mehr Bildgewalt und eindrücklichen Gefühlen eine Liebesgeschichte erzählt wird, wie wir sie so auch noch nicht gesehen haben. Die ersten Eindrücke von Wall-E's tagtäglicher Arbeit und seine langsame Annäherung an die unbekannte EVE sind durchaus von filmischer Brillanz, mit sehr viel Humor und ebenso viel Herz ausgestattet und dabei so originell, wie es ein Pixar-Film nur sein kann. Es gelingt den Machern, zwei Maschinen mehr Seele einzuhauchen als den meisten menschlichen Protagonisten der letzten Filmjahre und den Zuschauer somit durchgehend an die beiden Charaktere zu binden.
Später, wenn sich die Handlung in den Weltraum verlagert und Wall-E dabei auch auf die Menschen trifft, welche die Erde verlassen haben (bzw. niemals auf ihr gewohnt haben), bleibt die Originalität zwar bestehen, der Spaß-Faktor weicht jedoch ein bisschen. Das liegt an der doch recht plakativen Moral, welche die Macher hier lang und breit auswalzen und die beim genaueren Hinsehen doch manch ein Logikloch bereithält. Und auch das rasante Chaos des Mittelteils, während welchem Wall-E durch seine Unbeholfenheit die Raumstation auf den Kopf stellt, ist zwar herrlich witzig, erreicht aber niemals den Charme der ersten halben Stunde. Nicht falsch verstehen, dank grandioser Animationen, einem wunderschönen Soundtrack und durchaus sympathischen Charakteren ist es rundum noch immer ein guter Film, der Kampf gegen einen Antagonisten, dessen wahre Beweggründe hier doch eher flach bleiben und ein recht hastiges, wenn auch emotional treffsicheres Ende lassen "Wall-E" dann aber nicht mit voller Begeisterung in den Abspann abrollen. Das macht aber nichts, denn dank wunderbarer Gags und ganz großen Emotionen, kombiniert mit einer gar nicht so dummen Grundgeschichte, hat man dennoch viel Spaß gehabt.
Fazit: Wunderschöner Animationsfilm mit Witz und Herz, dem zwar ab der zweiten Hälfte ein wenig die Puste ausgeht, der aber auch noch in schwächeren Momenten mit tollen Bildern und sympathischen Charakteren überzeugt.
Note: 2-
Kommentare
Kommentar veröffentlichen