Viele fragten sich, was für Daniel Radcliffe nun kommen würde, nachdem die "Harry Potter"-Reihe nach zehn Jahren und acht Filmen ihr Ende gefunden hatte. Als bebrillter Zauberlehrling war er weltweit berühmt geworden, nun musste er beweisen, dass er auch in anderen Filmen bestehen konnte. Als erste Feuerprobe fiel Radcliffes Wahl dabei gleich auf einen altmodisch inszenierten Gruselfilm: Keine schlechte Wahl, denn der Jungschauspieler darf den Film hier streckenweise immer wieder alleine tragen und kann so zeigen, dass er auch ohne Zauberstab im Filmbusiness bestehen wird.
DIE FRAU IN SCHWARZ
Der junge Anwalt Arthur Kipps (Daniel Radcliffe) wird von seiner Kanzlei beauftragt, den Nachlass der verstorbenen Alice Drablow zu regeln, welche in einem einsamen Herrenhaus abseits des Küstendorfes Crythin Gifford gelebt hat. Dort wird Kipps mit misstrauischen Augen empfangen, einzig der wohlhabende Sam Daily (Ciaran Hinds) begegnet ihm mit Wohlwollen. Während seiner Arbeit stößt Kipps in dem Herrenhaus jedoch auf einige seltsame Vorkommnisse... und gerät hinter die Geheimnisse eines grauenerregenden Fluches, welcher das Dorf schon länger heimsucht.
Mit "Die Frau in Schwarz" ist Regisseur James Watkins ein solider Horrorstreifen gelungen. Er erfindet das Genre keinesfalls neu, generell ist eigentlich nichts daran auch nur im Ansatz originell, aber er verbindet eine überzeugende Bildsprache mit einigen saftigen Schockeffekten... was wollen Horrorfans denn mehr?
Gut, man muss sagen, dass die Geschichte während der ersten Hälfte nur sehr umständlich aus dem Quark kommt, dabei viele Atempausen einlegt und sich etwas zu viel Zeit lässt, bevor der arme Arthur Kipps mit dem Schrecken im Herrenhaus konfrontiert wird. Da wird dann schon ein großes Brimborium um ein letztendliches Geheimnis gemacht, dass dann zwar ganz nett ist, aber sich die Buchstaben Originalität sicher nicht auf die Stirn drucken lassen darf. Da verliert der Film dann schon von Beginn an deutlich an Schwung.
Darüber tröstet aber die starke Bildsprache hinweg, die sich an den klassischen Gruselschockern der 50er Jahre orientiert und uns immer wieder angenehm schaudern lässt. Spinnenweben hängen von den Decken, Türen knarzen und generell bietet der Anblick auf das verlassene, leicht verfallene Herrenhaus doch schon ein paar Augenöffner, so wie auch die umstehenden Ländereien... für einen einfachen Horrorfilm sieht das hier alles schon sehr hübsch aus. Auch das Design der titelgebenden Frau in Schwarz, die zu Beginn natürlich nur schemenhaft und erst später in voller Pracht präsentiert wird, weiß zu überzeugen und in Verbindung mit dem Teils markerschütternden Tondesign entstehen da einige wahre Gänsehaut-Momente.
Am besten ist "Die Frau in Schwarz" somit immer dann, wenn sich Kipps alleine durch die Gänge und Zimmer des Herrenhauses aufmacht, um die Geheimnisse des Eilands zu enträtseln. Dort können die Macher dann, ohne den Zuschauer gleich taubzu schießen, aus allen Rohren feuern und einige herbe Schocker liefern. Zwar ist auch hier soweit alles schon bekannt, aber die Macher schaffen es mit einigen cleveren Tricks von selbst bewegende Schaukelstühle, sich öffnende Türen und seltsam starrende Puppen so ins Bild zu setzen, dass sie uns dennoch schaudern und erschrecken.
Innerhalb dieses Schreckens macht auch Daniel Radcliffe eine sehr solide Figur. Ob man ihm nun bereits jetzt die Rolle eines jungen Vaters abnehmen möchte, der noch dazu ein Anwalt ist, das muss jeder für sich selbst entscheiden, darüber hinaus kann Radcliffe den Film aber durchaus auf seinen eigenen Schultern tragen. Natürlich fehlt ihm noch die Ausstrahlung eines Ciaran Hinds beispielsweise, der hier mit gewohnt trickreicher Undurchsichtigkeit agiert, aber als erster Auftritt nach dem Ende des "Harry Potter"-Franchises geht das schon absolut in Ordnung. Bis zu einem recht spannenden Finale und einem gemeinen Schlussakt, der auch emotional in die richtige Richtung zielt, kann man sich hier also wirklich solide unterhalten lassen.
Fazit: Dank einem treffsicheren Ton- und Bilddesign weiß der Film angenehm zu schauern und auch mal zu erschrecken, auch wenn die Geschichte an sich eher mau ausfällt.
Note: 3+
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