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Ein Dolmetscher als Held: Filmkritik zu Guy Ritchie's "The Covenant"

Im Jahr 2018 ist Sergeant John Kinley (Jake Gyllenhaal) in Afghanistan stationiert. Dabei wird ihm mit Achmed (Dar Salim) ein neuer Dolmetscher zugeteilt, welcher die Sprachbarrieren zwischen Kinleys Einheit und den Einwohnern überwinden und zugleich beim Auffinden von Munitions- und Sprengstofflagern helfen soll. Während eines Einsatzes kommt es zum Schusswechsel, bei dem Kinley schwer verletzt wird. Achmed rettet zunächst sein Leben und muss sich dann, mit seinem verwundeten Vorgesetzten im Gepäck, durch die kilometerweite Wüste schleppen, während die Taliban gnadenlos nach den beiden Überlebenden suchen...

Ins Kino hat es der neue Film von Guy Ritchie zumindest in Deutschland nicht geschafft und man muss sich ernsthaft fragen, wieso das der Fall ist. Sicherlich wollte der Streamingdienst Prime Video auch mal wieder ein großes Original in sein Portfolio aufnehmen, doch rein qualitativ gehört ein solcher Film eigentlich auch auf die große Leinwand. Ritchie, der in den letzten Jahren mit deutlich leichtfüßigeren Action-Stoffen wie "Cash Truck" und "Operation Fortune" aufwartete, zeigt sich hier erneut von seiner besten Seite: Gerade die einzelnen Gefechte zwischen dem US-Militär und den Taliban sind bemerkenswert intensiv inszeniert und wirken extrem realistisch. Untermalt von einem grandiosen Soundtrack und stets mit dem richtigen Gespür für Kameraperspektiven und Schnitte (inklusive einer hochspannenden One-Shot-Sequenz) hält der Regisseur den Adrenalinpegel fast durchgehend weit oben und weiß altbekannte Szenarien durchweg packend umzusetzen.
Dabei nimmt Ritchie mit seinem Film keine klare, politische Position ein: Dass der Krieg eine miese Sache ist, wird zwar auch hier klar. Darüber hinaus versteht er sich aber er als eine spannende und bisweilen dramatische Geschichte, die sowohl den Hurra-US-Patriotismus als auch die Taliban in Afghanistan kritisiert. "The Covenant" lässt sich, trotz seiner zwei zentralen Heldenfiguren, nicht in Schwarz oder Weiß lesen, was den Film simpler, aber auch spannender macht. Er fokussiert sich auf seine menschlichen Figuren, die nicht an politische Spitzen denken, sondern einfach nur versuchen müssen, in ihrem Job irgendwie zu überleben. Das führt zu einigen kraftvollen Szenen, die nicht mit einer Moralkeule versehen sind. Erst gegen Ende, wenn in einem bleihaltigen Showdown etliche Menschen niedergemäht werden, übertreibt man es ein wenig mit den Action-Vehikeln - diese bleiben zwar durchweg grandios inszeniert, können aber auch nicht ganz mit den wesentlich leiseren und deswegen spannenderen und nahbaren Suspense-Szenen im Mittelteil mithalten.
In den Hauptrollen leisten Jake Gyllenhaal und "Game of Thrones"-Star Dar Salim wahrlich Großes - gerade letzterer vollführt hier nahezu unmenschliche Taten und kann sich neben Superstar Gyllenhaal durch eine nuancierte und lebendige Vorstellung erstaunlich gut freispielen. Obwohl man weder über John Kinley noch über Achmed nennenswerte Hintergrunddetails erfährt (abgesehen von den für das Genre typischen, familiären Backgrounds), agieren beide sehr harmonisch und stimmig miteinander. Die Freundschaft, die sich zwischen den beiden grundverschiedenen Männern entwickelt, obwohl in ihr von Anfang an eine Menge Konfliktpotential schlummert, wirkt durchweg glaubwürdig und entfaltet deswegen auch ohne Worte sehr viel Kraft. Das liegt auch daran, dass Ritchie auf dramaturgische und veraltete Klischees verzichtet - hier muss kein armer, muslimischer Mann von dem weißen Retter gerettet werden. Trotzdem ist auch Achmed kein Superheld, sodass sich beide Männer, militärische Ränge ignorierend, gleichrangig aus der Patsche helfen müssen. Das ist spannend und bewegend und dabei, trotz ein paar minimaler Längen und einer leider im Sande verlaufenden Kritik am langatmigen Us-Militärapparat, ein durchweg packendes Erlebnis im Bereich des Kriegsfilms.

Fazit: Hervorragend gespielt, mit Wucht inszeniert und mit einer ebenso simplen wie treffsicheren Geschichte ausgestattet - "The Covenant" ist nicht frei von Schwächen, dafür aber durchweg spannend und dank lebendig wirkenden Charakteren auch ziemlich bewegend.

Note: 2- 



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