Direkt zum Hauptbereich

Filme für regnerische Tage: Meine Erstsichtungen vom 24.07.23 bis zum 30.07.23

In Deutschland ist der Sommer, nachdem er einige Wochen lang mit Extrem-Temperaturen die ganze Bevölkerung schwitzen ließ, deutlich ins Wasser gefallen. Zumindest in Köln regnet es im Grunde seit Tagen immer wieder, von richtigem Sommer-Feeling fehlt jede Spur. Eigentlich perfekt, um sich in den heimischen vier Wänden ein paar Filme anzusehen. Das habe auch ich diese Woche wieder getan und ein paar Lücken geschlossen.


Bones and All: Horror-Drama von Luca Guadagnino, mit Taylor Russell, Timothee Chalamet, Mark Rylance, Michael Stuhlbarg, Chloe Sevigny, Andre Holland und Jessica Harper
Der neueste Film des gefeierten Independent-Regisseurs Luca Guadagnino ist zugleich grausamer Horrorfilm als auch wunderschöne Liebes- und Leidensgeschichte. Das passt nicht immer stimmig zusammen, doch entwirft der Regisseur dabei, wie schon Jahre zuvor beim oscarprämierten "Call Me By Your Name", ein hervorragendes Bild zweier mit sich hadernder Seelen. Einige Bilder werden sich tief ins Hirn einbrennen und sind in ihrer Brutalität kaum zu ertragen - weniger aufgrund des Einsatzes von jeder Menge Kunstblut, sondern eher aufgrund der psychisch schier zerreißenden Mentalität, die uns schwer schlucken lässt. Guadagnino badet jedoch nicht in diesen Szenen, dienen sie doch nur als ein schwer anzusehendes Gemälde des Lebens zweier Menschen, die als Monster in ihrer Welt gelten und dennoch zutiefst menschlich sind. Der Film polarisierte sein Publikum, ist jedoch auf eine leidenschaftliche Art und Weise zutiefst bewegend - mit Ausnahme des Finales, welches in dieser effekthascherischen Variante ein wenig zu gewollt wirkt. Die Liebesgeschichte mit Ups und Downs wird grandios von Timothee Chalamet und Taylor Russell getragen, die ungemein gut miteinander harmonieren. Ein Film, der es uns schwer macht und dem man sich trotzdem kaum entziehen kann... ein dickes Fell, besonders in emotionaler Hinsicht, und eine gewisse Empathie auch für Menschen, die uns ungemein fern scheinen, vorausgesetzt.
Note: 2-


Boss Baby - Schluss mit Kindergarten: Animations-Komödie von Tom McGrath
Den ersten Teil fand ich ja tatächlich nur so semigut - die originelle Ausgangssituation führte im Grunde nur zu dem dauerhaften Animations-Krach, über den ich allenfalls nur kurz schmunzeln kann. Der zweite Film, der im Oktober 2021 in die Kinos kam, schlägt nun in eine ähnliche Kerbe: Der ganze Plot ist natürlich wieder äußerst absurd und man spürt förmlich, wie arg sich die Macher dramaturgisch strecken mussten, um die beiden Hauptfiguren wieder in ihre originale "Körperlichkeit" zu bekommen und so mehr Wiedererkennungswert zu erschaffen. In all dem Chaos finden sich immer wieder ein paar schöne Gags und einige clevere Anspielungen auf den ersten Teil, sodass alles ziemlich aus einem Guss wirkt. Auch die flotten Actionszenen sind diesmal sehr gut gelungen und bisweilen richtig witzig, wozu auch die bessere Animationsqualität beiträgt, die deutlich zeigt, dass in diesem Film einiges an Budget steckt. Das ist aber letztendlich eben nur die Oberfläche: Der Plot ist so skurrill und überfordert mit allerlei visuellen Spielereien, dass ich keine emotionale Bindung zu den Charakteren aufbauen konnte... auch da die Messages, die sie transportieren, hier arg mit dem Holzhammer präsentiert werden.
Note: 4+ 


Dark City: Science-Fiction-Thriller von Alex Proyas, mit Rufus Sewell, Kiefer Sutherland, Jennifer Connelly, William Hurt, Bruce Spence und David Wenham
"Dark City" floppte im Jahr 1998 knallhart an den Kinokassen, entwickelte sich über die Jahre hinweg zu einer Art Kultfilm. Die Idee, die im Verlauf der Handlung des Films als große Wendung präsentiert wird, ist dabei schlichtweg genial und dürfte einen Großteil der Faszination für diesen ansonsten ziemlich klobigen Streifen ausmachen. Denn wo die Auflösung und die ganze Grundidee dahinter zahlreiche andere Filme nach ihm inspirierte und ungemein faszinierend wirkt (schade, dass der Film diese nicht noch weiter in die Tiefe verfolgt), ist der Rest der Geschichte eher banal. Dass die Charaktere ohne wirkliche Hintergründe angelegt ist, scheint angesichts der Geschichte zwar gewollt, doch hilft es natürlich wenig. Die Figuren wirken kitschig, allen voran die oftmals sehr tumb und kaum bedrohlich wirkenden Bösewichte. Die Actionszenen haben den Zahn der Zeit nicht gut überlebt und die schauspielerischen Leistungen gefallen nicht: Während Jennifer Connelly als langweilige Damsel ins Distress vollkommen blass bleibt, chargiert Kiefer Sutherland als verrückter Doktor bis zum Äußersten und nervt dabei gewaltig. Dabei zeigt sich, dass eine großartige, konzeptuelle Grundidee alleine noch keinen guten Film macht - es braucht auch eine stimmige Dramaturgie, ein packendes Worldbuilding und interessante Figuren. All das fehlt "Dark City"... und das ist heute, bei all der neu hinzugekommenen Genre-Konkurrenz, noch auffälliger als damals.


The Devil's Light: Horrorfilm von Daniel Stamm, mit Jacqueline Byers, Ben Cross, Colin Salmon, Christian Navarro, Nicholas Ralph und Virginia Madsen
Selbst Horrorfilme können uns ein wenig Allgemeinwissen lehren. So war mir zum Beispiel nicht bewusst, dass es richtigen Unterricht für Exorzisten gibt und dass dieser selbst bis heute ausschließlich Männern vorbehalten ist (wobei dies angesichts der rückschrittlichen Geschichte der katholischen Kirche auch nicht wirklich überraschen sollte). Die Grundidee, innerhalb eines altbekannten Exorzismus-Plots also noch aus der Sicht einer weiblichen Protagonistin eine feministische Geschichte zu erzählen, in welcher sich eine Frau für moderneres Denken in diesem Bereich einsetzt, ist dementsprechend interessant. Leider macht der Film zu wenig daraus und stützt sich nach einigen eher fadenscheinigen Momenten, in welchen Protagonistin Ann von ihren männlichen Kollegen kritisch beäugt wird, doch wieder auf die typischen Horrorszenarien. Diese sind technisch sauber inszeniert und wissen bisweilen auch zu erschrecken, sind aber in Zeiten von wesentlich gruseligeren Filmen wie "The Conjuring" nichts Neues mehr. Am Ende bleibt ein solider Horrorstreifen mit ein paar Überraschungen und einigen treffsicheren Schauerszenen, der seinen feministischen Ansatz aber leider nur als Aufhänger für eine (zugegeben nicht unspannende) Exorzismus-Geschichte nutzt. Da wäre dann doch mehr drin gewesen.
Note: 3-


Für eine Handvoll Dollar: Western von Sergio Leone, mit Clint Eastwood, Marianne Koch, Gian Maria Volonte, Wolfgang Lukschy und Josef Egger
Westernfilme waren noch nie mein Fall, doch hin und wieder werde ich auch von Filmen dieses Genres positiv überrascht. "Für eine Handvoll Dollar" gehörte nun leider nicht dazu - leider, weil ich dieses Werk aufgrund seines Status in der Filmgeschichte unbedingt mögen wollte. Schließlich brachte das Werk als erster Teil von Sergio Leone's sogenannter "Dollar"-Trilogie die Karriere des großen Clint Eastwood in Gang. Über dessen schauspielerische Präsenz sowie die generell hervorragende und atmosphärisch dichte Inszenierung gibt es dann auch nichts zu meckern - auch wenn aus heutiger Sicht einige stumpfe Kampfchoreographien sowie das enorm künstlich aussehende Fake-Blut natürlich herausstechen. Das macht aber nichts aus, viel schwerwiegender ist da schon die Handlung, die sich erst alle Mühe gibt, im ständigen Manipulieren zahlreicher Charaktere einigermaßen komplex zu werden, um solcherlei dann doch wieder in den typischen Genre-Klischees über Bord zu werfen. Gerade das überlange und sich im Kreis drehende Finale, wo minutenlang geballert und ganze Sets abgefackelt werden, kann nur mühselig über die Dürftigkeit der Handlung hinwegtäuschen. Für Fans des Genres gibt es hier sicherlich mehr zu sehen als für jemanden wie mich, der mit Western ohnehin schon immer gefremdelt hat, aber auch diesen sollte der müde Plot eigentlich auffallen. Letztendlich war ich dann nur dankbar, dass man uns damit Eastwood als Western-Held schenkte, denn dessen Karriere war im Anschluss in mehrfacher Front absolut grandios.
Note: 4+

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...