Direkt zum Hauptbereich

Schwerfälliges Comedy-Mysterium: Filmkritik zu Netflix' "They Cloned Tyrone"

In seinem eigenen Viertel geht der Drogendealer Fontaine (John Boyega) einem recht übersichtlichen und gleichbleibenden Alltag nach. Sein Leben ändert sich jedoch schlagartig, als er nach einem Überfall, der ihm gleich mehrere Pistolenkugeln in die Brust jagt, am nächsten Tag quietschfidel aufwacht, als sei nichts gewesen. Gemeinsam mit dem Zuhälter Slick Charles (Jamie Foxx) und dessen Freundin Yo-Yo (Teyonah Parris) möchte Fontaine dieser Merkwürdigkeit auf den Grund gehen. Zu dritt stoßen sie dabei auf ein skurrilles Geheimnis, welches ihr ganzes Viertel betrifft und bedroht...

Und viel mehr möchte man über das Mysterium, welchem dieses Trio langsam, aber sicher auf die Spur kommt, dann auch nicht verraten. Dieses als Zuschauer*in nämlich selbst zu entdecken, macht einen großen Teil des Spaßes aus, da das Drehbuch einigermaßen gut darin ist, ein paar falsche Fährten zu legen und immer wieder mit neuen, skurillen Wendungen um die Ecke zu kommen. Dafür darf man das Ganze jedoch nicht die Spur ernstnehmen: Sowohl die schlussendliche Auflösung als auch wie über den Verlauf des Films mit dem Mysterium verfahren wird, ist kompletter Nonsens und wird dementsprechend albern aufgezogen. Schade, dass sich "They Cloned Tyrone" abseits einiger herrlich überzogener Szenen dann oft zu ernstnimmt und sich damit zwischen alle Stühle setzt: Der Film ist nicht immer lustig genug, um die obskure Geschichte wirklich wirken zu lassen, dafür aber im Kern viel zu albern, um das Gesehene auch nur ansatzweise ernstzunehmen.
Dieses recht merlwürdige Gehopse durch verschiedene Tonfälle wirkt sich auch mehr als negativ auf das Tempo des Films aus, der mit den üblichen zwei Stunden Laufzeit viel zu lang geraten ist. Die Regie von Juel Taylor, der unter anderem die Drehbücher zu "Creed II" und "Space Jam II" verfasste, wirkt müde und "They Cloned Tyrone" kommt deswegen nie so richtig in Schwung. Auf jede temporeichere Szene folgt oftmals eine gewisse Weile des langatmigen Rekapitulierens und dass die Geschichte im Kern eben doch, trotz einer gewissen Gesellschaftskritik, vollkommen albern daherkommt, hilft da natürlich wenig. Seine Inszenierung passte Taylor zudem einigen Trash-Granaten aus den 70er Jahren an, was auch ein wenig bemüht und bisweilen sogar störend wirkt. Gerade das eingefügte Filmkorn ist so aggressiv, dass das Bild regelrecht verrauscht daherkommt und keine auch nur ansatzweise knackigen Shots ermöglicht. Dadurch, dass der Film aber eben doch schon in diesem Jahrtausend spielt, wirkt diese inszenatorische Entscheidung wenig durchdacht und hätte auch vermieden werden können.
Das im Fokus stehende Trio macht seine Sache in zwei Fällen sehr gut. So gefällt besonders "Day Shift"-Star Jamie Foxx als leicht tollpatschiger Zuhälter, der immer wieder in obskure Situationen gerät und diesen nicht ganz Herr wird - eine perfekte Steilvorlage für Foxx, der diese mit teils wahrlich herrlichem Comedy-Timing verwandelt und deswegen zum wahren Scene Stealer wird. Teyonah Parris mag bisweilen ein wenig zu überdreht agieren, funktioniert als Kontrast zu den ruhiger aufspielenden Herren aber auch sehr solide. Ausgerechnet der Hauptdarsteller bleibt neben diesen beiden bunten Figuren aber arg blass: John Boyega ist vordergründig bekannt für seine Rolle in der "Star Wars"-Sequel-Trilogie, wo er (den unfokussierten Drehbüchern geschuldet) auch schon hinter seinen Co-Stars zurückblieb. Hier wirkt Boyega in der Rolle des aggressiven Kriminellen nun gar gänzlich fehlbesetzt und scheint mit seiner ernsten Rolle spürbar zu fremdeln - das führt sogar dazu, dass man die Langeweile in seinen Augen förmlich sehen kann. Wirklich dranhängen möchte man sich an seinen Charakter, der ziemlich unerzählt steckenbleibt und keine stimmige Dramaturgie durchläuft, dann auch nicht, was der zwischenzeitlichen Langeweile nicht wirklich guttut.

Fazit: In einer müden und langatmigen Inszenierung springt der skurille Plot zwischen erfrischender Albernheit und stoischem, unbefriedigendem Ernst vor sich hin. Das ist weder optisch ansprechend noch erhellend, dafür aber vor allem von Jamie Foxx mit viel Spielfreude dargeboten.

Note: 4+



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid