Diesen Sonntag gibt es in dieser Rubrik "nur" vier Kurzkritiken zu Filmen, die ich in der vergangenen Woche erstmalig gesehen habe. Dies liegt jedoch daran, dass ich auch mehrere ausführlichere Kritiken verfasst habe, die ihr hier auf dem Blog lesen konntet: Zu der aktuellen RomCom "What's Love Got To Do With It?", den dieses Jahr im Kino laufenden Komödien "Die Känguru-Verschwörung" und "Shotgun Wedding" und dem Kriegs-Kultfilm "Platoon" wollte ich mehr als nur wenige Sätze schreiben. Zudem folgt in der kommenden Woche auch noch eine ausführliche Review zum neuen Netflix-Horrorhit "Bird Box: Barcelona", die ich ebenfalls schon verfasst habe. Es war also doch eine Menge Stoff in dieser Woche... und abrunden will ich sie nun mit vier Kurzkritiken zu zwei richtig schlechten und zwei ziemlich guten Filmen.
American Carnage: Horror-Thriller von Diego Hallivis, mit Jorge Lendeborg Jr., Jenna Ortega, Allen Maldonado, Brett Cullen und Eric Dane
Jenna Ortega geht immer - einer der wichtigsten und talentiertesten Schauspielerinnen ihrer Generation schaue ich stets gern über die Schulter, völlig egal in welcher Produktion. Und nur zur Ehrenrettung dieser großartigen, jungen Mimin angesichts der Tatsache, in welchem Schund sie hier plötzlich mitspielt: Der Dreh zu "American Carnage" fand bereits längere Zeit vor ihrem endgültigen Durchbruch mit dem fünften "Scream"-Film statt. Das ändert nichts an der Tatsache, dass auch Ortega in einer Nebenrolle diesen Bockmist nicht retten kann: Der Film ist vollkommen banaler, unlustiger und diffuser Trash, dem man respektablerweise den Zorn auf die traumatische Trump-Präsidentschaft anmerkt. Wie man diese dann aber in einen wahnsinnig langatmigen und plottechnisch absolut grotesken Thriller verpackt, der nicht nur ein extrem großes Problem mit dem Tempo, sondern auch mit dem Sinn seiner fantasiereichen Handlung hat, das muss man schon sacken lassen. Zugegeben, der Film hat zwei zentrale Wendungen, die durchaus überraschend sind, doch auch diese helfen der müden Inszenierung und dem völlig lahmarschigen Tempo nicht. Was bleibt sind Dialoge, die Zahnschmerzen verursachen und ein Plot, der sicherlich kreativ, aber alles andere als erhellend oder spannend ist. Das macht wirklich keine Freude und nutzt eine politische Botschaft, die glücklicherweise direkt gegen Trump und Co. feuert, nur als Aufhänger für ein richtiggehend banales Trash-Feuerwerk ohne jeden Charme.
Note: 5
The Forgiven (2021): Drama von John Michael McDonagh, mit Ralph Fiennes, Jessica Chastain, Matt Smith, Caleb Landry Jones, Christopher Abbott und Said Taghmaoui
In dem düsteren Drama überfährt ein Ehepaar auf dem Weg zu einer luxuriösen Party in der Wüste von Marokko versehentlich einen Jungen. Der Film zerfällt daraufhin recht eindeutig in zwei Teile: Die Geschichte des Fahrers David Henninger wird als ebenso einfühlsameres wie finsteres Drama präsentiert, welches in jeder einzelnen Szene wahrlich intensiv inszeniert ist und dabei tumbe Klischees vermeidet und sich lieber auf leise und höchst unangenehme kulturelle Konflikte konzentriert, die nicht zwingend zu einem Klimax kommen müssen. Ralph Fiennes, Said Taghmaoui und Ismael Kanater agieren darin absolut herausragend. Im direkten Vergleich fällt die hemdsärmelig erzählte Geschichte von Davids Ehefrau Jo deutlich ab, auch da ihre Figur etwas zu arg als einfältige, weiße Amerikanerin gezeichnet wird. Generell wird die Kritik an weißen Amerikaner*innen, die in einem ärmlichen Land bis zum Exzess feiern, mit einem sonst für den Film unpassenden Holzhammer dargeboten, was doch etwas diffus wirkt, da man sich sonst sehr auf die leisen Töne konzentriert. Auch die letzten drei Minuten werfen ein etwas schlechteres Licht auf das, was der Film eigentlich aussagen möchte. Insgesamt kein perfektes Drama, aber eines, welches immer wieder in die Magengrube trifft.
Note: 3+
Last Night (2010): Romantisches Drama von Massy Tadjedin, mit Keira Knightley, Sam Worthington, Eva Mendes, Griffin Dunne und Guillaume Canet
Ein Seitensprung kann pure, notwendige Leidenschaft oder auch der schlimmste Albtraum in einer Beziehung sein. Regisseurin Massy Tadjedin nähert sich diesem Thema mit einer beeindruckenden Extravaganz an, indem sie ihre vier Hauptfiguren bemerkenswert zeichnet und sie komplett ohne jede Verurteilung und dennoch mit wachendem Auge bei ihren nächtlichen Taten beobachtet. Dass sowohl befreiende Lust als auch auffressende Schuld ganz nah beieinander liegen können und wohin eine Beziehung gehen muss, um solcherlei zuzulassen, darauf liefert Tadjedin zwar keine konkreten Antworten, zeigt aber mit sicherer Hand auf, dass wir Menschen uns nie ganz wohlfühlen. Dafür hat sie ein großartig aufspielendes Ensemble zusammengetrommelt, in welchem sogar der sonst oft etwas steife Sam Worthington als wandelndes, schlechtes Gewissen richtig gut funktioniert. Am meisten herausragen tut aber wie erwartet Keira Knightley, die ein großes, aufsehenerregendes Spiel zugunsten dieser leisen, kleinen Geschichte angenehm zurückfährt. Trotz einiger Längen ein bewegendes, sehr stimmungsvolles und stilvoll inszeniertes Drama, welches einen definitiv nicht kalt lässt und herkömmliche Beziehungen bisweilen sogar auf eine Probe zu stellen vermag.
Note: 2-
The Price We Pay: Horror-Thriller von Ryuhei Kitamura, mit Emile Hirsch, Stephen Dorff, Gigi Zumbado, Vernon Wells und Tyler Sanders
Drei Bankräuber laufen auf ihrer Flucht einer irren Meute von Psychopathen in die Hände - wer bei dieser dürftigen Plotbeschreibung (und weiter darüber hinaus geht dieser Film wirklich nicht) sogleich an eine krude Mischung aus Kultwerken wie "From Dusk Till Dawn", "Blutgericht in Texas" und "Hostel" denken muss, liegt gar nicht mal verkehrt. Mit dem Unterschied, dass all diese Werke zumindest noch grundlegend inspiriert waren, wohingegen diese trashige Stangenware, die hierzulande zurecht direkt für den Heimkinomarkt verramscht wurde, einfach nur auf billigstes Maß heruntergefilmt wurde. Man nehme hierfür ein paar schablonenhafte Charaktere, nur den Hauch einer altbekannten Geschichte, ein nie aufgelöstes Mysterium und letztlich allerlei Blut. Die Gore-Effekte, für die Regisseur Kitamura wohlbekannt ist, geraten dabei angemessen heftig, können aber auch niemanden mehr vom Hocker reißen, der sich vor einigen Monaten zum Beispiel noch den wesentlich brutaleren "Terrifier 2" angesehen hat. Der Rest besteht dann aus vollkommen überzeichneten Darstellerleistungen (Emile Hirsch overactet sich einen Wolf), Zahnschmerzen verursachenden Dialogen sowie allerlei inszenatorischem Mumpitz, sodass das schmale Budget in jedem Blickwinkel sichtbar wird. Das ist wirklich allerunterstes Splatter-Gekröse, welches niemand braucht... und damit achtzig Minuten lange Zeitverschwendung, unfreiwillig komisch und zu keiner Sekunde spannend.
Note: 6
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