Direkt zum Hauptbereich

Conjuring 2

Dass eine Fortsetzung kommen würde, war nach dem überraschend großen Erfolg von "Conjuring" klar, aber ich zweifelte ernsthaft daran, ob das eine gute Idee sein würde. Das Original lebte von dem beklemmenden Realismus einer wahren Begebenheit und um so eine "True Story" erneut zu finden, mussten James Wan und Co. offenbar tief graben und einiges umschreiben. Klingt nicht gut, aus dem Sequel ist dennoch ein treffsicherer Horrorstreifen geworden, der zwar mit dem Original nicht mithalten kann, aber dennoch zu packen versteht.

CONJURING 2


Ed Warren (Patrick Wilson) und seine Frau Lorraine (Vera Farmiga) hatten sich eigentlich vorgenommen, abseits von Vorträgen eine Pause von Dämonen zu nehmen, da die Arbeit Lorraine doch merklich zusetzt. Doch ein neuer Fall rüttelt beide auf: Eine fünfköpfige Familie wird in London von einem Geist terrorisiert, der langsam aber sicher den Körper des jüngsten Mädchens Janet (Madison Wolfe) zu übernehmen scheint. Ed und Lorraine nehmen sich dem Fall an und bekommen es mit schrecklichem Terror zu tun...

Das klingt im Grunde wie eine Kopie des erstaunlich wirkungsvollen Originals und während der ersten halben Stunde, wenn sich der Film recht umständlich und etwas zu langem Atem in seine Geschichte wirft, fühlt es sich auch ein wenig so an. "Conjuring 2" braucht eine ganze Weile, um so richtig in Fahrt zu kommen, doch ist er erstmal dabei, dann gibt es kaum ein Halten mehr. Leider ist zu der Zeit, wenn richtig aufs Gaspedal gedrückt und nicht mehr nur der standardisierte Klischee-Horror mit Jumpscares und zuknallenden Türen abgespult wird, schon fast halb vorbei und bis dahin fühlte man sich zwar gut unterhalten, allerdings längst nicht so gut wie im Vorgänger. Die wirkliche Bedrohung kommt allerdings auch erst recht spät zur richtigen Erscheinung, weswegen man zuvor mit einem quasi unsichtbaren Gegenspieler leben muss... das hat dann aber auch immer wieder seine Wirkung. James Wan hat sein Handwerk nämlich natürlich nicht verlernt, nur weil er einmal einen Mega-Blockbuster namens "Fast & Furious 7" zwischen seine Horror-Werke geschoben hat, nein, er hat es immer noch drauf. In Sachen Toneffekten und Bildgestaltung weiß "Conjuring 2" ähnlich zu überzeugen wie sein Vorgänger und Wan gelingt es, uns mit wenig Aufwand, aber gelungenen Stilmitteln immer wieder einen Schauer über den Rücken zu jagen. Dass die stellenweise hundsgemeinen Schocker dabei ebenfalls sitzen, dürfte klar sein, aber das sollte man ja dennoch noch einmal extra erwähnen. Bis zu einem soliden Finale ist man somit mehr als einmal aus dem Sitz gehüpft und kann "Conjuring 2" somit als gutes Horrorerlebnis bezeichnen, bei dem man sich, sollte man ihn alleine zuhause schauen, schon einige Male unbehaglich umsehen dürfte. Doch das Original überzeugte nicht nur durch seinen atmosphärischen Horror, sondern auch durch seine Figurenzeichnung und auch dort weiß die Fortsetzung zu gefallen. Mit teils überraschender Tiefe stattet Wan seine Figuren aus und nimmt sich dabei immer wieder länger Zeit, um die Figuren zu formen, um in Form von erstaunlich ungekünstelter Emotionalität in sie einzudringen. Das ist für einen Horrorfilm schon mal relativ abwegig, aber es funktioniert, denn die Charaktere sind uns nie egal, was für ein klares Plus an Spannung und emotionaler Beteiligung sorgt. Es wäre ein leichtes gewesen, sich dabei nur auf die starken Schockeffekte zu verlassen, aber Wan will gleich noch mehr und erreicht dieses Mehr dann auch. Um all dies unter einen Hut zu bringen (es tummeln sich erstaunlich viele Figuren und jeder von ihnen braucht seine Leinwandzeit) braucht Wan dann auch üppige 134 Minuten... für einen Film dieses Genres erstaunlich viel. Ohne einige Längen kommt er somit dann doch nicht ans Ziel, aber generell weiß er seine Laufzeit mit viel Horror und interessanten, menschlichen Subplots dennoch zu füllen. Fazit: Nicht ganz so gut wie der Vorgänger, dennoch erreicht Wan mit passenden Emotionen, bösen Schockern und einer krassen Bildsprache wieder mal einige Schreckmomente. "Conjuring" darf so gerne auch noch in eine dritte Geistermär starten...

Note: 3+




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...