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Interstellar

Nachdem Christopher Nolan mit von Kritik und Zuschauern umjubelten Meisterwerken wie "Prestige", "Memento", "Inception" und natürlich der "The Dark Knight"-Trilogie in aller Munde war, hätte man ihm wohl auch ein Remake von "Jurassic Park" finanziert. Anstattdessen nahm sich Nolan jedoch seinem bislang ambitioniertesten Projekt an... und zumindest ich war von Anfang an Feuer und Flamme, als ich hörte, dass der Mann, der zuletzt Träume realistisch auf die Leinwand brachte, nun einen Film über schwarze Löcher, das Raum-Zeit-Kontinuum und andere Universen drehen wollte. Da kann doch nur ein Meisterwerk bei rauskommen! Und auch wenn es dazu ganz knapp nicht reicht, ist Nolan mit "Interstellar" verflixt nahe herangekommen.

INTERSTELLAR

Die Erde durchlebt schwere Zeiten. Der Anbau von Lebensmitteln ist beinahe eine Sache der Unmöglichkeit geworden, immer wieder verwüsten Staubstürme die Landschaft und es scheint so, als würde in wenigen Generationen das Leben auf unserem Planeten nicht mehr möglich sein. Als der Farmer und ehemalige NASA-Pilot Cooper (Matthew McConaughey) gemeinsam mit seiner Tochter Murphy (Mackenzie Foy) auf ein geheimes Projekt der NASA stößt, welches mit Hilfe eines künstlich erschaffenen Wurmlochs in der Nähe des Saturns ein anderes Sonnensystem nach potenziell bewohnbaren Welten absuchen möchte, meldet sich Cooper, um bei der Mission dabei zu sein, wofür er seine Familie verlassen muss... eine Rückkehr ist extrem unwahrscheinlich. Gemeinsam mit drei erfahrenen Wissenschaftlern (Anne Hathaway, Wes Bentley, David Gyasi) macht er sich auf eine Reise, bei welcher Raum und Zeit unvorhergesehene Bahnen annehmen...

Man merkt, dass Christopher Nolan dieses Projekt viel bedeutet. Der Detailreichtum, mit dem er ans Werk geht, ist schlichtweg beeindruckend, bei all den Dialogen über die wissenschaftlichen Errungenschaften, Theorien und Erkenntnisse sogar auch mal überfordernd, dabei aber stets interessant und beeindruckend. Wie erwartet ist "Interstellar" fordernd und erfordert Mitdenken und Dabeibleiben, die Geschichte ist komplex und geht unkonventionelle Wege. Action ist hier Mangelware und trotz vieler beeindruckender Bilder geht es hier größtenteils doch recht ruhig zu... was genau der richtige Weg ist. Denn während der 169 Minuten Laufzeit, die man leider ab und an auch spürt, liegt der Blick meistens auf den Charakteren, auf den Opfern, die sie bringen müssen und die Taten, die sie mutig vollbringen. Nolan, der sonst recht kühl und mit Abstand in seinen Filmen inszenierte, erschafft hier eindrucksvolle Emotionalität, bewegt und treibt uns in den stärksten Momenten die Tränen in die Augen... etwas, was man nach eher sterilen, aber dennoch treffsicheren Filmen wie "The Dark Knight" kaum erwartet hätte. Neben seinen visuell fantastischen Bildern ist der emotionale Grundanker die größte Stärke des Films und lässt uns trotz der Überlänge mitgehen, an den Charakteren teilhaben und für ein gutes Ende hoffen. Gegen Ende übertreibt es Nolan mit der Gefühlsduselei zwar ein wenig und arbeitet hart am Rande des Kitschs, doch das ist halb so wild, denn die Antworten, welche er gibt, wissen zu gefallen... auch wenn sie nicht jedermanns Geschmack treffen werden. Rund ist die ganze Geschichte dennoch und lässt keine groben Logiklöcher zu, was bei einem solch gigantischen Thema nicht selbstverständlich ist. Zudem gelingt Nolan der Kraftakt, unvorstellbare Bilder zu visualisieren, sie dabei aber nicht effekthascherisch zu inszenieren und dabei Szenen zu erschaffen, wo man tatsächlich behaupten kann: "Sowas habe ich noch nicht gesehen." Die Reise durch ein Wurmloch, die Erschaffung anderer Galaxien, die Technik der Zukunft... es wirkt alles unglaublich und man kann seinen Augen kaum trauen, dennoch ist es realistisch und nicht als Blödsinn abzutun, denn dafür sieht das alles doch zu überzeugend aus... Nolan hat den richtigen Weg zwischen Fantasie und Wissenschaft auf beeindruckende Weise gefunden. Leider zerschlägt Hans Zimmer mit seinen zu laut eingespielten Melodien ab und an die Emotionalität, aber oftmals stehen die Bilder im stillen Weltraum für sich, was mehr Gewicht hat. Auch die Schauspieler wissen zu überzeugen, wobei vor allem Matthew McConaughey und Mackenzie Foy zu überzeugen wissen... ersterer zeigt hier erneut beeindruckende Qualitäten. Anne Hathaway hat weniger Gelegenheiten zu glänzen, während Michael Caine und Jessica Chastain herausragen. Insgesamt ist Christopher Nolan mit "Interstellar" ein bildgewaltiger, emotional zielsicherer und aus der Masse herausragender Film gelungen, welcher wichtige Fragen stellt, eine runde Geschichte erzählt und visuelle Maßstäbe setzt in dem, was man sich zuvor gar nicht ausmalen konnte. Bilder, die wir uns in unserem Kopf nicht vorstellen können, werden auf die Leinwand projiziert mit einer Kraft, die jeglicher Beschreibung trotzt. Zwar ist der Film ein paar Minuten zu lang und entlässt mit einem zwar mutigen, aber nicht komplett zufriedenstellenden Ende... dennoch ist Nolans neuestes Werk verdammt nah dran an meisterhaft und einer der wichtigsten und besten Streifen der letzten Zeit.

Note: 1-

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