"Brügge sehen und sterben" ist einer der absoluten Lieblingsfilme eines guten Freundes von mir. Ich mochte den Film ebenfalls, war aber längst nicht ebenso begeistert und fieberte deswegen auch nicht ganz so sehr dem neuen Film des Regisseurs Martin McDonagh entgegen, der den Namen "7 Psychos" tragen sollte und schließlich im Jahr 2012, vier Jahre nach dem schwarzhumorigen "Brügge"-Thriller in die Kinos kam. Und erneut liefert McDonagh einen guten Film ab und schafft es, starke Charaktere mit grandiosen Dialogen zu erschaffen... erneut bleibt er uns aber auch schuldig, all die skurillen Ideen und Plots zu einem sinnigen Ganzen zu verbinden.
7 PSYCHOS
Billy Bickle (Sam Rockwell) und sein Freund Hans Kieslowski (Christopher Walken) arbeiten im Business des Hunde-Kidnappings. Sie entführen Hunde von unschuldigen Besitzern, behalten diese ein paar Tage und sobald eine Belohnung auf das Tier ausgesetzt wird, geben sie es zurück und streichen das Geld ein. Alles läuft gut, bis Billy eines Tages den Shih-Tzu des durchgeknallten, eiskalten Gangsterbosses Charlie Costello (Woody Harrelson) entführt, der mit Waffengewalt zu allem bereit ist, um seinen geliebten Hund wiederzubekommen... und dabei auch über Leichen geht. Billys bester Freund Marty Faranan (Colin Farrell), der gerade an einem Drehbuch über sieben Psychopathen schreibt, wird durch Billys Taten in die Situation verwickelt und hat plötzlich, bei all den Verrückten, die auf einmal auftauchen, jede Menge Ideen für die Charaktere in seinem Skript...
Martin McDonagh beweist auch in seinem zweiten Lang-Spielfilm, dass er es grandios draufhat, Charaktere zu entwerfen, die einem wohl noch lange in Erinnerung bleiben werden und was er hier an skurillen Gestalten auspackt, das hat man wohl noch nie gesehen. Der Titel "7 Psychos" ist hier definitiv passend gewählt, wobei sich auch zu den titelgebenden sieben Gestalten noch einige geniale Figuren gesellen. Allesamt von grandiosen Schauspielern dargestellt gelingt es hier, die Figuren trotz ihrer Abstrusitäten greifbar zu machen, mit ihnen mitzufühlen und auch über ihre wunderbar geschriebenen Dialoge zu lachen. Kaum einen von ihnen kann man genauer hervorheben, da sie alle grandios sind, natürlich sollte man aber dem großen Christopher Walken für seinen beachtlichen Minimalismus und dem vollkommen durchgeknallt agierenden Sam Rockwell besonderes Lob zollen. Doch auch Colin Farrell, als so ziemlich einziger Normalo mit Hang zum Alkohol zwischen all den Verrückten, weiß mit seiner Performance mehr als zu gefallen und es zeigt sich, dass Woody Harrelson fiese Charaktere mir Hang zur Überdramatik immer mit am besten liegen, denn dieser dreht hier wahrlich völlig frei. Martin McDonagh bedient in "7 Psychos" ausgiebig die Meta-Ebene, ein Drehbuchautor, der über die Ereignisse des Films schreibt, diese dennoch aber hautnag miterlebt und dabei selbst zu einem der Protagonisten wird... das dürfte einer der Gründe sein, warum der Film trotz Star-Besetzung und spaßiger Trailer an den Kinokassen einigermaßen baden ging, denn wer hier einfach nur unterhalten werden möchte, der dürfte sich einige Male doch fragend am Kopf kratzen. Wer aber noch mehr will als hammerhart geschliffene Dialoge, tolle Schauspieler und witzige Figuren, wer auch mal ein wenig philosophieren und nachdenken will, was nun wirklich hinter alle dem steckt und wer hier welche Hintergrundgeschichte bedient, der bekommt auch einigen Stoff geboten: Wenn in Backstorys die verschiedenen Psychopathen in teils extrem brutalen und abgedrehten Storys vorgestellt werden, dann ist das nicht bloß metatextuell, sondern auch unterhaltsam auf einer neuen Ebene. Nicht jeder wird damit etwas anfangen können, wer aber auch mal ein wenig sein Hirn anstrengen will, wird hier sicher seinen Spaß haben. Leider zerfasert "7 Psychos" an diesen Punkten aber auch immer wieder in seine beeindruckenden, aber oftmals bloß für sich stehenden Einzelteile. All die Metaebenen, die verschiedenen Geschichten, die Figuren und ihre Handlungen zusammenzubringen, damit hat McDonagh offensichtliche Probleme, löst einige Storys zu leichtfertig und nimmt für Einzelheiten immer wieder das Tempo raus, sodass richtige Spannung auch in der stärkeren zweiten Hälfte nie wirklich aufkommen will, da er immer noch einen und noch einen draufsetzen will, bis der Film gegen Ende an seiner eigenen Metatextualität zu ersticken droht. Dass er das nicht tut, ist sicher den grandios aufspielenden Schauspielern zu verdanken, die sich in jeder Szene gegenseitig an die Wand spielen, storytechnisch wäre hier aber letztendlich sicher noch mehr drin gewesen. Fazit: Stark gespielt, toll geschrieben, mit fantastischen Ideen, fernab des Mainstreams. Nur die Geschichte, die zerfasert immer wieder in seine Einzelteile und lässt dadurch Tempo vermissen.
Note: 3+
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