Alfonso Cuaron gilt als einer der versiertesten Filmemacher in Hollywood, der immer wieder abseits der Konventionen dreht. Mit "Harry Potter und der Gefangene von Askaban" machte er den laut vielen Fans besten Teil der Fantasy-Saga, einige Jahre später lieferte er mit "Children of Men" ein ganz starkes des realistischen Sci-Fi-Kinos ab... kein Wunder also, dass sich die Kinolandschaft wie sonstwas auf "Gravity" freute, einen waschechten Weltraum-Thriller aus der Feder Cuarons. Die Erwartungen waren selbstverständlich riesig. Ein wenig zu riesig, wie sich herausstellt.
GRAVITY
Astronaut Matt Kowalski (George Clooney) und Missionsspezialistin Dr. Ryan Stone (Sandra Bullock) sind mit dem Space Shuttle "Explorer" im All unterwegs. Während einer Reperatur an der äußeren Fläche des Shuttles wird das Team von einem Hagel aus Satellitenteilen überrascht. Diese zerstören die "Explorer" und Kowalski und Stone treiben plötzlich mutterseelenallein durchs All. Sie versuchen, zur entfernten Station der Russen zu kommen, um von dort nach dem Abbruch des Funkkontakts zur Erde Hilfe zu ordern. Mit ständigem sinkendem Sauerstoffvorrat und kaum Möglichkeiten, ihren Kurs zu halten, versuchen die beiden so gut es geht, im tödlichen, stillen Weltraum zu überleben...
"Gravity" hat viele Menschen beeindruckt, so viel steht fest. Sogar die Oscar-Academy hat da mal kleinbeigegeben und zeichnete den Thriller mit sage und schreibe sieben Oscars aus, wovon neben den Technik-Kategorien sogar noch ein Preis für die beste Regie raussprang. Verdient hat der Film es, gerade in diesen Bereichen zu gewinnen, denn technisch gehört er zum Meisterhaftesten, was wir jemals im Kino sehen durften. Die visuellen Effekte sind so dermaßen gut, dass einem der Mund offen stehen bleibt, die völlig losgelöste Kamera (ein Markenzeichen von Curaons Filmen) ermöglicht grandiose, wirkungsvolle Shots und zeigt uns das Weltall als das, was es wirklich ist: Ein gefährlicher, aber auch wunderschöner Ort. Genau das sagen die Bilder, die man hier bekommt, aus und sie verfehlen ihre Wirkung nicht. Auch in Sachen Ton ist "Gravity" meisterhaft, er gibt uns den Sound als den, der er im Weltall ist: So gut wie nicht vorhanden. Wenn es mal einen Ton gibt, ist er dumpf, gesprochen wird nur über Funk, explosive Einschläge sind nur zu sehen, nicht zu hören. Noch nie hat ein Film es wohl so dermaßen gut geschafft, die Atmosphäre des Weltalls einzufangen, in Bild und Ton, als würde er uns weismachen, wir würden es sein, die in schrecklicher Geschwindigkeit um die Erde herumtrudeln, mit wenig Hoffnung aufs Überleben. Auch die Musik, die erst im Finale voll aufdreht, ist brillant. Episch, bewegend, ganz groß. Klingt nun alles nach Meisterwerk, richtig? Und eigentlich hätte bei Cuarons brillanter Regie auch nichts Geringeres rauskommen dürfen, aber dennoch reicht es lange nicht dazu. Denn während "Gravity" in den bereits genannten Bereichen des Realismus, der Technik und der Optik Maßstäbe setzt, so ist der Rest dann doch ziemliches Flickwerk. Keine Frage, Cuaron erschafft wirkungsvolles Spannungskino, wenn Storm und Kowalski durch immer neue Hindernisse aufgehalten werden und ihr Überleben stets aufs Neue auf dem Spiel steht. Wenn aber dann schon wieder ein Tank leer ist, ein Funkkontakt abbricht und ein Shuttle nicht funktioniert, nutzt sich dies trotz moderater Laufzeit von anderthalb Stunden doch irgendwann ab. Da kann Sandra Bullock, welche mit Abstand die meiste Leinwandzeit hat, eine noch so wunderbare Darstellung zum Besten geben, darüber hinwegtäuschen, dass ihr (unzureichend blass gezeichneter Charakter) dabei bloß von Unglück zu Unglück hechtet, kann sie leider nicht. Und das ist schade, denn es war alles da: Hätte man ein wenig Mut und Abwechslung ins Geschehen gebracht, vielleicht den Film nicht fast allein auf Bullocks Schultern gestemmt, wäre sicherlich ein Sci-Fi-Werk der Extraklasse rausgekommen. So ist es optisch grandioses, fesselndes Spannungskino, welches uns Bilder präsentiert, die wir so wirklich noch nie gesehen haben, dem aber viel zu früh die Puste ausgeht und der sich später sogar noch Hollywood-Konventionen anbietet. "Gravity" ist sicherlich ein guter Film, dennoch ist sein von Kritik und Zuschauern meist beachtetes Werk meiner Meinung nach aber auch sein schwächstes, weil zu vorhersehbar und zu einfach gestrickt.
Note: 3
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