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Stranger Things - Die erste Staffel

"Stranger Things" wurde 2016 als eines der neuen Serien-Highlights auf dem Streaming-Portal Netflix gehandelt, Zuschauer und Kritiker waren begeistert, der Hype war sogar so groß, dass sich der derzeitige Horror-Blockbuster "Es" maßgeblich vom Stil der Show beeinflussen ließ. Ich wollte mich der Serie aber erst widmen, wenn mehr als nur acht Folgen verfügbar sind, um nicht nach kurzer Zeit wieder ein Jahr warten müssen. Der Zeitpunkt war gekommen, nachdem endlich die lang erwartete zweite Staffel releast wurde und ich auch die siebte Season von "The Walking Dead" beendet hatte. Zeit und Platz für eine neue Serie also und "Stranger Things" steigt da im Grunde auch ziemlich gut ein...

STRANGER THINGS - STAFFEL 1


Der junge Will Byers (Noah Schnapp) verschwindet eines Abends auf dem Heimweg, seine Mutter Joyce (Winona Ryder) und sein Bruder Jonathan (Charlie Heaton) sind förmlich krank vor Sorge. Auch Wills beste Freunde Mike Wheeler (Finn Wolfhard), Dustin Henderson (Gaten Matarazzo) und Lucas Sinclair (Caleb McLaughlin) begeben sich auf die Suche nach ihm und stoßen dabei auf ein offensichtlich entlaufenes, einsames Mädchen, die sie wenig später Elfie (Millie Bobby Brown) taufen. Diese scheint unglaubliche Fähigkeiten zu besitzen und aus einem Labor zu stammen, welches vielleicht etwas mit dem Verschwinden von Will zu tun hat. Die Jungs gehen der Spur nach und entdecken etwas Grauenvolles...

"Stranger Things" hat im Grunde alles, was eine Serie braucht um über die vergleichweise kurze Laufzeit von nur acht Episoden zu fesseln: Interessante, lebendige Charaktere, mit denen wir gerne mitfiebern. Eine spannende Geschichte, die sich über Cliffhanger und überraschende Wendungen immer weiter verstrickt, ohne dabei den roten Faden zu verlieren. Sehr viel Humor und ebenso viel Herz. Einige gepflegte Gruselmomente. Und fantastisch aufgelegte Darsteller, die ihren Figuren viel Gewicht verleihen. Das ist im Grunde schon eine verflixt gute Mischung, die den hier sowohl als Schöpfer als auch als Regisseure antretenden Brüdern Matt und Ross Duffer hier in die Hände gefallen ist und sie können sich glücklich schätzen, dass das Ganze beim Publikum auch so gut ankam, denn ein garantierter Selbstläufer ist so ein Projekt sicher nicht. 
Manchmal (und gerade bei Netflix scheint dies zu gelten) setzt sich die Qualität aber glücklicherweise durch und wir dürfen uns sicherlich noch auf viele weitere Abenteuer im "Stranger Things"-Universum freuen, was auch gut so ist. Serien wie diese, die sowohl eine spannende Geschichte erzählen, sich dennoch Zeit nehmen, um ihre Figuren in ruhigen Momenten glaubwürdig zu formen und außerdem einen Charme mitbringen, der schier unvergleichlich ist, gibt es nämlich immer seltener. Deswegen tue ich mich auch schwer damit, die Serie zu kritisieren, denn etwas so Herzliches muss man eigentlich gutfinden und befeuern, damit auch andere Produzenten und Filmemacher den Mut finden, neue Wege zu gehen und nicht nur auf gewohnte, ausgelatschte Pfade zu setzen. 
Trotzdem ist diese erste Staffel aber noch nicht wirklich rund: Gerade die Gegenspieler werden sehr lasch gezeichnet, was genau sie eigentlich wollen und was ihr Ziel ist, bleibt bestenfalls schwammig. Auch einige Klischees bezüglich manch einer Romanze oder der in der letzten Sekunde geschehenen Lebensrettung (etwas, was hier mehrfach durchgezogen wird) hätte man sicherlich vermeiden können, ebenso wie das doch eher maue Ende der Staffel, wenn plötzlich absolut Vollgas gegeben wird, wobei etliche Fragen offenbleiben und die Spannung eher dem effektetechnischen Overkill weichen muss - hier tappt "Stranger Things" immer wieder in die Fallen der heutigen Blockbuster-Industrie und wird ein wenig vorhersehbar und biedert sich zu sehr beim Mainstream an. Das ist jedoch Jammern auf sehr hohem Niveau, denn zuvor macht die Serie über mehrere Folgen einen guten Job: Sie ist durchgehend spannend, hat keine nennenswerten Hänger, einen funktionierenden und unglaublich entwaffnenden, charmanten Humor und sehr, sehr viel Herz, ohne dabei zu kitschig zu wirken. 
Die Figuren, insbesondere die der Kinder, werden herausragend herauskristallisiert und die Macher schaffen es, dabei Klischees dennoch zu fühlenden und glaubwürdigen Menschen zu entwickeln. Aus den Augen der vier Kinder gelingt ihnen dabei auch das 80er-Revival, auf dass sie es abgesehen hatten. Die Serie fühlt sich an wie eine Reise in eine andere Zeit, wirft mit Anspielungen und Anmerkungen um sich, ohne diese jedoch zu aufdringlich oder unreflektiert einzuwerfen. Ebenso wie "Es" schafft es "Stranger Things" allein durch seinen Charme, seine aufgeweckten Darsteller und sein herausragendes Set-Design, diese Zeit durch Details und Cleverness wieder aufleben zu lassen und uns manchmal selbst in unsere Kindheit zurück zu teleportieren, als wir noch abenteuerlustig und mutig waren - kaum ein fiktives Werk bringt dieses Gefühl derzeit besser zurück als diese Serie. Da stört es dann wenig, dass nicht alle Subplots daneben wirklich gut ausgearbeitet wirken und man eben auch einige der dumpfen Monster-Klischees auspackt, wenn der Rest dabei so gut funktioniert - manchmal muss man sich von den guten Seiten eben auch einfach nur verzaubern lassen, um die Schwachpunkte auszumerzen.

Fazit: Atmosphärisch dicht inszenierte Grusel-Serie, welche mit Charme, Herz und Humor die 80er im Stil eines Mystery-Abenteuers wieder aufleben lässt. Das hält den Schwung zwar nicht bis zum Schluss und tappt auch in einige maue Klischees, dafür sorgen lebendige Figuren und eine spannende Geschichte aber fast durchgehend für gute Unterhaltung.

Note: 3+




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