Direkt zum Hauptbereich

Drive

Der Hype. Jaja, der Hype. Ich selbst sehe mich oft als ein Opfer davon und springe ab und an auf den Zug der hohen Erwartungen auf, um dann gerne enttäuscht zu werden. Um "Drive" baute sich ein solcher Hype schnell auf. Der Film kam um die Ecke, war plötzlich da, Kritiker waren Feuer und Flamme und es hagelte Preise für Regie und Darsteller. Denen kann man hier auch nichts ankreiden, allerdings mal wieder dem Hype, denn diesem hält "Drive", der als Meisterwerk und als einer der einschneidensten und wichtigsten Filme der letzten Jahre berufen wurde, in keinem Maße stand.

Tagsüber arbeitet der namenlose Fahrer (Ryan Gosling) beim Film, nachts hilft er bei Raubüberfällen. Er ist ein Profi in dem was er tut, als Charakter jedoch eine kalte Person... bis er seine neue Nachbarin Irene (Carey Mulligan) kennenlernt. Der Vater ihres Sohnes kommt soeben frisch aus dem Gefängnis und wird in böse Machenschaften verwickelt, in denen auch der Fahrer bald drinsteckt. Plötzlich steht ihm die Mafia gegenüber, die üble und brutale Spiele mit dem Fahrer und allen, die ihm nahe stehen, zu treiben scheint...

Es gibt so einiges, was man an "Drive" beeindruckend finden kann und wahrscheinlich auch wird. Zum einen die wuchtige Bildsprache, wobei teilweise mehrere Minuten lang Szenen nur durch Popsongs unterlegt werden, die unglaublich gut passen und wunderbare Bilder offenlegen. Kein Wunder, dass somit der Regie-Preis in Cannes gewonnen werden konnte. Zum anderen die durch und durch überzeugende Arbeit, welche die Schauspieler hier leisten. Über Albert Brooks, Bryan Cranston und sogar Ron Perlman wirken hier alle wie aus einem Guss, während Ryan Gosling als Titel"held" natürlich die Aufgabe hat, den Film zu tragen, was er auch ziemlich gut hinkriegt... auch wenn aus der eindimensionalen Figur (die alle Kritiker aber anscheinend so tief und bedeutungsvoll lesen wollen, wie es mir einfach nicht gelingen kann oder will) wenig herauszuholen ist. Den besten Eindruck hinterlässt Carey Mulligan, die als einzige kein Stereotyp zu sein scheint und mit einer ehrlichen, sensiblen, verletzlichen Darstellung beeindruckt. So hält sich der Film auch über seine 100 Minuten ganz gut und hält bis auf zwischenzeitliche Längen, die der langsamen, ruhigen Erzählweise geschuldet sind, gut bei der Stange. Doch viel bleibt nicht hängen, bis auf einige schön fotografierte Bilder. Man erfährt rein gar nichts über die Figuren oder ihre Beweggründe, die wir betrachten. Sie bleiben uns stets seltsam fern, was besonders für die eigentlich irgendwie schöne Liebesgeschichte (wenn man das denn so beschreiben mag) zwischen Irene und dem Fahrer Schwierigkeiten hervorbringt. Die Actionszenen machen Laune und sorgen teilweise für Spannung, doch da uns die Charaktere bald egal sind, mag man nicht so recht mitfiebern und bleibt bis zum flotten, unbefriedigenden Ende teilnahmslos. Im Grunde bleibt "Drive" von vorne bis hinten kalt und berechnend. Klar, das sieht cool aus, ist gut gespielt und hat eine gute Dynamik. Aber es interessiert einen schlichtweg nicht, sodass man am Ende nur noch auf den Abspann wartet. Das ist schade. Zum Schluss bleibt also ein Film, der gut aussieht und ansonsten so kalt ist wie ein Fisch. Aber man kann ihn natürlich, wie es all die jubeljauchzenden Kritiker tun, vollkommen anders lesen und so ein Meisterwerk darin sehen. Das kann ich nicht, vor allem da die meisten von ihnen den Film allein deswegen loben, dass einmal nichts Bay-artig in die Luft geht. Die wohltuende Ruhe und die Abwesenheit von sinnfreien Actionszenen reichen jedoch nicht für ein Meisterwerk. Da gibt es besseres.

Note: 4+

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Der große Crash - Margin Call

Es gehört schon einiges an Talent dazu, einen Film über eine Schar Anzugträger, die in dialoglastiger Manier das eventuelle, schockierende Ende ihrer Firma aufdecken. Wenn man es falsch angeht, könnte der Stoff arg trocken werden, mal ganz davon abgesehen, dass der Otto-Normal-Zuschauer mit den finanziellen Zusammenbrüchen und all den Zahlen nicht unbedingt umgehen kann. Eine Riege großer Stars kann da schon helfen, die Zuschauer anzulocken, so beweist es zumindest der angenehm ruhige Thriller "Margin Call"... DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL Kurz vor der Finanzkrise 2007: In der Wertpapierhandelsabteilung einer großen New Yorker Bank werden etliche Mitarbeiter entlassen, unter ihnen ist auch Risikomanager Eric Dale (Stanley Tucci), der zuvor jedoch noch eine schockierende Entdeckung macht. Seine Arbeit hinterlässt er dem übriggebliebenen Mitarbeiter Peter Sullivan (Zachary Quinto), der die Zahlen überprüft... und dadurch entdeckt, dass der ganze Konzern auf wackligen Fü...

Eraser

Arnold Schwarzenegger, wohl neben Sylvester Stallone die Action-Ikone der 80er und 90er Jahre schlechthin, ist endlich zurück. Nachdem er sein Amt als Gouverneur von Kalifornien niedergelegt hat, dürfen wir ihn seit einiger Zeit endlich wieder in genügend rauen, spaßigen Actionfilmen wiedersehen. Auch wenn in der heutigen Zeit ganz klar Statham, Diesel und Co. die Actionhelden sind, macht es aber dennoch Spaß, den "Terminator"-Star wiederzusehen. Und natürlich auch seine vergangenen Filme, von denen ich bislang kaum einen gesehen habe und die ich nun mal nachholen möchte. Angefangen habe ich nun mit "Eraser" aus dem Jahr 1996... ERASER US-Marshall John Kruger (Arnold Schwarzenegger) arbeitet in einer geheimen Vereinigung der USA im Zeugenschutzprogramm. Darin beschützt er die Leben von Kronzeugen, welche vor Gericht Aussagen tätigen sollen und verschafft ihnen eine neue Identität, um sie vor dem Tod zu bewahren. Sein neuester Job ist eine junge Mitarbeiterin bei...