Direkt zum Hauptbereich

Alles steht Kopf

So richtig wollte man auf Pixar nicht mehr vertrauen. Das mittlerweile von Disney übernommene Animationsstudio hatte in den letzten Jahren so einige kreative Rückschläge zu verzeichnen, wobei es seit dem brillantem "Ratatouille" 2007 doch deutlich bergab ging (abgesehen von dem großartigen "Toy Story 3"). Richtig schmerzhaft wurde es mit gewaltigen Enttäuschungen wie "Cars 2" und "Merida". Da ist es umso schöner, dass man 2015 endlich die Rückkehr der kreativen Energie Pixars bestaunen durfte... und mehr! Denn mit "Alles steht Kopf" liefert das Studio endlich wieder ein Meisterwerk ab, welches mindestens einen der besten Filme in ihrer Existenz darstellt.

ALLES STEHT KOPF


Riley ist ein elfjähriges Mädchen, welches mit ihren Eltern ins triste San Francisco ziehen muss. Neue Schule, neue Menschen, neue Umgebung... das versetzt das Kind immer mehr in Stress. So werden auch ihre Emotionen, welche in ihrem Kopf in einer Schaltzentrale leben, immer mehr gefordert, um gelegentliche Gefühlsausbrüche unter Kontrolle zu halten. Als "Freude" und "Kummer" jedoch bei einem Unfall in den Weiten des Gefühlsinneren verloren gehen, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit... und Rileys Emotionen stehen plötzlich vollkommen Kopf!

Sie sind wieder da! Mit "Alles steht Kopf" liefert Pixar endlich wieder einen Film ab, mit dem man schlichtweg rundherum zufrieden sein kann, denn er schenkt uns das Beste aus allen Welten. Am meisten Freude macht dabei sicherlich die kreative Energie, die hier endlich wieder wie in besten "Monster AG" und "Toy Story"-Zeiten zum Tragen kommt. Wie die Macher hier die komplexen Gefühlswelten zum Leben erwecken, das muss man einfach gesehen haben. Sie geben sich hier nicht mit der ohnehin sehr originellen Grundidee zufrieden, sondern entwickeln darin einfach immer noch mehr, sodass man sich an all den liebevollen Details, den genial-absurden Ideen und den ständigen neuen Einfällen sowohl auf visueller als auch auf erzählerischer Ebene kaum sattsehen kann. Da wird die Traumbasis zu einem wirren Filmset umfunktioniert, vergessene Erinnerungen wie ungeliebte Stofftiere auf einer Müllhalde abgeladen und der Gedankenzug fährt kreuz und quer durch alles durch, was es eben so gibt. Die Gedanken- und Gefühlswelt eines Menschen durch so viele phänomenale, humortechnisch meisterhafte Einfälle so zu bebildern ist schlichtweg eine phänomenale Leistung, die man nicht genug würdigen kann... Pixar hat sich mit dieser Vielfalt an Ideen, von der eine nach der anderen kommt und eine immer wieder besser und grandioser als die andere ist, einfach selbst übertroffen. Sie landen immer wieder tolle Treffer in Sachen Humor, streuen perfekte Running Gags ein und sind auch in Sachen Wortwitz stets genau auf der Höhe. Aber auch die emotionale Komponente wird dabei nicht vergessen. Es klingt vielleicht übertrieben, aber möglicherweise ist "Alles steht Kopf" gar der bewegendste Pixarfilm aller Zeiten. Wie spielerisch er mit den großen Gefühlen umgeht, wie leicht und ungezwungen er Tränen zum Fließen bringt und wie echt all die kleinen Lehren hier erbracht werden, das haben wir lange nicht mehr so gut gesehen. Für Erwachsene dürfte die Freude dabei noch größer ausfallen, denn die Kleineren werden sich an den teils phänomenalen Actionszenen sicherlich sattsehen können, auf erzählerischer Ebene aber zurückbleiben. Denn die Geschichte an sich fällt doch schon ziemlich komplex und erwachsen aus und spart auch nicht mit tragischen Momenten. Auch werden die Kids sicher nicht alle Witze verstehen, denn gerade diese richten sich doch klar an ältere Semester, die sich hier vor Lachen wirklich kugeln werden... hier ist beinahe jeder Gag ein absoluter Volltreffer. Bei dieser Achterbahnfahrt aus Action, wunderbaren Gefühlen, herrlich sympathischem Humor und genau der richtigen Mixtur aus Ernst und Albernheit wird kein Auge trocken bleiben, wobei man dem Film locker ein paar minimale Hänger im Mittelteil verzeiht. Fazit: Pixar ist mit einem neuen Meisterwerk zurück. Die originelle Grundidee wird mit einer Explosion aus Fantasie, Ideenvielfalt, visuellem Reichtum, Witz, Dramatik, Emotionen und Rasanz auf den Bildschirm gebracht, dass es nur so eine Freude ist. Vielleicht haben die Macher hier in einem furiosen Comeback gar ihren besten Film abgeliefert.

Note: 1-


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se