Wenn der Meister des Kinos (und das ist Steven Spielberg für mich einfach noch immer) einen neuen Film macht, stehe ich normalerweise direkt Schlange. Dummerweise verpasste ich "Bridge of Spies" Ende 2015 jedoch im Kino und nahm mir daher fest vor, ihn so bald wie möglich nachzuholen. Angefixt von den starken Kritiken, einigen Oscar-Nominierungen und gar einer Auszeichnung für Mark Rylance als besten Nebendarsteller habe ich mich sehr auf den Film gefreut und ihn nun auch endlich nachholen können... leider mit einem leichten Gefühl der letztendlichen Enttäuschung.
BRIDGE OF SPIES
Brooklyn, 1957: Der im Geheimen als Spion für die Sowjetunion arbeitende Kunstmaler Rudolf Abel (Mark Rylance) wird von der CIA festgenommen und der Spionage angeklagt. Der renommierte Staatsanwalt James B. Donovan (Tom Hanks) soll dem verhassten Abel nun als Verteidiger zur Seite stehen, um den Anschein eines fairen Prozesses zu machen... dies bringt jedoch auch Donovan und seine Familie in den Medien, wo sie verbal gelyncht werden. Donovan jedoch gibt nicht auf und möchte dem "Feind" alle Fairness bieten, bis er selbst sogar einige Schritte macht, die ein großes Risiko bieten.
Steven Spielberg hat viel zu erzählen in diesem auf wahren Begebenheiten beruhenden Thriller und nimmt sich auch 140 Minuten Zeit, um beide Seiten der Geschichte zu beleuchten. Da stehen sowohl die Festnahme als auch die Anklage gegen den feindlichen Spion als auch die letztendliche Wendung auf dem Plan, dass man mit dem Gefangenen doch anders umgehen muss, da sich die Lage in den USA ändert. Mit gewohnt handwerklicher Brillanz und gut aufgelegten Schauspielern lässt Spielberg hier, teils auch in Deutschland gedreht, die Welt zur Zeit des Kalten Krieges wieder aufleben, präsentiert detailverliebte Sets, eine drückende Atmosphäre, tolle Kostüme, eine mal wieder starke Kameraarbeit von Janusz Kaminski und wunderbar geschliffene Dialoge. Spielberg lässt sich Zeit und verursacht somit auch einige Längen, dafür verhilft die Atmosphäre aber über etwaige Temposchwierigkeiten hinweg und sorgt für ein sehr rundes, glaubwürdiges Bild einer anderen Zeit.
Tom Hanks überzeugt in der Hauptrolle des Gutmenschen wie eh und je, darf einige ironische Floskeln raushauen und auch mal in die Bredouille geraten, bleibt dabei aber stets locker und glaubwürdig. Ihm zur Seite steht erstmal ein überraschend hohes Aufgebot an bekannten Nebendarstellern aus deutschen Landen wie dem aus "Die Welle" und "Stromberg" bekannten Max Mauff als auch Sebastian Koch oder Burghart Klaußner und natürlich auch Mark Rylance, der für seinen Auftritt als russischer Spion mit dem Oscar als bester Nebendarsteller ausgezeichnet wurde. Hier fange ich jedoch an zu zweifeln, denn obwohl Rylance sicherlich fantastisch ist und es scheinbar spielerisch schafft, seiner Figur durch einzelne Details ein Leben einzuhauchen, lässt sich doch sicher diskutieren, ob man dafür direkt eine der begehrten Goldstatuen herausrücken muss, besonders wenn man bedenkt, dass weitere Könner wie Tom Hardy in "The Revenant" oder Sylvester Stallone in "Creed" mit von der Partie waren, die mindestens ebenso gut, wenn nicht gar besser und eindrücklicher waren als Rylance.
Seine Performance soll das nicht schmälern, es zeigt sich aber wieder, dass die Academy von einem Stück filmisch gewordener Geschichte stets sehr schnell vor Begeisterung aus dem Häuschen ist, was auch für "Bridge of Spies" gilt... eine Nominierung für den besten Film ist bei diesem guten, sicherlich aber nicht herausragenden Werk vollkommen übertrieben. Als nominierungswürdig gestaltet sich hier Spielbergs mal wieder geniale Regie und seine kühle, treffsichere Inszenierung, während in Sachen Geschichte doch einige Fehler hätten ausgebügelt werden müssen.
Neben der bereits erwähnten Temposchwindung pünktlich zur Halbzeit fällt auch auf, dass sich manch ein Konflikt doch sehr rasch in Wohlgefallen auflöst und Spielberg auch einigen tumben Klischees nicht ausweicht. So stellt er beispielsweise die Gefängnisscherereien Russlands und Amerikas gegeneinander und macht die Sowjetunion somit auf plumpe Weise zum Feind. Schade, zuvor wandelte der Regisseur noch treffend auf grauen Pfaden, ließ sich nicht zu plumpen Gut- und Böse-Klischees hinreißen, was ihm aber später immer wieder misslingt. Bisweilen gar naiv nähert sich Spielberg einer wahren Geschichte mit sympathischen, aber eben auch recht blassen Figuen (die CIA verkommt hier glatt zu einer Klamauk-Parade), die mehr Tiefe und auch mehr Kritik vertragen hätte. Leider werden wichtige Fragen, die auch heute noch aktuell sind, recht rasch unter den Tisch gebügelt und später nur noch stiefmütterlich behandelt.
Fazit: Ein mal wieder herausragend inszenierter Thriller von Steven Spielberg, dem es aber an wirklichem Mut fehlt. Allzu naiv und geradlinig folgt er seiner Geschichte, die ebenso spannend wie vorhersehbar, ebenso klischeehaft wie gefühlvoll erzählt wird, wobei sie sich ziemlich genau zwischen die Stühle setzt.
Note: 3
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