Da hatte der Herr Depp dann doch mal ein Wunschprojekt am Start, welches man nur zu gut nachvollziehen kann. Nach all den Blockbuster-Ausflügen in die Karibik oder ins Wunderland in den vergangenen Jahren wollte Depp nun schließlich die Hauptrolle in einer Verfilmung eines Romans von Hunter S. Thompson übernehmen, mit welchem er bis zu seinem Tod sehr eng befreundet war. Das dürfte für Depp auch persönlich eine enorme Herausforderung dargestellt haben und dass ihm der Film am Herzen liegt, merkt man ihm ab der ersten Sekunde an...
THE RUM DIARY
Der Journalist Paul Kemp (Johnny Depp) reist im Jahr 1959 nach Puerto Rico, wo er beginnt, für die Tageszeitung "The San Juan Star" zu arbeiten. Unter der Führung des Herausgebers Lotterman (Richard Jenkins) steht das Blatt jedoch kurz vor der Untergang und auch Kemp merkt, dass er mit dem Job nicht das große Los gezogen hat. Da kommt es ihm gerade recht, dass der stinkreiche Unternehmer Sanderson (Aaron Eckhart) auf seine Arbeiten aufmerksam wird und beschließt, ihm einige Kontakte zu schenken, um mit ihm zusammen einiges an Geld verdienen. Kemp nimmt die Gelegenheit an... verliebt sich jedoch dabei in Sandersons bildhübsche Freundin Chenault (Amber Heard).
Hunter S. Thompson hat in seinem Leben als Journalist einiges geschrieben, der ganz große Erfolg blieb ihm jedoch verwehrt. Er führte zudem ein solch schillerndes Leben, dass er sich gerne selbst zur Hauptfigur manch einer Reportage machte, woraus unter anderem schließlich der heutige Kultfilm "Fear and Loathing in Las Vegas" entstand. Schon damals übernahm Johnny Depp die Rolle in einem Werk, welches ein Alter Ego Thompsons aufzeigte, freundete sich mit dem Autor an... und setzte sich schließlich nach dessen Selbstmord 2005 für eine erneute Verfilmung eines seiner Werke ein, diesmal ganz am Anfang seiner Karriere. Auch dieser Paul Kemp behält einiges von Thompsons realen Erlebnissen für sich, man darf jedoch nie wagen, "Rum Diary" als Biopic zu sehen. Dennoch merkt man dem Werk an, dass alle Beteiligten mit viel Herz bei der Sache waren und gerade Depp, der hier auch auf dem Produzentenstuhl Platz nahm, dürfte viel daran gelegen sein, seinem guten Freund noch einen letzten Film zu geben... und dabei nicht zu scheitern.
Herausgekommen ist dabei ein Werk, welches einen recht starken Sog entwickelt und gerade die Zeit und Atmosphäre eines Puerto Rico kurz vor der Kubakrise ansprechend umsetzt, über dunkle Spelunken, versoffene Journalisten und die andere Seite der Medaille (stinkreiche Manager und Unternehmer, Korruption und viel Geld) perfekt einfängt. Auch auf schauspielerischer Ebene gibt es dabei nichts zu meckern: Johnny Depp ist in Höchstform und lotet sowohl die dramatischen als auch die skurill-komischen Elemente des Filmes besonders in seiner unverwechselbaren Mimik voll aus, hält sich als oftmals sehr passiv agierender Neuling aber doch mehr zurück, als man es von ihm gewohnt ist. Neben "The Dark Knight"-Star Aaron Eckhart und Richard Jenkins, die solide agieren, fällt auch besonders Amber Heard auf, die als blonder Blickfang zwar nicht so viel zu tun hat, dafür aber mit ordentlicher Präsenz und einiges an Sexappeal überzeugen kann. Der einzige Leidtragende unter der Besetzung ist nur leider der ansonsten immer großartige Giovanni Ribisi, der von dem Skript in seiner eher nervigen Nebenrolle zur reinen Karikatur verdammt wird und schon bald anstrengt.
Darüber hinaus macht der Film dann aber doch mehr Spaß als man nach den mäßigen Trailern erwarten durfte und funktioniert besonders in einigen Einzelszenen hervorragend. Die Darsteller spielen sich mehr als zuverlässig gegenseitig die Bälle hinzu und sorgen in den scharfen Dialogen für einige Lacher und auch mal für einige gar nicht so dumme Denkanstöße. Leider kann sich "The Rum Diary" während seinen streckenweise etwas langen zwei Stunden dann aber doch nie ganz entscheiden, wo er jetzt genau hin möchte. Es werden jede Menge Fässer aufgemacht und nur die wenigsten Fäden werden letztendlich auch zufriedenstellend zu Ende gesponnen: Einige Handlungen enden absolut abrupt (wie auch der Film an sich), andere werden fallengelassen und verschwinden unter dem Teppich. Das ist dann immer wieder unterhaltsam, zieht aber nicht mit, weswegen wir aus den Figuren nie so richtig schlau werden und auch nicht mit ihnen mitfühlen möchten. Dies gilt leider auch für Paul Kemp als Hauptcharakter, der mir bis zum Ende ein Rätsel war, da der Film nie ganz herauskristallisieren kann, was nun seine wirkliche Intention ist.
Fazit: "Rum Dairy" unterhält durch seine spielfreudigen Darsteller, eine passende Atmosphäre und einige brillante Einzelszenen. Als Gesamtwerk fehlt es jedoch an einem roten Faden, weswegen der Film schließlich recht ziellos vor sich hin fährt.
Note: 3
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