Die Kritiker können noch so sehr fluchen, Til Schweiger wird seine Konzepte wohl niemals ändern. Wieso auch, immerhin geben ihm die Millionen zahlender Kinozuschauer und die enorm hohen Einnahmen schließlich recht... was ziemlich schade ist und gerade bei seinen letzten Werken vollkommen unverständlich anmutet. Und als es dann hieß, dass sich Schweiger als nächstes einem einfühlsamen Drama widmen würde, wobei er das Thema Alzheimer anpacken möchte, drehte sich mir bereits der Magen um. Das Ergebnis ist erwartungsgemäß schwach, ist zum Glück aber auch keine völlige Bauchlandung geworden...
HONIG IM KOPF
Nach dem Tod seiner Mutter schlägt sich Niko Rosenbach (Til Schweiger) mit seinem extrem neben sich stehenden, an Demenz leidenden Vater Amandus (Dieter Hallervorden) herum. Er nimmt ihn bei sich auf, um auf ihn aufzupassen. Was für Nikos elfjährige Tochter Tilda (Emma Schweiger) ein Heidenspaß ist, wird für Nikos Frau und Tildas Mutter Sarah (Jeannette Hain) jedoch schon früh zum Alptraum. Sie kann nicht einsehen, dass Niko Amandus' Krankheit ignoriert und sich weigert, ihn in ein Heim zu bringen, wo man ihn besser pflegen könnte. In der Zwischenzeit setzt sich Tilda mit ihrem Großvater auseinander und versucht, ihm zu helfen...
Wie bei jedem Film, den Til Schweiger in den letzten Jahren so gemacht hat, findet man auch hier wieder die gleichen Anhaltspunkte, über die man sich wirklich maßlos aufregen darf. Da wäre zum einen die schamlose Besetzung von sich selbst und seiner Tochter, die hier erneut zeigen, dass sie zwar eine gewisse Ausstrahlung besitzen, leider aber nicht schauspielern können, sodass sie jede Szene zu einem unnatürlichen Murks machen.
Auch die Inszenierung dieses sehr gewagten Themas ist Schweiger wie gewohnt aus den Händen geglitten: Mit dem Holzhammer versucht er immer wieder, dem Publikum irgendwelche Emotionen abzuringen, was nach und nach immer weniger funktioniert. Der gesamte, beinahe 140-minütige und sehr zähe Film wird mit ungemein schmalzigen und kitschigen Popsongs oder mit der immer gleichen Düdel-Instrumentalmusik unterlegt, die weder eine passende Stimmung herstellt noch irgendwie zu den körnigen, hochgeputschten Bildern passt. Super-Zeitlupen werden ständig eingesetzt, was die Klischees noch vergrößert und den Film aussehen lässt wie einen Michael-Bay-Streifen ohne Explosionen und die Dramatik wird durch solcherlei "Kunstgriffe" nicht erhöht, sondern viel mehr neutralisiert. Dies kann natürlich auch an dem ungalanten Schnitt liegen, der ruhige Szenen in hastige Cuts verwandelt und immer wieder störend zwischen etlichen Bildern hin- und herspringt. Niemals in einem Takt, sondern immer recht wirr wird hier geschnitten, was das Zeug hält, sodass die Bilder niemals in Fahrt kommen und eher seelenlos aneinandergeklatscht wirken.
Und dann schafft Schweiger es natürlich erneut nicht, seinem eigenen Werk genügend zu vertrauen und muss die an sich zwar extrem vorhersehbare und gestreckte, aber immerhin emotionale Geschichte immer wieder mit unpassendem Gaga-Humor vollschmieren. Da wird in Kühlschränke gepinkelt, die Küche angezündet und ein riesiger Verkehrsradau verursacht. Diese Szenen sollen wahrscheinlich die anhaltende Demenz Amandus' deutlicher machen, dass Schweiger diese Krankheit dann jedoch nutzt, um mit solch infantilen Szenen Lacher zu erzeugen (obwohl man dies auch wesentlich sinniger und lustiger hätte lösen können), das ist schon mehr als traurig. Aber sonst hätte das Zielpublikum eben nicht bekommen, was sie sich erwarten und wenn schon Matthias Schweighöfer diesmal nicht mitspielt, muss man eben auf anderer Ebene Radau machen. Dass dies zum Ton des Filmes ebenso wenig passt wie die eklatante Fehlbesetzung von Jeanette Hain als ewig keifende Ehefrau, scheint Schweiger entweder egal zu sein oder er hat es nicht bemerkt... man fragt sich, was schlimmer ist.
Aber, und das hier soll ein großes Aber sein, diesmal funktionieren einzelne Momente besser. "Honig im Kopf" ist dank einiger sehr schöner Momente und besonders wegen eines überraschend starken Dieter Hallervorden, der sich von dem mäßigen Drehbuch niemals unterkriegen lässt, weitaus besser als die grauenvollen "Kokowääh"-Streifen und schafft es immer wieder, doch das Herz zu erreichen. Das ist zwar oftmals maßlos überzogen, in einigen Szenen gelingt es aber, die Krankheit und den Schmerz einer Familie greifbar zu machen. Ein wenig Ruhe kehrt ein, man nimmt sich Zeit für leise Töne und dies sind die Momente, in denen das Drama tatsächlich funktioniert. Grauenvolle Kitschmomente wechseln sich mit überraschend treffsicheren Momenten des sogar mal leisen Humors und der großen und kleinen Worte, was man so auch nicht erwartet hat. Dies rettet den gnadenlos inkohärenten Film nicht, aber es macht ihn zumindest streckenweise sogar ein wenig sympathisch.
Fazit: "Honig im Kopf" leidet wie viele Schweiger-Filme an dem schwachen Skript, dem Mix aus infantilem Humor und ekelhaftem Kitsch und seiner unnatürlichen Hauptdarstellerin. Manch eine überraschend ruhige Szene und ein starker Dieter Hallervorden offenbaren aber auch immer wieder ungeahnte Qualitäten.
Note: 4+
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