Dreißig Jahre hörten wir nichts von dem allein umherziehenden Kreuzritter namens "Mad Max" und das war wohl auch gut so, endete der dritte Teil des Action-Franchises doch als ekelhaft schmalziges, sinnentfreites Machwerk. Und der Jubel war groß, als George Miller schließlich, nach einer ausreichend langen Pause, einen vierten Teil ankündigte. Der feierte dann auch prompt einen gigantischen Erfolg an den Kinokassen, wurde für etliche Oscars nominiert (was in diesem Genre ein kleines Wunder darstellt) und zog einen riesigen Hype nach sich. Der beste Actionfilm der Neuzeit wurde "Fury Road" vielerorts getauft. Und ja, natürlich sind diese Worte letztendlich alle ein wenig zu hoch gegriffen, wenn man sich den Film, über den vor zwei Jahren wirklich jeder sprach, nun mal ansieht. Dass er aber tatsächlich geworden ist, daran besteht kein Zweifel...
MAD MAX: FURY ROAD
Max (Tom Hardy) wird in dem postapokalyptischen Wüstenland, welches er auf der Suche nach Wasser durchquert, von den Warboys gefangen genommen. Angeführt von dem skrupellosen Diktator Immortan Joe (Hugh Keays-Byrne) hat sich mitten in der Wüste ein Schreckensregiment unvorstellbarem Ausmaß errichtet, in welchem Max nun gefangen ist. Während eines riskanten Fluchtversuches stößt der Einzelgänger mit der wortkargen Amazone Furiosa (Charlize Theron) zusammen, die für Immortan Joe gearbeitet, ihn nun jedoch verraten hat, um eine Gruppe junger Frauen vor ihm in Sicherheit zu bringen. Zwischen Max und Furiosa entsteht eine Zweckgemeinschaft: Beide rasen durch die Wüste, verfolgt von Immortan Joe und seinen brutalen Schergen...
Die "Mad Max"-Reihe hat mich nicht begeistern können und so lagen meine Hoffnungen tatsächlich einzig und allein in der Neuerweckung des Franchises, die George Miller nach einer von Problemen heimgesuchten Produktion 2015 vollzogen hatte. Ich erwartete nicht weniger als einen grandiosen Actionfilm, der mir den Kopf durchpusten würde... Zehn Oscarnominierungen (unter anderem für den besten Film und die beste Regie), fast durchgehend positive Kritiken und Plätze unter den bedeutendsten Filmen der Neuzeit konnten doch nicht lügen. Oder? Nun ja, ein wenig hochgesteckt sind solche Anmerkungen letztendlich schon, was aber auch einfach an meinen hohen Erwartungen liegen kann, die ich in "Fury Road" steckte.
Um erstmal zur verdienten Lobhudelei zu kommen: Ich habe einen verdammt guten Actionfilm gesehen. Optisch steckt George Miller beinahe alles in die Tasche, was ich in Sachen Action in letzter Zeit gesehen habe, ließ mir über zwei rasante Stunden hinweg immer wieder ein ehrfürchtiges "Wow" über die Lippen kriechen und verwandelte mein Wohnzimmer für diese Zeit in die staubtrockene Wüste. Miller erschafft Bilder, die man so schnell nicht mehr vergisst, er beherrscht das Zusammenspiel von Kamera, Ton und Schnitt nahezu perfekt und bringt uns somit einige Szenen von solch inszenatorischer Kraft, dass das Action-Kino noch sehr, sehr lange an diese zurückdenken wird. Man fragt sich im Grunde durchgehend, wie Miller diese Momente gedreht hat, wie es möglich war, zwei Stunden lang beinahe ohne Verschnaufpausen eine solch spektakuläre Jagd auf Film zu bannen, der die Ideen bis zum grandiosen, alles übertreffenden Finale niemals ausgehen.
Wenn man dann bedenkt, dass die Macher nur in den wenigsten, nötigsten Moment auf CGI setzten (was man dann auch ab und zu sieht) und ansonsten ehrliche, echte Handwerksarbeit leisteten, muss man den Hut sicherlich noch ein wenig weiter ziehen. Denn all dies sieht eben nur deswegen so beeindruckend aus, weil es echt ist: Echte Stunts, echte Autos, echte Explosionen, eine grandiose Ausstattung, eine wunderbare Detailvielfalt, Ideen ohne Ende. Hätte Miller, dem Zeitgeist angepasst, hier jegliche Action per Computer animiert, wäre ein Actionfilm wie jeder andere herausgekommen, der rasch wieder vergessen gewesen wäre. So hat sich Miller durch diesen enormen Aufwand und dem Zurückbesinnen auf alte Filmkunst, die auch heute noch sichtlich funktioniert, aber tatsächlich ein echtes Denkmal gesetzt und einige der besten Actionszenen der Filmgeschichte erschaffen. Chapeau!
Aber das ist eben nicht alles, was ein Film sein sollte und hier muss ich nun zu den Aspekten kommen, die einen Meisterwerk-Status von "Fury Road" doch recht klar verhindern. Die Handlung ist, wie auch bereits bei allen anderen Filmen dieses mittelmäßigen Franchises, ein ziemlicher Witz. Über die Figuren erfahren wir im Grunde nichts und in Sachen Storytelling wird eben sonst auch nichts abgefeuert außer eine zweistündige, unglaublich spektakuläre Verfolgungsjagd, die nur kurz vor dem Showdown für einige Minuten zur Ruhe kommt. Es ist spannend und sieht fabelhaft aus, aber es ist ebenso kalt wie emotionslos. Welche Figur da über den Jordan springt oder sein Leben riskiert, ist uns herzlich egal, da wir eh nichts über sie erfahren und sie somit austauschbar bleiben.
Ein Paradebeispiel ist dafür der von Nicholas Hoult gespielte Nux, der hier, trotz toller Ansätze, ein Spielball der Handlung bleibt und sogar aus vollkommen unverständlichen Motiven die Seiten wechselt. Gleiches gilt für einen unterforderten Tom Hardy, der als Titelheld kaum Akzente setzen kann, da das Skript die Zuschauer bloß mit kleinen, nichtssagenden Flashbacks abspeist: Eine eigene Motivation entsteht für seinen Mad Max dabei keineswegs. Nur Charlize Theron stellt hier als eine der toughsten Frauenfiguren der letzten Zeit eine rühmliche Ausnahme dar, ein Drehbuch, welches sich aber auch ein wenig für Story und Charaktere interessiert hätte (gerne hätte der Film dann sogar eine halbe Stunde länger laufen dürfen), hätte ihr aber auch noch mehr geben können.
Fazit: Auf optischer Ebene ist dieses Action-Vehikel eines der größten Spektakel aller Zeiten: Handgemachte, unglaubliche Actionszenen, die Ihresgleichen suchen und die Kinnlade herunterklappen lassen. Daneben sucht man eine sinnige Handlung und wünschenswerte Tiefe aber leider vergeblich.
Note: 3+
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