Die Prämisse schien nicht originell, aber zumindest kraftvoll, als der Trailer zu "A Quiet Place", der gefühlt vor jedem Film, der nicht für Kinder gedacht war, in den Kinos lief, den Zuschauer aufforderte, bloß kein Geräusch zu machen. Stille bedeutet Überleben - ob dieser Film für einen offenen Kinosaal, die gerne bevölkert sind von Popcorntüten-Raschlern, Schmatzern und Nacho-Crunchern, wirklich geeignet sein würde, war also eine interessante Frage. In der Hoffnung, dass nicht allzu viel der Atmosphäre verloren gehen würde, nahm ich im Saal Platz und hoffte zeitgleich auch auf einen starken Horrorfilm...
A QUIET PLACE
Im Jahr 2021 ist die Welt einer Dystopie verfallen: Blutrünstige Kreaturen stapfen durch die Wälder und reagieren selbst auf das kleinste Geräusch. Die Familie rund um Evelyn (Emily Blunt) und Lee Abbott (John Krasinski) hat sich darauf verstanden, in dieser Welt zu überleben - in Stille, mit Zeichensprache und äußerster Vorsicht. Nach einem grauenvollen Zwischenfall bröckeln jedoch auch die zwischenmenschlichen Elemente, insbesondere zwischen Vater Lee und der taubstummen Tochter Regan (Millicent Simmonds). Und auch Evelyns neueste Schwangerschaft dürfte früher oder später für Probleme sorgen, während sich die geheimnisvollen Kreaturen bereits der sicheren Farm nähern...
John Krasinski, der hier sowohl die Regie, die männliche Hauptrolle als auch einen Teil des Schreibens des finalen Drehbuchs übernahm, schmeißt uns sogleich unversehens ins Geschehen. Er verzichtet auf informative Texttafeln oder nähere Erklärungen, wie es zu dieser Form der Dystopie kam, sondern steigt gleich in den Überlebenskampf der Familie ein. Sie beschaffen sich Nahrung, streuen Sand aus, um ihre Fußschritte verstummen zu lassen und unterhalten sich weitestgehend nur über Zeichensprache. Dies ist atmosphärisch absolut eindrucksvoll eingefangen - in vielen Momenten bleibt der Ton des Films beinahe vollständig stumm und der Schock, wenn den Protagonisten plötzlich doch ein Geräusch entfährt, ist dann umso größer.
Die Taktiken der Familie, um sich möglichst leise durch den Alltag zu bewegen, sind interessant anzusehen und trotz einer kurzen Laufzeit von gerade einmal neunzig Minuten lässt sich Krasinski in der ersten Hälfte genügend Zeit und streut viele Ruhepausen, um die Atmosphäre des Films leben zu lassen, ehe es schließlich zur Auseinandersetzung mit den Kreaturen kommt. Auch dort verweigert er sich jedoch dem krachenden Mainstream-Kino, lässt die Szenen ruhig vonstatten gehen und entwickelt somit eine Stimmung der Ausweglosigkeit und des Schreckens. Darin brillieren auch die Schauspieler - "Der Teufel trägt Prada"-Star Emily Blunt agiert ungemein kraftvoll und beherrscht insbesondere eine schmerzhafte Szene zur Halbzeit mit ihrer enormen Präsenz. Ebenfalls hervorheben muss man Millicent Simmonds: Die junge Schauspielerin ist übrigens im tatsächlichen Leben ebenfalls taubstumm, was vielleicht eine Erklärung dafür liefert, warum sie in ihrem Charakter so extrem glaubwürdig und emotional greifbar erscheint - eine elektrisierende Leistung.
So effektiv die Prämisse auch ist und so gut Krasinski das Tempo hochhält, die Zuschauer mit seiner schneidenden Atmosphäre auf glühenden Kohlen sitzen lässt und auch die inneren Konflikte der Protagonisten am Brennen hält... letztendlich schafft er es knapp doch nicht bis zum ganz großen Ziel. Der Film endet arg abrupt und ich hätte mir tatsächlich einige Hintergrundinformationen zum Großen ganzen gewünscht. So erfreulich auch die Existenz eines Horrorfilms ist, der einige seiner Informationen im Hintergrund abläufen lässt, den Zuschauer nicht überdeutlich bei der Hand nimmt und sein Tempo für langwierige Expositionen aufs Spiel setzt und so intensiv der Überlebenskampf der Familie hier auch dargestellt ist - letzten Endes geht "A Quiet Place" leider bis zum Rollen des Abspanns nicht darüber hinaus. Der enorme Überraschungserfolg an den US-Kassen dürfte weitere Werke zu diesem Thema greifbar machen, trotzdem hätte man zumindest ansatzweise ein paar Fragezeichen lüften können, ohne mit einem an sich doch eher schwachen Cliffhanger einfach mittendrin aufzuhören. Das ist zwar intensiv, lässt einen aber auch ein wenig ratlos zurück und gibt das Gefühl, einen guten, aber letztendlich auch nur einen halben Film gesehen zu haben, von dem wir noch nicht wissen, ob wir denn noch erfahren, wie all das nun weitergeht.
Fazit: Atmosphärisch extrem dichter Horrorfilm, der in Sachen Plot wenig bietet, dessen Inszenierung dafür aber ebenso wie die Darstellungen von Blunt und Simmonds elektrisiert. Ein wenig mehr Hintergrund wäre schön gewesen, insgesamt gestaltet sich "A Quiet Place" aber gerade durch seine schneidende Stille als sehr spannend.
Note: 3+
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