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Das Zeiträtsel

Disney kann nun wirklich nicht immer richtig liegen. Sie haben sicherlich keinerlei Grund zum Trübsalblasen, denn ihre letzten Blockbuster, namentlich "Coco", "Star Wars: Die letzten Jedi" und "Black Panther" waren an den Kinokassen allesamt übermäßig erfolgreich - die letzten beiden stehen mittlerweile sogar in der Top 10 der All-Time-Charts und mit "Avengers: Infinity War" steht bereits der nächste, todsichere Mega-Hit ins Haus. Einen finanziellen Flop, der dabei auch von den Kritikern weitestgehend zerrissen wurde, kann man sich bei solch einem Run also auch mal erlauben und ein solcher war "Das Zeiträtsel", Disneys neuestes Real-Fantasy-Abenteuer. Dieses ist nun auch in Deutschland angelaufen und ich habe mir endlich selbst ein Bild von der Qualität des Blockbusters machen können...

DAS ZEITRÄTSEL


Schon immer war Dr. Alex Murry (Chris Pine) davon überzeugt, dass andere Planeten und Universen nicht mit Raketen besucht werden müssen, sondern dass der Verstand ausreichen würde - eine Tesserung sollte dies ermöglichen. Schließlich verschwand er auf der Suche nach seinen eigenen, wissenschaftlichen Durchbrüchen spurlos. Vier Jahre später ist er noch immer nicht zurückgekehrt, während seine Tochter Meg (Storm Reid) ihr Leben weitergeführt hat. Als sie jedoch eines Tages plötzlichen Besuch von der stürmischen Mrs. Soundso (Reese Witherspoon) bekommt, die ihr weismachen will, dass ihr Vater noch lebt und sie gemeinsam in anderen Welten nach ihm suchen und ihn zurückbringen sollten, fällt Meg fast aus allen Wolken. Schließlich sagt sie jedoch zu und macht sich gemeinsam mit ihrem Schulfreund Calvin (Levi Miller) und ihrem Adoptivbruder Charles Wallace (Deric McCabe) auf zu einer gefahrvollen und fantastischen Reise...

Großer Gott, Disney, was hat euch hier denn bitte geritten? Man muss ja nicht bei jedem neuen Fantasy-Blockbuster, den die Mausstudios immer wieder mal auffahren, gleich auf das Drehbuch des Jahrhunderts hoffen, aber was man hier veröffentlicht hat, das grenzt tatsächlich an ein wahres Trauerspiel. Über 109 Minuten wirft "Das Zeiträtsel" mit billigsten Glückskeks-Phrasen um sich, auf esoterischer und zutiefst nerviger Ebene sollen hier wissenschaftliche Durchbrüche erklärt werden, am Ende bleibt jedoch nur die oberflächlichste Abhandlung, die man sich mit dem Thema nur vorstellen kann. In kitschige, bonbonbunte Farben hüllt "Selma"-Regisseurin Ava DuVernay dieses lapidare Spektakel und lässt die vollkommen unglaubwürdig agierenden Charaktere stets davon faseln, dass gegenseitige Liebe doch das wichtigste im Leben sei. Das wirkt alles so gekünstelt und manipulierend, dass man die Hände auf dem Kopf zusammenschlagen möchte, dabei ist dieser ungehemmte Megakitsch in der Disney-Verfilmung noch das kleinste Problem. 
Wesentlich gewichtiger wiegt, dass die Figuren allesamt enorme Unsympathen sind und das vollkommen wirr laufende Skript ihnen keinerlei Tendenzen mitgibt, vom Zuschauer gemocht zu werden. Der von Levi Miller gespielte Calvin O'Keefe gibt den ungemein blassen Mitstreiter, der irgendwie eine schrecklich erzwungene und halbgare Liebesgeschichte mit der Hauptprotagonistin starten soll... ansonsten gibt es für ihn nicht einen nennenswerten Grund, sich eigentlich auf diese Reise zu begeben. Bezeichnend ist dann auch sein erster Auftritt im Film - ohne zuvor eingeführt worden zu sein, rennt er Meg und ihrem Bruder plötzlich einfach auf der Straße hinterher und entgegnet, dass er das Gefühl habe, nun einfach hier sein zu müssen. Weitere Erklärungen gibt es nicht und so wird offensichtlich, dass das Skript einfach keine Ahnung hatte, was sie mit dem Jungspund anfangen sollten... deswegen wird er eben einfach wortlos mitgeschleift und hat bis zum Ende kaum etwas weiteres zu tun. 
Noch schlimmer erwischt hat es Deric McCabe, der hier als junger Adoptivbruder noch vor Meg früh von all diesem ganzen Fantasy-Kram Ahnung hat, weil er eben so fest daran glaubt. Charles Wallace ist der Prototyp eines ungemein nervigen, zum Erbrechen unsympathischen Kindes, welches ständig hochtrabende Weisheiten von sich gibt und mit seiner Klugscheißerei jedem Zuschauer jenseits von zehn Jahren ungeheuer auf die Nerven gehen dürfte. Storm Reid zieht sich in der Hauptrolle noch am besten aus der Affäre, da sie vom Drehbuch aber auch so ungemein glatt gebügelt wird, bleibt sie auch weit hinter ihrem erkennbaren Potenzial zurück, während die großen Namen im Cast, darunter immerhin Reese Witherspoon und "Stichtag"-Comedystar Zach Galifianakis, nur für die unsensiblen Zwischentöne gebraucht werden und rasch wieder von der Leinwand verschwinden. 
Bezeichnend ist hier auch die Darstellung von Oprah Winfrey, die als gigantische Gestalt bis in den Himmel strahlt, was pseudoreligiöse Tendenzen angesichts ihrer realen Bedeutung für die amerikanische Popkultur durchscheinen lassen soll, hier aber nur befremdlich wirkt. Einzig optisch kann man dem Film nichts vorwerfen - er sieht durch die Bank weg künstlich, aber gut aus und hat im Mittelteil eine recht knackige und sogar einigermaßen spektakuläre Actionsequenz, wenn die Charaktere vor einem gigantischen Sturm fliehen. Der Rest ist allerdings nur Schall und Rauch, vollgestopft mit billigen Klischees und selbst für Kids angesichts der humorlosen und bemühten Geschwätzigkeit kein sonderlich erhellendes Vergnügen.

Fazit: Ungemein verkitschter und ziellos-wirrer Disney-Blockbuster, dessen marodes Skript seine unsympathischen Charaktere in ein Glückskeks-Abenteuer führt. Das ist bemüht, zäh und von vorn bis hinten unglaublich nervig, da der Film seine überzogenen Weisheiten nicht einmal versucht, hinter der optischen Brillanz angemessen zu verschleiern.

Note: 5-






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