Sie galten als das Traumpaar in Hollywood und nicht wenige waren geschockt, als sie sich schließlich medienwirksam trennten: Brad Pitt und Angelina Jolie waren wie miteinander verschweißt und wo sie auftauchten, galten Glanz und Glamour. Anscheinend war dies in den eigenen vier Wänden nicht der Fall, weswegen sogar Gerichtsverfahren eingeleitet wurden. Man ist beinahe bereit zu glauben, dass Jolie ihre erste Regiearbeit, für die sie sogleich auch sich und ihren damaligen Mann besetzte, doch ein wenig zu realistisch anmutet, wenn sich das Pärchen hier verbal die Köpfe einschlägt. Wie die Realität aber nun mal so ist, ist das manchmal auch nicht ganz so aufregend, was Jolies Werk eindeutig beweist...
BY THE SEA
Schriftsteller Roland (Brad Pitt) fährt mit seiner Frau Vanessa (Angelina Jolie) nach Frankreich, um dort Inspirationen für sein neuestes Buch zu sammeln. Seit langer Zeit befindet sich die Ehe der beiden in einer schlimmen Krise, so schlimm, dass sie sich kaum mehr von ihrem Mann berühren lassen möchte, was Rolands Jähzorn weckt, den er allabendlich in der nahen Bar ertränkt. Als die beiden jedoch die in den Flitterwochen befindlichen, gerade frisch verheirateten Lea (Melanie Laurent) und Francois (Melvil Poupaud) kennenlernen, erwachen neue Lebensgeister... und es kommt auch zu schlimmeren Streitereien.
Es gibt diese Filme, die aus jeder Ader heraus nach Kunst schreien. Seht mich an, ich bin wertvoll, ich habe eine kraftvolle Aussage, talentierte, sich die Seele aus dem Leib spielende Darsteller, große Emotionen, unangenehme Konflikte. Sie sind prädestiniert für manch einen Filmpreis und wenn sich dann noch ein langjähriger Superstar an der Regie versucht, ist das doppelt einen Blick wert. Meistens sind diese Werke dann ziemlich schlecht, weil sie sich einfach viel zu wichtig nehmen. Bei all der extremen Mühe, ein Feuer zu entfachen, besonders zu sein, aus der Masse hervorzustechen, siegt der Intellekt über das Herz und zurück bleibt ein toter Fisch von einem Film, so dermaßen von sich selbst überzeugt, dass es wie pure Prahlerei wirkt, wo keinerlei Prahlerei angebracht ist - wie der bullige Junge auf dem Schulhof, der sich selbst so geil findet, aber einfach ein ziemlicher Idiot ist, was auch jeder weiß... außer ihm.
Das klingt nun sehr, sehr hart, aber "By the Sea" ist so eine Art Film, die einfach keine Freude macht, nicht bewegt oder schockiert, weil das Werk so vorhersehbar die Knöpfe drückt, dass der Zuschauer von vornherein weiß, dass er hier manipuliert werden soll... und da er das weiß, lässt er sich nicht drauf ein, lacht dem Film ins Gesicht. Nicht mit mir, mein Freund, das musst du cleverer anstellen. "By the Sea" scheint aus jeder Pore seines Körpers zu schreien, dass er wichtig und kunstmäßig wertvoll ist, dass da ganz viel drinsteckt und je lauter er in seinen leisen, ruhigen und unglaublichen langen Tönen schreit, desto weniger interessiert es einen. Wir sehen einem Ehepaar zu, welches sich hasst, zumindest oberflächlich und das ist über zwei Stunden hinweg, da sich Jolie auch in endlosen Szenen des Sonnens auf der Terrasse, des Rauchens, Schlafens, Nichtschlafens, Duschens, Spazierens und Trinkens suhlt, weil sie diese Bilder für so gewichtig hält, einfach elendig zäh.
Dem Film geht das Herz verloren, weil er weiß, was für einen wichtigen Posten er einnehmen will und stetig darum kämpft, ernstgenommen zu werden... ein Risiko, das schlichtweg nicht aufgeht. Die Aufmerksamkeit des Publikums war dem Film im Schatten der realen Ehekrise von Jolie und Pitt gewiss, es reicht aber nicht, um dabei auch noch ein überzeugendes Werk zu sein. Dabei ist Jolie mitnichten eine schlechte Regisseurin, sie ist nur viel zu verbissen dabei, wirklich etwas Gutes abzuliefern, was das Werk blass, prüde, gar ziemlich belanglos und vollkommen überschätzt wirken lässt.
Natürlich, Jolie und Pitt sind in den Hauptrollen gewohnt grandios, sie sind beide wunderbare Charakterdarsteller, die sich hier nicht ansatzweise eine Blöße geben und auch noch von "Die Unfassbaren"-Star Melanie Laurent tatkräftig und mit Charme unterstützt werden. Aber bei Gott, das muss zugegeben werden, es ist nun mal auch erschreckend langweilig, was man uns hier vorsetzt, auch in der Kunst muss es erlaubt sein, vielleicht ein wenig mehr Substanz zu bieten und nicht jeden Dialogsatz mit solch bedeutungsschwangerer Härte vorzutragen, dass es nicht mehr glaubhaft ist. Das hier ist ein Schlafmittel - ein herausragend gespieltes und gut inszeniertes zwar, aber eben doch nur ein Schlafmittel, welches so gerne eine Aspirin wäre. Ziel verfehlt.
Fazit: Sich selbst viel zu wichtig nehmendes, aufplusterndes Drama. Gut besetzt, ansonsten ist jedoch nicht viel dahinter. Der Film glaubt, er sei die große Kunst und vergisst dabei das Herz, das Tempo, die Substanz und langweilt somit viel mehr, als er glaubt.
Note: 4-
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