Direkt zum Hauptbereich

Länger, blutiger, besser: Filmkritik zu "Terrifier 2"

Art der Clown (David Howard Thornton) lebt wieder: Nach seinem Ausbruch aus dem Leichenschauhaus war er einige Monate fort, doch rund ein Jahr nach dem von ihm verrichteten Halloween-Massaker taucht er wieder auf und hinterlässt blutige Spuren. Obwohl es keinerlei Beweise für seine weitere Existenz gibt, glaubt der zwölfjährige Jonathan Shaw (Elliott Fullam) fest daran, dass Art noch lebt und an Halloween erneut morden wird. Auch seine ältere Schwester Sienna (Lauren LaVera) kann sich dieser Möglichkeit nicht mehr entziehen, als sie Art in leiblicher Gestalt antrifft und vermutet, dass es sich dabei um den gesuchten Serienkiller handelt. Die ersten Leichen lassen dann auch nicht mehr lange auf sich warten... und Sienna muss sich dem verrückten Clown in einem großen Kampf stellen.

In meiner Kritik zum ersten Teil stellte ich mir noch selbst die Frage, ob die deutlich längere Laufzeit der Fortsetzung denn nun wirklich dazu genutzt werden würde, eine Handlung zu erzählen, die es im Original wirklich noch nicht gab. Die Antwort: Ja... irgendwie. Denn bei 138 Minuten kann selbst einer der brutalsten Terror-Slasher der letzten Jahre nicht mehr nur ein Dauerfeuer aus Blut und Gesülze vom Stapel lassen und nutzt deswegen seine Zeit auch, um diesmal wirkliche Charaktere zu kreieren - potenzielle Opfer von Arts zweitem Amoklauf, die zumindest so viel Background bekommen, dass uns ihr Schicksal diesmal nicht vollkommen egal ist. Ein richtiger Schuh wird daraus aber dennoch nicht, denn Art bleibt als Antagonist immer noch komplett unauserzählt und etliche Fragezeichen ploppen aufgrund diverser Mysterien auf, die innerhalb der Handlung aber einfach als gegeben bezeichnet und nicht weiter thematisiert werden. Das Mehr an "Plot" speist sich daher aus der besseren Zeichnung der neuen Figuren, die hier auch fernab des Überlebenskampfes dargestellt werden - im Kern geht es aber doch nur wieder um einen neuen, blutigen Trip des Psychoclowns.
Und der ist dann natürlich noch einmal eine ganze Ecke böser und brutaler als der erste Teil, weswegen es erstaunlich ist, dass es "Terrifier 2" tatsächlich ungeschnitten ins Heimkino schaffte. Einige Kills sind hier so dermaßen brutal und werden oftmals minutenlang hochstilisiert, dass die Geschichten von sich in ihr Popcorn übergebenden Kinozuschauer*innen so zumindest nicht gänzlich unwahrscheinlich anmuten. Die rein praktischen Effekte wissen dabei weiterhin zu gefallen, auch wenn das weiterhin recht geringe (wenn auch diesmal deutlich höhere) Budget immer noch sichtbar ist: So wirkt das literweise vergossene Blut bisweilen arg künstlich und in diversen Szenen erkennt man durchaus, dass es sich hier um Prothesen und nicht um echte Menschenschädel handelt, die der Clown Art genüsslich zerkloppt. Eine Weiterentwicklung ist das trotzdem: Das Mehr an Geld wurde in eine deutlich cineastischere Optik gesteckt, sodass der Film nicht mehr nur an einem schnöden Ort spielen muss, sondern sich die Geschichte größer und abwechslungsreicher anfühlt, wenn mehrere Settings besucht werden, die auch atmosphärisch dicht abgefilmt werden.
Gebessert hat sich auch der Cast: Gerade die neue Hauptdarstellerin Lauren LaVera, die zuvor unter anderem einen Gastauftritt in der Marvel-Serie "Iron Fist" hinlegte, gefällt durch ein Spiel, welches definitiv weit über dem Standard solchen Horror-Trashs liegt. Und auch David Howard Thornton hat als mittlerweile kultiger Psycho-Clown erneut die Gabe, so schaurig und widerwärtig zu agieren, dass man die Augen kaum von ihm lassen kann. Unter den Nebendarsteller*innen sind zwar auch einige Ausfälle zu verzeichnen, doch insgesamt kann sich das Casting besser sehen lassen als das des ersten Teils. Dieses kann aber auch nicht verhindern, dass sich die 138 Minuten, in denen eben auch nur ein sehr simpler und bisweilen arg unauserzählter Plot gezimmert wird, bisweilen recht lang ausfühlen. Einige schwammige Dialogszenen dienen ganz offensichtlich der Streckung der Zeit, während das halbstündige Finale im Grunde nur noch eine langwierige Tortur ist, in welcher sich der Gegenspieler (ganz getreu dem Slasher-Genre) immer wieder aus dem scheinbaren Tod erhebt. Eine Horrorperle ist also der zweite Teil nicht, doch immerhin einer, der aufgrund seiner gnadenlos-brutalen Machart sicherlich in Erinnerung bleibt... bis zum mit Sicherheit kommenden dritten Film.

Fazit: "Terrifier 2" ist dank eines höheren Budgets deutlich wertiger inszeniert und bemüht sich innerhalb seiner Laufzeit auch mehr um eine Art der Handlung und um sympathischere Charaktere. Das mildert den extrem krassen Brutalitätsfaktor indes nicht ab, der aber auch nicht über einige Längen und den gemeinhin drögen Plot hinwegtäuschen kann.

Note: 3



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...