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Argylle

Elly Conway (Bryce Dallas Howard) ist die erfolgreiche Autorin der weltberühmten "Argylle"-Romane über einen charmanten Geheimagenten, der in seinen spannenden Missionen die Welt rettet und eine große Leserschaft begeistert. In ihrem echten Leben hat Elly jedoch noch nie ein Abenteuer erlebt - sie verkriecht sich lieber mit ihrer Katze Alfie in ihrer Wohnung und arbeitet an den nächsten Romanen. Das ändert sich jedoch, als Elly während einer Zugfahrt den echten Geheimagenten Aidan (Sam Rockwell) kennenlernt. Dieser eröffnet der Autorin, dass eine gefährliche Agentengruppe hinter Elly her ist, da diese in ihren Romanen scheinbar zufällig mehrfach gut geraten hat und man sich deswegen Informationen über eine gewisse "Masterdatei" bei ihr erhofft. Aidan rettet sie vor einigen fiesen Schergen und die völlig erschrockene Elly hat daraufhin keine Wahl, als sich an den Agenten zu heften, sofern sie weitere Scharmützel dieser Art überleben möchte...

Matthew Vaughn, der Regisseur der grandiosen "Kingsman"-Filme, macht einen neuen Agenten-Actioner. Es gab keinen Grund, sich darauf nicht zu freuen und selbst die sehr verhaltenen Kritiken zum Kinostart konnten meine Vorfreude auf Vaughns neuestes Werk nicht trüben. Und tatsächlich versprüht "Argylle" zumindest inszenatorisch schon sehr schnell das typische "Kingsman"-Feeling, wenn die ebenso künstlich wirkenden wie herrlich übertrieben inszenierten Actionszenen, unterlegt mit funkiger Pop-Musik, sogleich jeden Realitätsbezug hinter sich lassen. So richtig passen will das diesmal aber nicht, was zum einen am deutlich zurückgefahrenen Brutalitätsgehalt liegt, mit welchem man sich eine niedrigere Altersfreigabe erhofft und diese dann auch erhalten hat. Obwohl regelrechte Massaker wie in den Abenteuern von Agent Eggsy nun nicht zwingend notwendig sind, um sich unterhalten zu lassen, wirkt die komplette Blutarmut angesichts der Massen an Menschen, die hier durch Gewehrfeuer und Messer dahingemetzelt werden, immer ein wenig seltsam. Zudem ist das CGI, wie in vielen superteuren Blockbustern der heutigen Zeit, absolut indiskutabel, da holt einen schon die allererste Actionszene mit wahrlich scheußlichen Greenscreen-Effekten auf den Boden der Tatsachen zurück. Und spätestens im Finale, wenn die Figuren völlig unmögliche Dinge in völlig unmöglicher Physis mittels grauenhafter Spezialeffekte tun, sieht das ganze Werk leider absolut unansehlich aus.
Die "Kingsman"-Reihe konnte solcherlei technische Fehltritte noch durch jede Menge spitzbübischen Charme und allerlei passende Überzeichnungen kitten. Das gelingt "Argylle" aber nur sehr bedingt, denn die zugrundeliegende Geschichte ist zwar auch wieder völlig gaga, überzeichnet den Rahmen aber noch einmal viel zu deutlich. Mit einer unnötigen Überlänge, wobei sich besonders die zweite Hälfte nach einer von vielen obskuren Wendungen wie Kaugummi zu ziehen beginnt, ästelt der komplizierte Plot viel zu umständlich herum. Dabei liefert man allerlei völlig skurrillen Wahnsinn, dringt aber eben nie in die ebenso veralberten wie herrlich einfallsreichen Mega-Missionen der "Kingsman"-Reihe vor. Das Ergebnis: "Argylle" ist in Sachen Handlung völlig gaga, bleibt aber dennoch viel zu sicher auf dem Boden, was eine ganz seltsame Mixtur ergibt. Hier hätte man durchaus richtig in die Vollen gehen können, um das trashige Drehbuch-Geschreibsel auch angemessen zu würdigen, doch die Macher drücken immer wieder auf die Bremse. Das passt einfach vorne und hinten nicht und ist in Sachen Storytelling bemerkenswert unstet.
Eine Fehlbesetzung ist zudem auch Bryce Dallas Howard, die ich normalerweise immer sehr gerne sehe, in ihrer überdrehten Performance aber niemals glaubwürdig wirkt und auch in Sachen Humor nicht mit dem Rest des Casts mithalten kann. Ein Cast, aus dem erwartungsgemäß mal wieder "Iron Man 2"-Star Sam Rockwell hervorsticht, der als ziemlich lockerer Agent mit allerlei unerwarteten Fähigkeiten einfach nur die coolste Sau im Raum ist... und es ist ohnehin eine Freude, den lange übersehenen Rockwell hier anstatt eines Ryan Reynolds oder Channing Tatum auch in der Hauptrolle einer Multimillionen-Dollar-Produktion sehen zu dürfen. Auch über Rockwell und Howard hinaus ist der Film, wie von Vaughns Action-Produktionen gewohnt, bis zum Dach mit bekannten Namen vollgestopft, wobei aber nur manche von ihnen überhaupt über zwei Szenen hinauskommen. So konnte der große Samuel L. Jackson seine Szenen wohl gemütlich an drei Drehtagen abdrehen - ebenso wie die ebenfalls gleich aus den "Kingsman"-Filmen mit herübergerettete Sofia Boutella. Immerhin darf "Kevin allein zuhaus"-Star Catherine O'Hara als aufgeregte Mutter noch ein paar Gags beisteuern, während Bryan Cranston als Oberbösewicht leider verschenkt wird. Der Auftritt von Henry Cavill ist hingegen eher ein kleines, zu Beginn auch recht nerviges, weil zu oft eingesetztes Gimmick, wenn sich sein Konterfei als die Vorstellung von Ellys Romanfigur immer wieder mit der des echten Agenten, gespielt von Rockwell, abwechselt. Das ist in der Tat recht anstrengend für einen einzigen, eher lauen Gag, der dann bis zum Gehtnichtmehr ausgespielt wird.

Fazit: Erschreckend künstlich, storytechnisch ungemein wirr und in der Hauptrolle gar fehlbesetzt - "Argylle" ist leider nicht Matthew Vaughns nächster, großer Wurf. Obwohl die verrückte Geschichte viel Potenzial für launige Agenten-Action hergegeben hätte, reißt einen der maue Humor-Gehalt in Verbindung mit einer viel zu umständlichen Geschichte und arg schlechtem CGI immer wieder raus.

Note: 4+



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