In einer dystopischen Zukunft herrscht die Familie Van der Koy, geleitet von der schrecklichen Diktatorin Hilda van der Koy (Famke Janssen). In einem jährlich veranstalteten TV-Event namens "The Culling" werden dabei zwölf Gefangene aus der Unterschicht zu Entertainment-Zwecken abgeschlachtet. In jungen Jahren entkam Boy (Bill Skarsgard) dieser Diktatur, wobei seine kleine Schwester Mina (Quinn Copeland) jedoch starb. Darauf geriet Boy in die Fänge des Schamanen (Yayan Ruhian), welcher ihn ausbildete, damit er eines Tages Rache für seinen Verlust üben kann. Eines Tages gelingt es Boy dann auch, sich bis in die inneren Kreise der Van-der-Koy-Familie vorzukämpfen. Doch hat er nicht mit der schieren Übermacht gerechnet, die sich ihm in den Weg stellt, bevor er überhaupt nur ansatzweise bis zu Hilda vordringen kann...
Der in Deutschland nur für den Heimkinomarkt ausgewertete, zuvor aber erfolgreich auf Festivals laufende "Boy Kills World" besteht im Grunde aus etlichen Versatzstücken, die man aus anderen, größeren Filmen kennt. So erinnert die dystopische Herrschaft, inklusive bunten Farben und Live-TV-Hinrichtungen der absurdesten Art, deutlich an die "Die Tribute von Panem"-Reihe, während die knallharten Actionszenen, bei denen sich Boy alle möglichen Gegenstände zu Nutze macht, klar von den "John Wick"-Filmen inspiriert wurden. Zudem wird der taubstumme Hauptcharakter mit einer zum Publikum sprechenden Erzählerstimme ausgestattet, um die Figur nicht nur völlig ohne Worte agieren zu lassen und zudem auch ein paar flotte Sprüche klopfen - dabei wird mehr als einmal auch die vierte Wand durchbrochen, wobei natürlich "Deadpool" schön grüßen lässt. Und die Ausbildung bei einem megakrassen Schamanen erinnert natürlich nicht zufällig an Quentin Tarantinos großen Kult-Zweiteiler "Kill Bill". "Boy Kills World" hat sich also überall fleißig bedient und lässt trotz seines schrillen Stils eigene Originalität vermissen... auch weil zahlreiche Ideen, die auf dem Papier gut klingen, hier nicht so recht funktionieren.
Gerade die Erzählerstimme ist dabei fast ausschließlich auf Gags ausgelegt, die aber nur in den wenigsten Fällen zünden, da aus diesem Gimmick kein echter Mehrwert entsteht. Die knackigen Actionszenen überzeugen zwar durch einige packende Choreos und überstrapazierte Brutalität, wobei zahlreiche Gliedmaßen abgetrennt und Küchenutensilien auf sehr schmerzhafte Art und Weise zweckentfremdet werden. Die Kamera fegt dabei jedoch mit schnellen Zooms so fix durch den Raum, dass die Übersicht bisweilen verloren geht - kein Vergleich zu den "John Wick"-Blockbustern, die in diesem Metier immer noch die Speerspitze darstellen. Und die etwas schrille Atmosphäre wirkt zwar erst einmal kreativ, macht jedoch aus fast allen Figuren doch nur noch alberne Abziehfiguren, zwischen denen der ernst agierende Boy ein wenig deplatziert daherkommt. Der Kontrast zwischen einer blutigen Komödie und einem ernsten Rache-Trip ist recht steil, worunter die wenigen ernsten Momente, in denen es tatsächlich richtig um etwas geht, ein wenig an Dringlichkeit verlieren.
Immerhin wartet der sonst recht geradlinige Plot gegen Ende noch mit einer Überraschung auf, die das zuvor Gesehene angemessen auf den Kopf stellt. Und auch "Es"-Fiesling Bill Skarsgard hat sich für diese Rolle nicht nur einen beeindruckenden Körper antrainiert, sondern weiß auch ohne Worte in der Hauptrolle durchaus Akzente zu setzen. Die restlichen Nebenfiguren hinterlassen hingegen allenfalls durch ihr bisweilen sehr schräges Auftreten einen nachhaltigen Eindruck. Erinnerungswürdiger ist da schon der ziemlich gelungene Musikeinsatz sowie die arg bunte, aber auch optisch markante Bildsprache. Auch wenn gerade in den Actionszenen viel CGI-Einsatz auszumachen ist, so ist die ganze Nummer so blutig und fies, dass sich gerade Splatter-Hounds hier sehr wohlfühlen dürften. Für mich war die ganze Nummer am Ende jedoch etwas zu überdreht, wobei der zentrale Konflikt immer wieder überschattet wird... und letztendlich klaut "Boy Kills World" dann doch zu viel bei großen Vorbildern, denen er dann nicht das Wasser reichen kann. Und das macht aus ihm letztendlich einen Film, der wahrscheinlich bald in Vergessenheit geraten wird.
Fazit: "Boy Kills World" hat jede Menge Ideen, von denen die meisten aber nicht recht funktionieren. Von dem deutlichen Klau von vielen Vorbildern bleiben am Ende nur einige knackige Actionszenen und ein charismatischer Hauptdarsteller. Der Rest ist aufgrund des zahnlosen Plots dann doch nur Stangenware.
Note: 4+
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