Schon wieder sitzt der CIA-Anwalt Owen Hendricks (Noah Centineo) in Europa mächtig in der Patsche und diesmal ist es nur seinen treuen Verbündeten zu verdanken, dass er aus dieser Sache überhaupt noch lebend herauskommt. Zurück in den Staaten wird Owen deswegen auch erst mal in sein Büro verfrachtet, wo er nur noch abwarten soll, bis die internen Ermittlungen zu dem Fall, bei dem alles drunter und drüber ging, abgeschlossen sind. Als er jedoch ein merkwürdiges Paket erhält, lässt sich Owen doch wieder in einen Fall hineinziehen und wird letztendlich von seinem Vorgesetzten Walter Nyland (Vondie Curtis-Hall) nach Seoul geschickt, um dem mysteriösen "Grey-Mailer" auf die Spur zu kommen. Dabei begleitet ihn ausgerechnet sein dauergestresster Kollege Janus Ferber (Kristian Bruun), der aufgrund von Owens Art, den Fall zu lösen, mehrfach kurz vom Herzinfarkt steht...
Eine erste Enttäuschung erlebt man bei der Sichtung der zweiten Staffel von "The Recruit" schon nach wenigen Minuten, wenn der effektive Cliffhanger der ersten Season hier im Eiltempo abgefrühstückt wird. Das passiert so schnell, dass dieses offene Ende eigentlich nicht nötig gewesen wäre, denn im Anschluss baut die Serie einen ganz neuen Fall auf, bei dem die offengelassenen Handlungsstränge im Grunde nur noch als beinahe verzichtbares Beiwerk fungieren. Denn natürlich macht die undurchsichtige Dawn Gilbane weiterhin Ärger, Max' Tochter hängt auch noch mit drin und auch die Quasi-Nicht-Beziehung zwischen Owen und Hannah muss noch einmal neu ausdiskutiert werden. Der Fokus liegt dennoch auf einem ganz neuen Fall, der Owen nach Seoul führt und von dort ein ganzes Sammelsurium aus Wendungen und neuen Figuren und Storylines lostritt. Das führt dann dazu, dass die Serie auch nach dem überhastet aufgeklärten Cliffhanger kaum mehr zur Ruhe kommt, da sie schlichtweg damit zu ringen hat, wirklich alle Figuren und Plots noch zu ihrem Recht kommen zu lassen. Dadurch resultiert ein enorm hohes Tempo mit einem deutlich erhöhten Action-Quotienten, wobei die charmanten, ruhigen Momente und auch die Charaktere abseits ihrer Arbeitspositionen bisweilen auf der Strecke bleiben.
Auf seinen Höhepunkten gelingt "The Recruit" weiterhin ein sehr unterhaltsamer Spagat zwischen einer charmanten Komödie und einem sehr packenden Thriller. Es ist zudem bewundernswert, dass die Macher den durchaus großen Cast passend bündeln konnten und zumindest für die allermeisten Figuren im weiteren Verlauf mehr als nur eine Handvoll handlungsrelevanter Szenen zusammenkommen. Da die zweite Staffel nur noch aus sechs Folgen besteht, musste man manche Plots aber im Eiltempo abfrühstücken, um überhaupt noch zum Finale zu kommen. Die Mühe, alle Charaktere irgendwie noch im Rennen zu halten und die einzelnen Geschichten quasi zwangsläufig miteinander zu verweben, spürt man, doch sorgt es auch für deutliche Glaubwürdigkeitsprobleme. Viele Szenen und Konflikte lösen sich nur durch sehr angenehme Zufälle auf, weil das Drehbuch diese dramaturgischen Saltos gerade vollführen muss. Manchmal wirkt das gekonnt, oftmals aber auch reichlich uncharmant. So funktioniert besonders der Handlungsstrang rund um Owens Ex-Freundin Hannah kaum noch und läuft dementsprechend recht unpassend nebenher. Auch die Rolle der zuvor ungemein sympathischen Amelia Salazar wird aufgrund der wenigen Zeit, die die sechs Folgen mit all dem Handlungsballast haben, unangenehm eingeschränkt.
Dafür gibts dagegen aber noch einiges auf der Habenseite: So funktioniert der Spagat bezüglich der Hauptfigur nun deutlich besser und er wird sowohl als überforderter Tollpatsch als auch als cleveres Kerlchen wesentlich greifbarer. Die anderen Figuren waren ohnehin schon zuvor sehr sympathisch und das Drehbuch baut die meisten von ihnen angemessen aus, wobei es immer wieder auch sehr spaßige Momente gibt. Der Soundtrack ist meistens gut gewählt (auch wenn nun nicht jede Actionszene noch mit einem rockigen Song hätte unterlegt werden müssen), die Keilereien und Verfolgungsjagden sind intensiv inszeniert, der Cast macht seine Sache weiterhin großartig. Am Ende ist man dennoch enttäuscht, dass sich "The Recruit" so enorm abhetzen musste, sodass sogar der Abschluss der sechsten Folge völlig atemlos daherkommt und einzelne Handlungen quasi im Meerwasser versacken. Schade, denn gerade die kleinen, leisen Momente waren irgendwie das entscheidende Salz in der Suppe und für diese ist während dieser atemlosen und voller verschiedener Motivationen steckenden Geschichte nun nur noch wenig Platz. Eine gute Serie bleibt "The Recruit" zwar, nutzt das charmante Potenzial aber weitestgehend nur noch für allerlei Gerenne.
Fazit: Da die Serie aufgrund einer völlig vollgestopften Handlung nur so dahinhetzen muss, um alles unterzukriegen, bleiben die leiseren, charmanten und auch amüsanten Momente oft auf der Strecke. Das macht die Charaktere nicht unsympathischer, aber etwas gefühlsloser. Genügend spannende Szenen und allerlei überraschende Wendungen gibt es dennoch.
Note: 3-
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