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Longlegs

Die junge, mit einem recht beeindruckenden Talent gesegnete FBI-Agentin Lee Harker (Maika Monroe) wird mit einem äußerst skurrillen Fall betraut, der sich nun schon über längere Zeit hinzieht: Familien werden, augenscheinlich von dem Familienvater, ermordet, bevor dieser sich selbst hinrichtet. An jedem Tatort bleibt eine verschlüsselte Nachricht des mysteriösen "Longlegs" zurück, den das FBI somit als den Drahtzieher der Morde ansieht, welcher die Väter dazu zwingt, diese Taten zu begehen. Als Harker den wenigen Spuren nachgeht, stößt sie schon bald auf sehr verstörende Details und kann sogar damit beginnen, die ersten Nachrichten zu entschlüsseln... bis sie eines Abends selbst eine Nachricht von "Longlegs" auf ihrem Schreibtisch findet.

Osgood Perkins, dessen neuester Film "The Monkey" gerade seit einigen Tagen in den Kinos läuft, hat als Regisseur sicherlich ein Auge für einen einnehmenden Stil, welcher dem eines Ari Aster nicht unähnlich ist. Es ist ihm möglich, eine recht unangenehme Stimmung aufzubauen, wobei man förmlich beunruhigt den Hintergrund nach seltsamen Schatten abzusuchen beginnt. Untermalt mit einem atmosphärischen Soundtrack entstehen dabei zu Beginn einige schaurige Szenen, die zwar nicht originell sind, aber einem fein und langsam den Rücken runterkriechen. Allerdings war ich bereits in diesen Momenten ein wenig enttäuscht von dem Film, der laut vieler Kritiker der gruseligste Streifen der letzten Jahre sein soll. Denn rein inszenatorisch kennen wir diese Versatzstücke schon, haben sie in Werken von Ari Aster oder James Wan bereits eindringlicher und unheimlicher zu Gesicht bekommen, weswegen "Longlegs" eher wie eine (wenn auch stilsicher aufgezogene) Kopie daherkommt. Und leider folgt auf diesen Versuch des eindringlichen, schleichenden Grusels nicht mehr viel.
Wir sehen einen Film, der mit seiner Jagd nach einem schier übermächtigen und kaum greifbaren Serienkiller entfernt an "Sieben" erinnert. Hinweise werden gesucht, Zeugen befragt, Tatorte begutachtet. Zwischendrin darf dieser lang nur schemenhaft gezeigte Longlegs, der von einem mal wieder wahnsinnig freidrehenden und in aller Regelmäßigkeit die düstere Atmosphäre völlig zerstörenden Nicolas Cage dargestellt wird, dann auch seine comichafte Fratze präsentieren. Und nach einer völlig diffusen Auflösung, die hinten und vorne reichlich wenig Sinn ergibt und die zuvor lang und breit ausgelegten Spuren und Hinweise sehr krude zusammenordnet, gibt es ein kleines, vorhersehbares und emotional sehr kühles Finale und dann war es das. Es ist schon bezeichnend, was für einen langen Atem "Longlegs" braucht, um seine Geschichte zu erzählen, nur um diese in den letzten zehn Minuten als reichlich unoriginelle Luftblase zu präsentieren.
Immerhin macht Maika Monroe ihre Sache als introvertierte FBI-Beamtin, die selbst mit einem Kind kaum zwei Sätze sprechen kann, ganz ausgezeichnet - ihre Arthouse-Horror-Erfahrungen wie in "It Follows" spielen ihr dabei deutlich in die Karten. Doch auch über ihren Charakter erfährt man letztendlich zu wenig, um wirklich eine Bindung zu ihr aufbauen zu können und der eher bemüht eingefädelte Familien-Background hilft da leider auch nicht viel. Man kann sich also durchaus an einigen atmosphärischen Bildern und Stilmitteln erfreuen, die in der Summe aber wenig mehr ausrichten als eben diesen Stil zu vermitteln. Eine wirkliche Schauerstimmung mag dabei nicht aufkommen, auch da der Film immer wieder seinen Ton in Richtung einer skurillen Terror-Komödie verschiebt, was in dieser Form überhaupt nicht schmecken mag. Auch wenn ich Horrorfilme wie diesen begrüße, die ihren Aufwand lieber in eine greifbare Stimmung als in tausende Schreckeffekte stecken, so sollte plottechnisch doch deutlich mehr drin sein als iese hohe Erwartungserweckung, auf die im Nachhinein nur noch ein großes Nichts voller Logiklöcher folgt. Schade - ich hoffe, dass Perkins mit "The Monkey" eine klarere Linie fahren wird.

Fazit: "Longlegs" mag atmosphärisch dicht inszeniert sein, klaut seine Stilmittel und Kamerafahrten aber auch nur bei den besseren Vorbildern. Aufgrund der völlig zusammenhanglosen Geschichte, der blassen Figuren und eines unpassend besetzten Nicolas Cage kommt hier keine Gruselstimmung auf... bis zu einer völlig diffusen Auflösung, die letztendlich aufzeigt, dass die vorherigen 90 Minuten dramaturgische Zeitverschwendung waren.

Note: 4-



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