Jeder, der einmal für Schule, Job und so weiter und sofort viel zu viel zu tun hatte, der weiß wie gefährlich es ist, gerade zu diesem Zeitpunkt mit einer neuen Serie zu beginnen. In der Gefahr, dass diese gut ist, wird man einfach schnell süchtig, muss dank einem Streaming-Dienst wie Amazon Prime, die alle Folgen aller Staffeln direkt anbieten dann damit leben, eine Folge nach der anderen zu gucken, wobei "wichtigere" Dinge wie Lernen zurückstecken. Mein neues Suchtmittel lautete schon nach der ersten Staffel "Dexter" und dies hat sich mit der zweiten Season nicht geändert...
DEXTER - STAFFEL 2
Nachdem er den berüchtigten Kühllaster-Killer zur Strecke bringen konnte, ist Dexter Morgan (Michael C. Hall) eine kleine Berühmtheit geworden. Noch schlimmer hat es jedoch seine Schwester Debra (Jennifer Carpenter) erwischt, welche mit dem plötzlichen Ruhm angesichts dieses Traumas kaum umgehen kann. Und dann ist da noch Lt. Doakes (Erik King), der immer noch sicher ist, dass Dexter etwas verheimlicht und ihm deswegen ständig auflauert. Die Schlinge zieht sich langsam immer mehr zu für den Serienkiller, worunter auch seine Beziehung zu Rita (Julie Benz) zu leiden beginnt...
"Dexter" hört in Sachen Qualität genau dort auf, wo die zweite Staffel endet. Das bedeutet, dass noch immer ein paar kleine Schönheitsfehler dabei sind, die auf Dauer doch auffallen und bisweilen gar stören, demgegenüber stehen jedoch eine extrem spannende Erzählweise, tiefgründige Charaktere, schwarzer Humor und eine sich über all die Folgen umspannende Geschichte, die an Wendungen nicht gerade arm ist. Wie zuvor begeistert die Serie durch ihren einzigartigen Mix aus atemloser Spannung, vielen Ruhepausen, in welchen sich die zahlreichen Charaktere entfalten können und schnörkelloser Brutalität, die nichts für Zartbesaitete ist. Wohl noch nie konnte irgendein fiktives Produkt einen Serienkiller für die Zuschauer so sympathisch machen, was einfach daran liegt, dass die Autoren ihr Handwerk unfassbar gut verstehen und sowohl die Figur des Dexter Morgan als auch die beachtliche Riege an weiteren Haupt- und Nebendarstellern so großartig inszenieren. Noch mehr als zuvor steht diesmal Dexters Misere im Vordergrund. Fälle, die die Mordkommission nebenbei zu erledigen hat, werden wenn überhaupt zur Nebensache degradiert, denn im Mittelpunkt steht diesmal Dexter ganz persönlich, der immer mehr gegen die Wand gedrückt wird, wodurch sich der Konflikt zwischen ihm und Doakes auf grandiose Weise entlädt. Die Serie bleibt ihren Ursprüngen somit mehr als treu, beschreitet aber auch neue Wege, wird konsequenter und spannt den Zuschauer noch mehr auf die Folter... diesmal beschleicht uns wirklich das ein oder andere Mal das unangenehme Gefühl, dass keiner der beliebten Charaktere mehr sicher ist. Natürlich ist Michael C. Hall hier immer noch das absolute Highlight, diesmal darf er auch eine weitaus unsicherere Seite zum Besten geben, denn sowohl in seiner Vergangenheit und in der Beziehung zu seinem verstorbenen Vater (solide gespielt von James Remar) wird noch einmal ordentlich gestochert als auch in seinen jetzigen Problemen. Dass Dexter hier nicht mehr bloß der clevere Killer und das geniale Genie ist, sondern eben auch mal in Situationen gerät, wo er schlichtweg nicht weiter weiß, macht ihn noch menschlicher und greifbarer, als er ohnehin schon war und Hall spielt diese unvergessliche Figur erneut umwerfend. Der Cast an Nebendarstellern ist ebenfalls gleich geblieben, diesmal bekommen sie alle jedoch noch weitaus mehr Raum zugestanden, allen voran Jennifer Carpenter als Dexters Schwester Debra, die mit einem schweren Trauma aus der ersten Staffel zu kämpfen hat, Julie Benz als Dexters Freundin, Lauren Velez als toughe Mordkommissarin, David Zayas und C.S. Lee als Sidekicks mit dem Herz am rechten Fleck und natürlich Erik King als wunderbar fieser Lt. Doakes. Bereichert wird das Ensemble durch einige Neuzugänge, darunter Keith Carradine, der das Kommando der Mordkommission übernimmt, "Breaking Bad"-Star Jonathan Banks sowie Jaime Murray in einer Rolle, über die hier noch nichts verraten werden soll, die aber zu den bislang interessantesten der Serie gehört. "Dexter" sind noch keine Verschleißerscheinungen anzumerken, bei all dem Lob muss man dennoch anmerken, dass einige Zufälle gegen Ende der Staffel doch etwas zu konstruiert wirken, dass einige Figuren eben doch noch nur mit dem Leben davonkommen, weil sich andere Charaktere manchmal doch ziemlich seltsam und schlichtweg nicht clever verhalten und dass es auch erneut einige winzige, klitzekleine Längen gibt, die jedoch bei der Masse an grandiosen Momenten wirklich nicht weiter stören. Fazit: Staffel 2 mag vielleicht minimal schwächer sein als der Auftakt dieser wunderbar-unterhaltsamen und spannenden Thriller-Serie, dennoch sind Dexters Fälle und Miseren weiterhin so aufregend, so witzig und diesmal vor allem auch emotional tiefgründig und düster, dass es noch immer eine wahre Freude ist. Weiter so!
Note: 2-
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