J. J. Abrams ist der Meister der Geheimniskrämerei. Über den letzten "Star Wars"-Film war trotz vieler Trailer zum Kinostart noch beinahe gar nichts von der Handlung bekannt und auch seinen gehypten Monsterfilm "Cloverfield" entwickelte er vor gut acht Jahren in absoluter Geheimhaltung, sodass alleine die enthauptete Freiheitsstatue im Trailer herhalten musste und die Zuschauer schlichtweg nicht wussten, worauf sie sich einlassen. Ähnlich mystisch kam nun auch der "Bruder im Geiste" dieses Films daher, denn als der erste Trailer zum Jahresbeginn 2016 das Licht der Welt erblickte, wusste noch gar keiner, dass Abrams diesen Film überhaupt gedreht hatte...
10 CLOVERFIELD LANE
Die junge Frau Michelle (Mary Elizabeth Winstead) kommt eines abends mit dem Auto von der Straße ab. Als sie nach dem Unfall erwacht, befindet sie sich angekettet an ein Stahlrohr im Luftschutzbunker eines fremden Mannes namens Howard (John Goodman). Dieser ist überzeugt, dass ein Angriff auf unsere Weltbevölkerung stattgefunden hat und die Luft draußen nun komplett verseucht ist. Michelle traut Howard jedoch keinesfalls über den Weg und versucht, aus dem Bunker zu fliehen: Ein folgenschwerer Fehler...
Um gleich mal mit einigen der Gerüchte aufzuräumen: Nein, mit dem gehypten, aber definitiv überbewerteten "Cloverfield" aus dem Jahr 2008 hat dieser Film, trotz Ähnlichkeiten im Titel, so gut wie gar nichts gemein. Er erzählt eine vollkommen eigenständige Geschichte, in eigenem Stil, mit eigenen Figuren und nimmt höchstens in schnell übersehbaren Details minimale Anspielungen auf den Monster-Actioner. Wer hier nun Unkenrufe starten will, liegt damit nicht ganz so falsch, denn immerhin zerrt man hier Fans eines Films in die Kinos, die gerne noch mehr davon gesehen hätten... es nun allerdings nicht bekommen. Was uns Produzent J. J. Abrams und Regisseur Dan Trachtenberg anstattdessen servieren, ist aber auch gar nicht so übel, bleibt allerdings weit unter den hohen Erwartungen, die der atmosphärische Teaser in uns geweckt hat. Positiv fällt die Atmosphäre auf, welche Trachtenberg sehr gut unter Kontrolle hat. Über einen Großteil des Films benutzt er nur einen Handlungsort und entfesselt dabei ein packendes Kammerspiel zwischen den drei Hauptakteuren, wobei er geschickt einige gute Wendungen verstreut und besonders mit John Goodmans Figur Howard spannend experimentiert. Ob wir ihm nun trauen können ist nie so ganz klar und erst gegen Ende wird dieser Charakter soweit enträtselt, dass wir ungefähr wissen, woran wir bei ihm sind. Zuvor entfaltet sich jedoch ein menschlicher und spannender Schlagabtausch, der immer wieder in schön geschriebenen Dialogen zur Ruhe kommt und der auch die spannenderen Suspense-Sequenzen beherrscht. Ein wenig zu lang ist dieser Hauptteil aber streckenweise auch geraten und auch wenn Trachtenberg gut daran tut, das Tempo immer wieder herauszunehmen, um uns die Charaktere näher zu bringen, so verzettelt er sich ab und an doch in einigen weniger interessanten Subplots. Dennoch bleibt "10 Cloverfield Lane" in dieser Phase durchgehend einigermaßen spannend. Den finalen Akt haben alle Beteiligten dann aber ordentlich vergeigt, denn wenn es dann doch nochmal ordentlich krachen muss und man den Fans des Original-Films eben auch noch das ein oder andere Monster präsentieren muss und zuvor sehr menschliche Charaktere plötzlich schlichtweg übermenschliche Taten in einer teils unfreiwillig komischen und kaum spannenden B-Movie-Szenerie vollbringen, dann ist man schon enttäuscht. Was ruhig und elektrisierend begonnen hat wird in seinem Finale zu einer recht absurden und mainstreamlastigen Angelegenheit, die schlichtweg unbefriedigend endet. Das schauspielerische Trio kann da wenig für, auch wenn Newcomer John Gallagher Jr. als drittes Rad am Wagen hier recht blass und austauschbar bleibt. Dafür vollbringen Mary Elizabeth Winstead als Identifikationsfigur mit brillantem Erfindungsreichtum und besonders John Goodman als undurchsichtiger, leicht durchgeknallter "Herr" des Bunkers aber ganz starke Leistungen. Das etwas wirre Skript können sie dadurch zwar nicht retten, innerhalb einer spannungsreichen und teils auch komisch-berührenden Atmosphäre trumpfen sie jedoch auf. Fazit: "10 Cloverfield Lane" fährt ein teils scharfsinniges und wendungsreiches Kammerspiel auf, welches jedoch auch seine Längen hat und gerät im Finale vollkommen von der Bahn. Der Original-Film war besser, dies ist aber trotz vieler Schönheitsfehler noch immer ganz in Ordnung, auch wenn man aus der Ausgangssituation weit mehr hätte machen können.
Note: 3-
Kommentare
Kommentar veröffentlichen