Im Februar war es endlich soweit. Leonardo DiCaprio durfte seinen ersten Oscar entgegennehmen und viele Fans atmeten erleichtert auf. Viele (auch ich) waren der Meinung, dass der Mann schon viel früher mal eine goldene Statue verdient gehabt hätte, besonders für seine Leistung in dem Scorsese-Biopic "The Wolf of Wall Street". Und auch wenn es schwierig zu entscheiden ist, ob der damalige Gewinner Matthew McConaughey mit seinem AIDS-Drama "Dallas Buyers Club" nicht einfach besser war, kann man nicht umhin gehen zu sagen, dass DiCaprio hier mal wieder eine Mordsperformance aufs Parkett gelegt hat...
THE WOLF OF WALL STREET
In jüngsten Jahren verschlägt es den geldgierigen Jordan Belfort (Leonardo DiCaprio) an die Börse... wenige Jahre später wird er zu einem der reichsten Männer Amerikas und scheffelt an der Wall Street mit seinem Unternehmen Stratton Oakment auf illegale Art und Weise Millionen. Gemeinsam mit seinem Freund und Arbeitskollegen Donnie Azoff (Jonah Hill) verfällt er jedoch auch den Drogen und lässt sich auf eine Affäre mit Naomi Lapaglia (Margot Robbie) ein. Doch sein Leben droht, aus den Fugen zu geraten, als das FBI auf Belfort und seine Aktivitäten aufmerksam wird...
Martin Scorsese ist ein Genie und hat sicherlich einige der intensivsten und besten Filme aller Zeiten auf den Markt gebracht, an "The Wolf of Wall Street" scheiden sich jedoch die Geister. Die einen finden den Film viel zu lang, viel zu dumpf und zu flach, die anderen sehen ein Meisterwerk der Filmkunst mit grandiosen Schauspielern. Die Wahrheit liegt wie so oft irgendwo in der Mitte, denn "The Wolf of Wall Street" ist schlichtweg ein guter, unterhaltsamer und oftmals heftiger Film, der jedoch so einige Schwächen mitbringt. Zum einen ist Scorsese ein wunderbarer Stil gelungen, der sich durch das gesamte, dreistündige Werk zieht. Ein starker Soundtrack mit teils herrlich ironisch gewählten Titeln, ein fantastisches Setting, viel Abwechslung und eine starke Kamera. Dazu stehen die allesamt herausragenden Schauspieler: Leonardo DiCaprio spielt sich hier erneut die Seele aus dem Leib, er beherrscht sowohl die egomanischen als auch die panisch-komödiantischen Züge seiner Figur perfekt und liefert eine intensive, großartige und lustige Leistung, an die man sich noch lange erinnern wird. Auch Jonah Hill bleibt seinem Komödien-Image hier noch treu, perfektioniert sein Timing dabei jedoch so, dass es sogar ebenfalls für eine Oscar-Nominierung reichte. Und an dritter Stelle steht hier die zauberhafte Margot Robbie in ihrer ersten großen Kinorolle, die so verflucht sexy, verführerisch und dennoch kraftvoll daherkommt, dass es eine wahre Freude ist. Und als wäre das nicht genug, hat man die Nebenrollen mit Talenten wie Kyle Chandler, Rob Reiner, Jon Favreau, "Walking Dead"-Star Jon Bernthal, Matthew McConaughey und Oscar-Preisträger Jean Dujardin so prominent und passend besetzt, dass hier jedes Puzzlestück zu passend scheint, bis hin zu den prunkvollen Bildern, der detailverliebten Ausstattung und einigen richtig guten Effekten, die man oftmals eben gar nicht als solche erkennt. Diesen meisterhaften Pluspunkten stehen jedoch auch einige herbe Fehler gegenüber, die ziemlich Scorsese-untypisch sind. So ist "The Wolf of Wall Street" mit seinen drei Stunden Laufzeit deutlich zu lang geraten und zieht sich gerade deshalb, weil er eigentlich innerhalb seiner eben nicht unbedingt neuen Geschichte viel zu wenig zu erzählen hat und dabei bloß eine (starke) Einzelszene an die nächste reiht. Ein richtiger Fluss entsteht dabei nicht und irgendwann hat man sich an den überzogenen, anstrengenden Drogen- und Sex-Eskaspaden Belforts auch sattgesehen, besonders, da diese sich immer wieder wiederholen. Ein wenig mehr Substanz hätte man Scorsese hier sicherlich zugetraut, leider gibt er sich hier mit deutlich weniger als gewohnt zufrieden und lässt seine Geschichte eben nur in einzelnen Momenten, nicht aber als Gesamtwerk funktionieren, was irgendwann für Stagnation und Langeweile sorgt. Dass auch die Figuren viel zu oft nur auf ihre reinen Funktionen (meistens in Sachen derber Humor) runtergebrochen werden, macht "The Wolf of Wall Street" dann irgendwann sogar erschreckend oberflächlich, bis zum vorhersehbaren und in dieser Hinsicht auch nicht neuen Schlussakt. In Sachen Storytelling ist der Film so zwar keine Katastrophe, denn die grandiosen Dia- und Monologe retten einiges, aber es ist dann doch schon ziemlich zäh und auch anstrengend. Fazit: Sehr, sehr langes Comedy-Drama mit vielen erzählerischen Schwächen und Drehern. Dafür trumpfen sämtliche Schauspieler meisterhaft auf und einige Einzelszenen haben das Zeug zum ultimativen Klassiker!
Note: 3
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