Direkt zum Hauptbereich

The Day After Tomorrow

Vor 2004 hatte sich Roland Emmerich eigentlich als sehr patriotischer Regisseur einen Namen gemacht, der in Sci-Fi- und Fantasy-Actionern wie "Independence Day" und "Godzilla" Großstädte dem Erdboden gleichmachte. Dass er nun plötzlich einen Film über die hochaktuelle Thematik des Klimawandels drehen sollte und so ein ernsthaftes, wichtiges Thema anpackte, klang besonders im Rahmen des Krawall-Kinos für Emmerich erst einmal seltsam. Herausgekommen ist dabei aber dann einer der besten Filme des Schwäben...

THE DAY AFTER TOMORROW


Bei Forschungen in der Antarktis entdeckt der Klimatologe Jack Hall (Dennis Quaid), dass die Polkappen zu Schmelzen begonnen haben und warnt vor einem baldigen Klimawandel. Die Regierung nimmt ihn jedoch nicht ernst. Als schreckliche und brutale Wetterkapriolen rund um die Welt auf einmal etliche Opfer fordern und Jacks Sohn Sam (Jake Gyllenhaal) von einer Flutwelle in New York überrascht wird, rechnet der Klimatologe die Informationen noch einmal durch... und kommt zu dem schockierenden Ergebnis, dass der Welt innerhalb der nächsten Tage eine neue Eiszeit bevorsteht.

Na, da hat Herr Emmerich dann doch das Beste aus beiden Welten zusammengezaubert. Für seine Fans (zu denen ich mich auch zähle) hat er einige der intensivsten und spannendsten Actionszenen des Katastrophen-Genres erschaffen, an die man sich noch lange erinnert. Wie Emmerich in der ersten Hälfte des zweistündigen Blockbusters verschiedene Großstädte vernichtet, indem er beispielsweise golfballgroße Hagelkörner auf Tokio herabstürzen lässt oder Los Angeles von vier (!) Tornados verwüsten lässt, das ist ganz großes Kino. Und auch wenn nicht alle Effekte gut gealtert sind, entstehen noch immer Bilder, die staunen lassen und die auch mal, in diesem zumindest im Kern etwas realistischeren Gewands, auch ziemlich erfolgreich Angst machen und schaudern lassen können. Für bare Münze sollte man die wissenschaftlichen Theorien von Jack Hall sicher nicht nehmen, aber immerhin hat Emmerich einige gute Argumente und man kommt zumindest nicht auf die Idee, dass so etwas in einem weitaus größeren Zeitabstand tatsächlich passieren könnte. Abseits des Spektakel-Kinos hat Emmerich aber auch einige überraschend politische und sogar amerika-kritische Botschaften dabei, die manchmal etwas dick aufgetragen sind, aber ihre Wirkung dennoch nicht verfehlen und gerade auch die derzeitige Flüchtlings-Thematik bereits damals passend in Szene setzen. Und dann ist "The Day After Tomorrow" auch noch, neben überraschend konsequenter und passender Tiefe, einfach mordsspannend. Nicht immer zelebriert der Regisseur hier das große Spektakel und zeigt dabei, dass er auch in kleineren Szenen eine unbequeme Enge und Suspense erschaffen kann, wenn einmal nicht vor einer alles vernichtenden Flutwelle, sondern vor der unsichtbaren Kraft des Eises und der Kälte geflüchtet werden muss. Die Schauspieler müssen sich dem natürlich ein wenig unterordnen, denn sie spielen nach all diesen Naturkatastrophen natürlich nur die zweite Geige. Dennoch wissen Dennis Quaid und Jake Gyllenhaal durch ihr zurückhaltendes Spiel zu überzeugen und sogar die unvermeidliche Liebesgeschichte wirkt hier kaum aufgesetzt und passt zum Rest. Noch dazu kommt ein starker Soundtrack, der gerade in den Actionszenen unaufhaltsam wummert und für einiges an Adrenalin sorgt. Über zwei Stunden lang hält Emmerich mit einem beinahe perfekten Gespür für den Wechsel von lauter Action und angenehmen Ruhepausen die Spannung aufrecht und findet logische Konsequenzen für seine Subplots. Dass die Charaktere dabei gerne mal ein wenig klischeebehaftet sind, fällt da kaum ins Gewicht, da ihre untereinander ausgefochtenen Konflikte wenig Raum einnehmen. Roland Emmerich ist hiermit also über seinen großen Schatten gesprungen und hat einen Film für die Krachbumm-Fans gemacht, die ihm seit "Independence Day" folgen, aber eben auch noch mehr. Gezündet hat es: Der Film wurde ein großer Erfolg und überzeugte diesmal auch die grimmigen Kritiker. Fazit: Hochspannender und visuell beeindruckender Katastrophen-Thriller mit tollen Bildern, einem hohen Tempo und überraschend viel Tiefgang. Nach "Independence Day" sicherlich Emmerichs bester Film.

Note: 2+



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid