Direkt zum Hauptbereich

Der Krieg des Charlie Wilson

Im April 2016 starb Arne Elsholtz, unter anderem bekannt als markante, deutsche Synchronstimme von Tom Hanks, Bill Murray und Jeff Goldblum. Schon früh machten sich über eine Krankheit Elsholtz' Gerüchte breit, da in den zehn Jahren vor seinem Tod die Sprecher von Hanks' Rollen wechselten. So wurde er in "Der Krieg des Charlie Wilson" von Joachim Tennstedt synchronisiert, was zukünftig noch öfter der Fall war. Das ist für uns Deutsche natürlich immer eine heikle Angelegenheit, da man sich an gewisse Stimmen eben gewöhnt. Dem soliden Vergnügen dieses Polit-Thrillers tut das aber keinen Abbruch...

DER KRIEG DES CHARLIE WILSON


Charlie Wilson (Tom Hanks) ist texanischer Kongressabgeordneter und hat dementsprechend auch mit Politik was am Hut... auch wenn das erstmal nicht danach aussieht. Wilson umgibt sich lieber mit halbnackten oder auch vollständig nackten Frauen und hat eine Vorliebe zum Alkohol. Schließlich erfährt er jedoch von der prikären Lage in Afghanistan, welches ständig unter dem Beschuss von Helikoptern der Sowjetunion steht und beschließt, einzugreifen. Während eines Besuches in den Flüchtlingslagern von Afghanistan werden ihm eindrücklich die Augen geöffnet und er geht mit aller Macht gegen die kriegerischen Einsätze vor...

Was an "Der Krieg des Charlie Wilson" erst einmal verwundert, ist, wie heiter der Film anmutet. In der ersten halben Stunde darf erstaunlich viel gelacht werden, trotz des an sich doch sehr ernsten Themas, dessen "Konsequenzen" sich bis in unsere heutige Politik ziehen. Und ja, der Film bietet ebenfalls etliche Szenen, bei denen man schwer schlucken muss: Wenn Charlie Wilson und seine Kollegen und Beauftragten beispielsweise ein Flüchtlingscamp und dort mit den schrecklichen Geschichten konfrontiert werden, welche Zivilisten und vor allem Kinder ihnen erzählen, wie sie in dem von erbarmungslosem Krieg heimgesuchten Gebiet leben und leiden müssen, dann dreht sich einem schon mal der Magen um... besonders da man weiß, dass es in zu vielen Gebieten der Erde noch immer genauso zugeht. Hier verfehlt "Der Krieg des Charlie Wilson" seine Wirkung nicht, auch wenn manchmal ein genauerer Blick schön gewesen wäre. Gerade gegen Ende geht doch alles sehr flott und dank der Laufzeit von gerade einmal 100 Minuten werden mehrere Subplots nicht ganz so genau ausgeführt, was etwas schade ist. Da bekommen dann auch die Charaktere nicht genügend Raum, um wirklich erinnerungswürdig zu bleiben. Einzig Tom Hanks und seinem Co-Star Philip Seymour Hoffman als ausgebuffter CIA-Agent, der gerne Bürofenster zerschlägt, können sich angenehm freispielen, der Rest hat da leider weniger zu tun. Amy Adams stand hier noch am Anfang ihrer Karriere und weiß zu gefallen, muss sich allerdings ihrem begrenzten Figurenrahman unterordnen und für die groß beworbene Julia Roberts bleibt an sich gar nicht mal so viel Zeit, da ihr Charakter nach dem ersten Auftreten erst einmal für lange Zeit verschwindet und auch später keinen allzu großen Eindruck hinterlässt. Hanks hingegen beeindruckt einmal mehr mit einer grandiosen Performance, die herrlich zwischen amüsanter Großkotzigkeit und edlem Großmut wechselt: Ein wahrer Antiheld mit echten Ambitionen, wie man ihn einfach nur mögen kann... und das obwohl dieser Charlie Wilson Politiker ist, womit man gerade heute ja auch schon bei der bloßen Berufsbezeichnung einen Hass schüren kann. Und Philip Seymour Hoffman? Nun, der erhielt für seine Darstellung glatt eine Oscar-Nominierung und diese ist verdient: Ohne jemals in eine Karikatur abzudriften sorgt der viel zu früh verstorbene Schauspieler hier für etliche Lacher, ohne dabei die Ernsthaftigkeit seiner Figur in Frage zu stellen. Im Großen und Ganzen ist dieser Polit-Thriller, der zum Teil auch eine amüsante Komödie ist und dabei auch dreckige Wäsche offenlegt, also sehr unterhaltsam geworden, der letzte Funke will aber nicht auffliegen, da man gegen Ende einige Sachen doch zu rasch abgrast und auch die Charaktere ihr Feuer nicht immer entfalten können. Ich habe zwar doch deutlich mehr erwartet von einem Film dieses Kalibers, aber Spaß hatte ich dennoch. Fazit: Teils sehr amüsant, teils heftig und angenehm ehrlich. Der letzte Funke springt nicht über, da die Genauigkeit fehlt, die Schauspieler glänzen jedoch in scharf geschliffenen Dialogen.

Note: 3


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...