Direkt zum Hauptbereich

Erschütternde Wahrheit

Die Karriere von Will Smith ist überraschend schnell in die Brüche gegangen. Vor zehn Jahren war er noch einer der kassenträchtigsten Schauspieler überhaupt, heute reihen sich bei ihm etliche Flops aneinander. Das dürfte daran liegen, dass Smith in den letzten Jahren aber auch viel Schund abgeliefert hat, wie etwa den miesen "After Earth" und durch diese Filme schlichtweg versucht, seinen untalentierten Sohn Jaden aufzubauen. Da lässt Smith sogar die Möglichkeit aus, mit der Fortsetzung von "Independence Day" endlich mal wieder einen Kassenhit zu landen. Dass Smith es aber schauspielerisch noch draufhat, bewies er im Frühjahr mit der wahren Geschichte "Erschütternde Wahrheit"...

ERSCHÜTTERNDE WAHRHEIT


Dr. Bennett Omalu (Will Smith) ist Pathologe und als Einwanderer in Amerika, als er einen großen Fall aufdeckt. Als nämlich eines Tages ein jung verstorbener Foorballspieler auf seinem Tisch liegt, stellt er weitere Nachforschungen an und entdeckt dabei, dass die Einwirkungen der Schläge auf die Köpfe der Spieler eventuell weitreichende, gesundheitliche Folgen haben könnten. Omalu will seine Theorien als Warnung beweisen und dann veröffentlichen, doch die NFL möchte ihm einen Maulkorb anlegen... mit allen Mitteln.

An sich ist das ja schon einmal ein interessantes Thema und man kann dem Film nicht absprechen, dass er nichts daraus macht. Mit einigen netten Wendungen, ohne dabei effekthascherisch zu wirken, kommt "Erschütternde Wahrheit" ganz gut über die Runden und fesselt sogar einigermaßen. Dank recht vielen und durch die Bank weg gut geschriebenen Charakteren, die von fähigen Schauspielern dargestellt werden, entsteht ein gewisser Drive und die schön geschriebenen Dialoge tun ihr Übriges, um für ein recht packendes Thriller-Drama zu sorgen, welches nie seine wahre Begebenheit vergisst und auch nicht überzieht. Das Ensemble macht einen guten Job, Will Smith ist sicher so gut wie lange nicht mehr, auch wenn er nicht an seine Glanzzeiten a la "Das Streben nach Glück" herankommt, aber er gefällt mit viel Präsenz und nuanciertem Spiel. In weiteren Rollen sind jede Menge bekannte Namen zu finden, die teils mehr, teils weniger zu tun haben. Größer fallen die Parts von gestandenen Schauspielern wie Alec Baldwin oder Albert Brooks aus, leider bekommt ein Großteil des Rests, darunter die "Lost"-Stars Adewale Akinnuoye-Agbaje und L. Scott Caldwell, Eddie Marsan, Luke Wilson und der großartige David Morse nur wenig Leinwandzeit ab. Letzterer gilt zwar als Aufhänger der ganzen Geschichte, viel zu tun hat er aber leider dennoch nicht. Bei so vielen Figuren leidet dann auch die potenzielle Liebesgeschichte, die so gar kein Feuer entfachen will. Zwischen Will Smith und Gugu Mbatha-Raw sprühen keinerlei Funken, was auch daran liegen könnte, dass das Drehbuch ihre Lovestory so einfallslos inszeniert und dass es von dem ersten Kennenlernen bis zur Heirat so verdammt flott geht, dass man sich als Zuschauer nie wirklich in diese Liebelei hineinfühlen kann. Auch an anderen Stellen wirkt es, als wäre die Schere unangenehm angesetzt worden, sodass ein seltsamer Mischmasch aus teils viel zu kurz angerissenen Szenarien und teils viel zu lang hinausgezögerten Szenen entsteht, was einige Längen und Storyschwächen verursacht. So wird zum Beispiel auch der Charakter des Dr. Bennett Omalu nie wirklich klar, warum er so ein einsamer Mensch ist, der nichts mit Beziehungen anfangen kann, wieso er sich so sehr in seinen Job stürzt, das wird zwar durch ein paar halbgare Sätzchen nebenbei unterstrichen, bleibt dabei aber auch noch viel mehr Behauptung. Vielleicht sieht Smith aber auch zu gut aus, um einen emotional zurückgebliebenen Junggesellen zu spielen. Spaß macht "Erschütternde Wahrheit" aber dennoch. Dass er bei der diesjährigen Oscarverleihung übergangen wurde, kann man gut verstehen, es ist aber dennoch ein Drama herausgekommen, was immer wieder zwischendurch zu Hochform aufläuft und einige tolle Szenen bereithält. Da herrscht eine klare Ausgeglichenheit zwischen überzeugenden und weniger überzeugenden Elementen, sodass man dem Film, trotz vertaner Chancen, nicht wirklich böse sein kann. Fazit: Zu lang und stellenweise doch arg zusammengeschustert. Dank Will Smith und einigen emotional treffsicheren Szenarien entsteht dennoch ein recht sehenswertes Drama ohne störenden Pathos.

Note: 3



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid