Direkt zum Hauptbereich

Unfriend

Bereits 2015 bekamen wir mit "Unknown User" einen Horrorfilm zu sehen, der sich mit dem aktuellen Thema der Internetsucht auseinandersetzte. Wenn Facebook, Instagram und Co. nicht mehr nur Hobbys, sondern Lebenseinstellungen sind und wenn sogar die moralischen und zwischenmenschlichen Werte durch die Selbstdarstellung im Netz ins Hintertreffen geraten, dann läuft etwas gewaltig falsch. Auch der neue Grusel-Thriller "Unfriend" nimmt sich dieser Thematik an und spinnt drumherum eine kurzweilige Schnitzeljagd...

UNFRIEND


Laura (Alycia Debnam-Carey) ist eine Psychologiestudentin und bei Freunden und Umfeld sehr beliebt. Eines Tages lernt sie mit Marina (Liesl Ahlers) eine neue Kommilitonin kennen, die sich mit der Zeit jedoch als extrem einnehmend und zudringlich entpuppt, nachdem Laura ihre Freundschaftsanfrage auf Facebook beantwortet hat. Als sie die Verbindung wieder beendet, setzt Laura damit eine schreckliche Kette von Ereignissen in Gang: Marina bringt sich offenbar selbst um und scheint sich danach über die Facebook-Profile von Laura und ihren Freunden zu verbreiten, um ihnen das Leben zur Hölle zu machen... oder es sogar zu beenden.

Mit "Unfriend" ist dem deutschen Regisseur Sim Verhoeven ein ziemlich spannender und wendungsreicher Horror-Thriller gelungen der überdurchschnittlich gut unterhält... zumindest für eine gewisse Zeit. Die Thematik ist noch frisch und aktuell (auch wenn man hier keinen komplett neuen Stil wie in "Unknown User" wagt, wo der gesamte Film nur auf dem Desktop eines Laptops verfolgt wurde) und dürfte somit etliche Teenager ansprechen... und ihnen dank gelungener Schockeffekte und einer passenden Auseinandersetzung mit all den sozialen Netzwerken den Spaß am Internet vertreiben. Ohne jemals zu sehr den moralischen Zeigefinger zu heben, zeigt man uns die aktuelle Welt, in der junge Menschen sich selbst und ihr Leben lieber über ihr Smartphone definieren: Wenn die Anzahl der Facebook-Freunde zum Statussymbol wird, dann zeigt man hier eben auch, dass es heutzutage eben nicht so wichtig ist, auf wen man sich wirklich verlassen kann, sondern eher, wie man auf andere nach außen hin wirkt. Allzusehr stürzt sich "Unfriend" aber nicht auf solch interessante Thesen und vergisst dabei dann auch mal, die an sich sympathischen Charaktere mit weiteren Tiefen auszustatten. Zu tumben Klischees verwandeln sie sich zwar nicht, dennoch hätte manch einem von ihnen etwas mehr Background gut gestanden. Einzig Hauptfigur Laura wirkt über die komplette Laufzeit sympathisch und energisch genug, um mit ihr mitzufiebern, wohingegen ihre Freunde durchgehend gut, aber eben auch nicht genauer beschrieben werden. Da gibt es den süßen Sportler, den leicht nerdigen Techniker und die heiße Blondine... das die Figuren aber dennoch nicht zu sehr ins Klischee fallen, ist den durch die Bank weg sehr soliden Schauspielern zu verdanken. Besonders Alycia Debnam-Carey empfiehlt sich durch diese glaubwürdige und einnehmende Performance für mehr Hauptrollen in verschiedenen Genres und zeigt, dass sie durchaus fähig ist, einen solchen Film zu tragen. "Narnia"-Star William Moseley hat es nun auch geschafft und darf in einer größeren Rolle mitwirken... einen großartigen Eindruck hinterlässt er indes aber nicht. Auch in Sachen Horror hat Verhoeven das Projekt gut im Griff: die Schockeffekte sitzen, die Inszenierung ist sauber, manch Horroreffekt angenehm böse. Alles mehr als solide und auch wenn natürlich nicht die heftige Terrorstimmung eines "Conjuring" oder "Insidious" erreicht wird, kann man sich hier trotzdem angenehm gruseln. Leider übertreibt man es dann aber gegen Ende doch ein wenig. Nachdem sich "Unfriend" während der ersten Stunde als überraschend spannend, clever und schaurig zeigt, entgleist die Geschichte später merklich und schafft es dabei bei all dem Erschrecken nicht, die ganzen Geheimnisse und Fragezeichen aufzulösen, sodass die Story an sich doch enttäuschend versandet. Auch einige der Charaktere entwickeln sich später doch arg unglaubwürdig und etliche Türen werden offengelassen. Fazit: Schön inszenierter und spannender Horror-Thriller mit frischen Darstellern und einer sehr interessanten Grundidee. Gegen Ende geht dem Werk dann aber doch merklich die Puste aus.

Note: 3


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid