Direkt zum Hauptbereich

72 Stunden - The Next Three Days

Die Weihnachtszeit naht, draußen wird es merklich kälter und gerade in diesen Wintermonaten möchte man sich am liebsten einfach nur noch daheim in eine Decke kuscheln und sich den ein oder anderen Film ansehen. Das tue ich natürlich auch, aber dennoch bleibt dafür immer weniger Zeit. Etliche Termine, Jobs, Freunde und Hobbys wollen zu ihrem Recht kommen, sodass ich ich wohl in den nächsten Wochen weniger dazu kommen werde, mir bei Amazon Prime so viele Filme anzuschauen. Beim Durchstöbern der Liste der Filme, die bald von dem Portal verschwinden werden, fiel meine Wahl nun auf "The Next Three Days"...

THE NEXT THREE DAYS


Der Schock ist groß als eines Morgens das FBI an die Wohnung der Familie Brennan klopft und Ehefrau und Mutter Lara (Elizabeth Banks) wegen Mordes festnimmt. Die Beweislast ist erdrückend und nach drei zermürbenden Jahren steht die endgültige Verurteilung fest: Lara wird schuldig gesprochen und soll noch über zwanzig Jahre im Gefängnis verbringen. Ihr Ehemann John (Russell Crowe) möchte dies nicht wahrhaben. Er glaubt an die Unschuld seiner Frau und versucht über Berufungen und das Finden von neuen Beweisen alles, um sie aus dem Gefängnis zu holen. Als alle seine Versuche scheitern, muss er zu der letzten Möglichkeit greifen: Er muss seiner Frau helfen, aus dem Gefängnis auszubrechen...

Wie bereits in der kurzen Zusammenfassung der Grundhandlung zu lesen handelt es sich hierbei nicht um einen Film a la "96 Hours", in dem wirklich jede Minute zählt. Zu einem solchen Film wird der Thriller erst weit nach der Überschreitung der Halbzeit und auch die titelgebenden drei Tage bekommen dann ihre wirkliche Bedeutung, wenn man atemlos und ständig verfolgt durch U-Bahn-Stationen und Flughäfen hetzt.
Zuvor werden die Leute, die nach dem Trailer in Erwartung eines actionlastigen Thrillers ihre Wahl auf diesen Film gesetzt haben, erst einmal in die Röhre schauen, denn "72 Stunden" wird ganz und gar auf seinen Hauptcharakter und dessen missliche Lage zugeschnitten. In vielen, sich teils wiederholenden, aber immerhin recht intensiven Szenarien wird bebildert, wie John Brennan immer wieder versucht, mit illegalen Methoden seine Frau aus der Misere zu befreien, in welcher sie sich befindet. Viele Fehlschläge muss er hinnehmen, etliche Hindernisse überwinden und wie er diese langsam, aber sicher meistert und dabei auch noch sein privates Leben mit Eltern und kleinem Kind auf die Reihe kriegt, das ist weder actionlastig noch in sonderlich aufregend.
Obwohl Regisseur Paul Haggis ein Gespür dafür zu haben scheint, wie er seine Hauptfiguren zu positionieren hat, so hat er nur wenig Redundantes zu erzählen. Haggis verliert sich in Klischees und deutlichen Längen und die zwischendurch eingestreuten Spannungsspitzen (Stichwort Liftschlüssel) lassen erahnen, wie gut dieser Film eigentlich hätte werden können. So holpert "The Next Three Days" eher von einem Dilemma zum anderen, ohne wirklich voranzukommen und vergisst dabei auch, seine Charaktere interessanter zu gestalten. Da werden Familienprobleme ausgepackt und auch ein neuer Flirt ist willkommen, das magere Drehbuch macht aus solch vielversprechenden Subplots aber viel zu wenig und stürzt sich zwangsmäßig (da das Publikum dies ja noch sehen muss) in nett inszenierte, aber nur selten wirklich spannende Verfolgungsjagden, mit denen das letzte Drittel gefüllt wird. Das ist sicherlich alles routiniert und weiß auch streckenweise zu unterhalten, man hat Ähnliches aber eben auch schon oft besser gesehen, weswegen dieser Thriller aus der Masse keineswegs herausstechen kann.
Auch an erinnerungswürdigen Figuren fehlt es dem Film: Einzig Russell Crowe überzeugt wieder mit einer gewohnt großartigen, nuancierten Performance und versteht es, als Familienvater, der eben kein Held, sondern nur ein Normalo ist, aber dennoch schlichtweg unmögliche Hindernisse überwinden muss, mitzureißen. Für die weibliche Belegschaft, hier bestehend aus Elizabeth Banks und Olivia Wilde, bleibt da nur sehr wenig zu tun und auch der damals noch weitaus jüngere Ty Simpkins, der mittlerweile durch Blockbuster wie "Iron Man 3", "Insidious" und "Jurassic World" zu Ruhm gelangt ist, sowie "The Walking Dead"-Star Lennie James können aus ihren viel zu eindimensionalen und funktional angelegten Rollen nur wenig herausholen.
Fazit: Hübsch inszeniert, streckenweise spannend und gar nicht mal uninteressant. Das schwache Drehbuch macht aus der Idee jedoch zu wenig und bedient nur Klischees, weswegen es nur für einen mäßigen Thriller von der Stange reicht.

Note: 4+




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se