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American Gangster

Es gibt nur wenige Schauspieler, die tatsächlich beide Seiten der Medaille füllen können. Ein Tom Hanks beispielsweise bleibt seit Jahren fast durchgehend auf die Rolle des sympathischen Gutmenschen festgelegt, während andere Schauspieler wie Mark Strong beinahe immer einen Bösewicht geben müssen. Einer der wenigen, die beides phänomenal gut können ist Denzel Washington, denn dieser überzeugte bereits mehrfach als sympathischer Einzelkämpfer oder auch als eiskalter Antagonist, wie in Ridley Scotts "American Gangster"...

AMERICAN GANGSTER


Im Jahr 1968 steigt der Afroamerikaner Frank Lucas (Denzel Washinton) als Gangsterboss in Harlem auf, der sich besonders auf den Schmuggel illegaler Drogen versteht, sich dabei neue Freunde, aber auch viele Feinde macht. Lucas genießt seinen alleinigen Thron, während die Polizei von Harlem auf der Jagd nach dem neuen Machthaber ist. Angeführt von Detective Richie Roberts (Russell Crowe) gerät das Team langsam aber sicher immer weiter in Lucas' Nähe, doch Beweise fehlen über lange Zeit. Zudem befindet sich Roberts auch noch in einem komplizierten Rechtsstreit mit seiner Ex-Frau Laurie (Carla Gugino), was ihn zusätzlich belastet...

Ridley Scott hat bereits einige grandiose Meisterwerke erschaffen. Filme wie "Alien", "Gladiator" und der mir zwar nicht gelegene, aber in der Filmgeschichte fest verwurzelte "Blade Runner" sind unumstrittene Klassiker, an deren Qualität Scott bislang nicht wieder anknüpfen konnte. Mit Ausnahme des grausamen "The Counselor" und des ziemlich schwachen "Königreich der Himmel" hat er zwar keine schlechten Filme abgeliefert, sich aber doch immer wieder im Mittelmaß wiedergefunden, was auch bei "American Gangster" aus dem Jahr 2007 der Fall war. 
Dabei hatte der Film eigentlich alles, was ein Werk dieser Art braucht: Eine interessante Geschichte, die sogar auf einer wahren Begebenheit beruht, ein cleverer Mix aus Drama, Thriller und Action sowie zwei grandiose Top-Stars in den Hauptrollen, die in ihren Rollen auf verschiedenen Seiten des Gesetzes spielen. Und das funktioniert soweit auch alles gut, inszenatorisch gleitet Scott das Projekt niemals aus der Hand, der Detailreichtum ist enorm und er erschafft grandiose, wirkungsvolle Bilder des Harlem der 60er und 70er Jahre, sowohl in den dialoglastigen Sequenzen als auch in den seltenen, dafür aber sehr intensiven Actionszenen. 
Auch schauspielerisch ist "American Gangster" eine Klasse für sich, liefert etliche bekannte Namen wie Josh Brolin, Chiwetel Eijofor, Carla Gugino, Idris Elba und "Lost"-Star John Hawkes... die Stars des Films sind aber selbstverständlich Russell Crowe und Denzel Washington. Auf ein direktes Schauspieler-Duell muss aber leider verzichtet werden, da die Szenen, in denen sich beide gegenübersitzen dürfen, sehr rar ausfallen, dafür zählen sie aber sicherlich zu den intensivsten Momenten des ganzen Werkes. Für sich genommen sind die Leistungen von Crowe und Washington natürlich ebenfalls meisterhaft: Washington als zwar eiskalter, aber dennoch enorm charmanter Gangster ist jede Minute wert und Crowe dabei zuzusehen, wie er seinem Charakter immer neue, interessante Facetten abgewinnt, ist ein großes Vergnügen. 
Leider gelingt Scott darüber hinaus kein wirklich guter Film. Vielleicht war er zu engagiert und zu verliebt in seine Details, aber es lässt sich nicht schönreden, dass seine Geschichte schon früh ziemlich zerfasert. Durch etliche Nebenhandlungen kommt die Hauptgeschichte (Lucas vs Roberts) nie so richtig in Schwung, es gibt einige Längen und durch die enorme Anzahl an Charakteren bekommen die meisten viel zu wenig Zeit, um langfristig in Erinnerung zu bleiben. Noch dazu erzählt die Story von einem aufgestiegenen Drogenboss, den die Polizei zu Fall bringen möchte, rein gar nichts Neues, da bringt es auch wenig, dass all dies auf wahren Begebenheiten beruht... der Kinofan ist eben geneigt, solcherlei Storys doch schon zu genüge zu kennen. Erst im letzten, hochspannenden Viertel läuft "American Gangster" wirklich rund, zuvor muss man sich durch ein teilweise doch recht langatmiges und seltsam zerfleddertes Biopic eines Gangsters schleppen, dessen Ziel unklar ist und der sich weitaus mehr mit seinen zu mager charakterisierten Figuren als mit einer alles zusammenhaltenden Handlung beschäftigt. 
Fazit: Toll inszenierter und grandios gespielter Gangster-Thriller, dessen Geschichte aber lange Zeit ziellos dahinplätschert und durch zu viele Subplots zerfasert wirkt. Kein schlechter Film, aber auch sicher kein Meisterwerk in der Biographie von Ridley Scott.

Note: 3-





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