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About a Boy oder: Der Tag der toten Ente

Manche Filme gewinnen erst mit fortschreitendem Alter des Konsumenten an Qualität. Als ich die Komödie "About a Boy" im Alter von zehn Jahren im Kino sah (angefixt durch die urkomische Entenfütterungsszene mit morbidem Ausgang) habe ich mich natürlich gelangweilt, da ich mit den teils doch recht einschneidenden und dialoglastigen Themen des Films nichts anfangen konnte. Nun, mit vierundzwanzig Jahren, sah ich den Film erneut und natürlich hat er mir deutlich besser gefallen, auch wenn noch ein wenig Luft nach oben da gewesen wäre...

ABOUT A BOY


Will Freeman (Hugh Grant) ist ein egomanischer Einzelgänger. Er lebt von den Tantiemen eines erfolgreichen Songs seines Onkels, arbeitet nicht und hatte noch keine Beziehung, die länger als wenige Monate andauert... und Will fühlt sich wohl in diesem ziellosen Leben ohne jegliche Verantwortung. Als jedoch eines Tages der zwölfjährige Marcus (Nicholas Hoult) in sein Leben tritt, ändert sich alles. Marcus sucht dringend eine Bezugsperson, welche seine depressive, alleinerziehende Mutter Fiona (Toni Collette) nicht mehr sein kann und sucht sich dabei den über mehrere Ecken kennengelernten Will aus. Dem passt aber eigentlich überhaupt nicht...

"About a Boy" beruht auf dem erfolgreichen Roman von Nick Hornby, welcher bereits das dritte Werk des Autors ist, welches fürs Kino verfilmt wurde. Der Erfolg fiel nicht klein aus, was fast schon ein wenig verwundert, denn einfach zu vermarkten war der Film eigentlich nicht, handelt es sich doch nicht um eine typische, romantische Komödie. Laut gelacht wird hier kaum, der Humor wird doch recht spitzzüngig und leise vorgetragen, was ihm aber keinerlei Wirkung nimmt. Wir lachen und lächeln eher mit den durchgehend sympathischen, meistens vom Leben gebeutelten Figuren, von Slapstick fehlt hier jede Spur. Der Film lebt von zurückhaltendem Wortwitz und von der sympathischen Grundkonstellation der Charaktere, von der ohnehin etwas eigenartigen Grundsituation und den daraus entstehenden Ereignissen. Das ist dabei nicht einmal immer wirklich vorhersehbar und auch wenn man sich ein weniger kitschiges Ende gewünscht hätte, bei welchem sich eben nicht alle schlussendlich in die Arme fallen, so tappt man in solcherlei Klischee-Fallen zuvor so gut wie nie. 
Dafür ist die Hauptfigur aber auch gar nicht der Typ, denn Will Freeman ist eigentlich ein ziemlicher Egomane. Dass er das Herz zwar doch irgendwie am rechten Fleck hat, wird zwar schon früh klar, aber ansonsten zieht das Leben irgendwie an ihm vorbei und es stört ihn noch nicht einmal. Er will seinen Tag bloß vorm Fernseher, beim Friseur oder in der Badewanne verbringen, ist somit also sicherlich kein wandelndes Klischee. Dass er dann auch noch ein recht erfolgreicher Frauenaufreißer ist, macht es perfekt, dieser Typ ist nicht wie alle anderen. Es ist Hugh Grant zu verdanken, dass Will Freeman dennoch funktioniert, denn er verleiht der Figur eine durchgehend glaubhafte Erdung und schafft es auch, die unvermeidliche Wandlung vom egoistischen Einzelgänger hin zum gutherzigen Familienmensch überzeugend darzustellen. 
Ebenso stark agiert der damals noch sehr junge Nicholas Hoult, heute aus Blockbustern wie den neuen "X-Men"-Filmen oder "Mad Max: Fury Road" bekannt, der seinem Marcus eine wahnsinnig natürliche Ausstrahlung gibt und auch in Sachen leiser Comedy ein starkes Timing an den Tag legt. Toni Collette spielt die gebeutelte Mutter und das ebenfalls wieder mit angenehm nuanciertem Spiel, einzig Rachel Weisz steckt deutlich zurück, was aber eher die Schuld des Drehbuchs als die Schuld der Schauspielerin ist, denn ihr Charakter wird erst spät eingeführt und im Anschluss daran auch sehr oberflächlich behandelt. Aus ihrer Figur hätte man noch deutlich mehr herausholen können, leider verzettelt man sich dabei ein wenig. Das merkt man dem letzten Filmdrittel generell an, denn da beginnt "About a Boy" ein wenig die Luft auszugehen. Wenn sich Freeman langsam zum Gutmenschen mausert, werden die Lacher weniger, das Skript wird weniger sarkastisch und alles wird ein wenig zu nett. Hier hätte man ruhig noch ein wenig mutiger vorgehen können.
Fazit: Sympathische Komödie mit einer tollen Besetzung. Der Film lebt besonders von seinem zurückhaltenden, ehrlichen Humor und den lebensechten Figuren. Nur gegen Ende geht dem Werk dann deutlich die Puste aus.

Note: 3+





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