Direkt zum Hauptbereich

Rapunzel - Neu verföhnt

"Rapunzel" ist der 50. abendfüllende Film der Disney-Studios und dafür wollte man sich etwas wirklich Besonderes einfallen lassen und das klassische Muster der Zeichentrick-Ära, welches die ganze Welt so sehr liebt, in das Animations-Genre hinüberretten. Was ein Jahr zuvor mit "Bolt" noch nicht gelingen wollte, funktionierte hier nun hervorragend: Disney hat mit der Neuinterpretation des berühmten Märchens ein Meisterwerk erschaffen, welches Fans der Mausstudios anderthalb Stunden lang in pure Verzückung versetzen wird.

RAPUNZEL


Seit achtzehn Jahren lebt die junge Rapunzel in einem Turm, von ihrer Mutter Gothel von der Außenwelt abgeschottet. Rapunzels langes, blondes Haar hat die Kraft, kranke und verletzte Menschen zu heilen und Gothel, welche das Kind im Säuglingsalter von ihren Eltern, dem Königspaar, fortnahm, nutzt seither diese Magie, um sich selbst ein langes Leben zu ermöglichen. Doch eines Tages will Rapunzel den Turm verlassen und die Welt sehen. Ein Wunsch, der ihr ermöglicht wird, als der junge Dieb Flynn Rider in ihr Leben tritt...

Gut, sagen wirs mal so. Eigentlich ist Disney mit "Rapunzel" gar nicht so viele Experimente eingegangen. Erneut hat man sich ein bekanntes Märchen zur Vorlage genommen und daraus eine völlig neue Geschichte mit etlichen kreativen Freiheiten gestrickt, die im altbekannten Disney-Charme blitzt. Es gibt wieder eine Liebesgeschichte, eine neue Disney-Prinzessin, schmissige und romantische Gesangseinlagen, tierische Sidekicks und tolle Actionszenen mit ordentlichem Tempo. Diese Formel, die bereits beim allerersten Disney-Werk "Schneewittchen und die sieben Zwerge" angewendet wurde, hat sich bis heute gehalten. 
Den Mausstudios könnte man dabei natürlich mangelnde Kreativität vorwerfen, aber das soll so nicht stimmen, denn man hat sich hier absichtlich an die klassischen Konventionen gehalten, um den alten Charme der Zeichentrickklassiker im neuen, tricktechnisch einwandfreien Animationsgewand wieder aufleben zu lassen und dies hat einfach unglaublich gut funktioniert. Neben dieser altbekannten Formel hat man die neuen Ideen dann eher für Einzelszenen angewendet, für kleine Einfälle am Rande, die wunderbar lustig oder auch mal herzlich sind. 
Natürlich ist es kitschig, wenn Rapunzel und Flynn mit einem Boot auf den See fahren und des Nachts hunderte Laternen um sie herum aufsteigen... in Verbindung mit der gesamten Geschichte, des grandiosen Soundtracks und der täuschend echten Animationen hat diese Szene jedoch so viel Gänsehaut-Feeling, dass es vollkommen egal ist, dass das Rad hier nicht neu erfunden wird. Das muss es auch gar nicht, denn Herz und Charme sollten bei jeglicher Produktion, ganz gleich ob Disney oder nicht, an erster Stelle stehen und man merkt es Filmen eben an, ob sie diese beiden Attribute in sich vereinen. "Rapunzel" ist, trotz einiger kleiner Hänger im Mittelteil, von der ersten bis zur letzten Minute ein solches Werk, dem man die emotionale Tiefe und den Spaß anmerkt, den die Macher damit verbreiten wollen. 
Ungezwungen, ideenreich und herrlich witzig, oftmals von ungeahnter emotionaler Bandbreite und mit hohem Tempo fasziniert der Film und Groß und Klein, was mehrere Gründe hat. Da wäre zum einen das sympathische Hauptfiguren-Duo, welches sowohl für Mädels als auch für Jungs genügend Identifikationspotenzial bietet. Ihnen gegenüber wird eine herrlich böse Antagonistin, ebenfalls in Disney-Tradition, gestellt, bei welcher es wirklich Spaß macht, sie zu hassen. Und auch die Sidekicks in Form eines stummen Chamäleons und eines ebenso stummen Palastpferdes sind schlichtweg zum Brüllen komisch und sorgen für einen Großteil der funktionierenden Gags. 
Auflockernde Gesangseinlagen und eine Menge der sogenannten "Magic Moments" (ihr wisst schon, die Momente, in denen man da sitzt und denkt: "Das ist wahre Magie") runden einen Film ab, den ich mehr als nur genossen habe. Wer mit der alten Disney-Formel nichts anfangen kann, der wird auch mit "Rapunzel" nicht bekehrt werden, wer jedoch mit Meisterwerken wie "Der König der Löwen" oder "Die Schöne und das Biest" aufgewachsen ist und diese auch heute noch gerne sieht, der bekommt hier einen der besten Disney-Streifen in modernem Gewand und mit alten, herzlichen Traditionen.
Fazit: Grandioses Disney-Märchen mit alter Formel in neuem Gewand: Herzlich, tiefgründig, witzig und flott. Neben den sympathischen Figuren und der wunderbar erzählten Liebesgeschichte sind die meisterhaften Animationen ein echter Hingucker.

Note: 2+



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se