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The Tree of Life

Manch ein "Filmkenner" sagt, dass man sich als Filmfan, der einiges von der Materie versteht, nicht mehr berieseln lassen soll, dass Blockbuster, die besonders mit ihren visuellen Effekten protzen, im Grunde allesamt in die Tonne gehören. Dies sehe ich kritisch, da kunstvolle Filme auch neben unterhaltsamen Blockbustern existieren können und sollten. Ich lasse mich ebenso gerne von komplexen Werken a la Stanley Kubrick fesseln wie ich den "Transformers" bei ihren ausufernden Materialschlachten zusehe. Wieso sich immer nur für eine Seite entscheiden müssen? "The Tree of Life" steht klar auf einer Seite und lässt dabei dann leider auch nur sehr schwer einen Zugang finden...

THE TREE OF LIFE


Jack O'Brien (Hunter McCracken) wächst in den 50er Jahren mit seinen zwei Brüdern bei seinem Vater (Brad Pitt) und seiner Mutter (Jessica Chastain) auf. Mit seinem Vater gerät Jack dabei immer wieder aneinander, da dieser enorm strenge Erziehungsmethoden an den Tag legt und seinen Söhnen kaum mit gefühlvoller Nähe gegenübertritt. Jack fühlt sich von ihm ungeliebt und kann nicht mit ihm umgehen. Während sie gemeinsam aufwachsen, lernen er und seine beiden Brüder immer neue Dinge über das Leben und wie man es leben muss...

Terrence Malick dreht nie einfache Filme, mit dem 2011 erschienenen und beim Filmfestival von Cannes bejubelten "The Tree of Life" hat er sich diesmal dennoch ganz neue Vorsätze genommen. Er wollte nicht weniger thematisieren als den Ursprung allen Lebens, die Bedeutung von Leben und Tod wie für in dieser Welt stehen, was überhaupt noch Bedeutung hat. Das ist schon ziemlich schwerer Stoff und man durfte schon zweifeln, ob Malick diesem gewachsen sein würde. Nein, ist er nicht ganz und das hat ganz unterschiedliche Gründe. Ob man "The Tree of Life" nun mag oder gar verabscheut (was leicht möglich ist), das hängt davon ab, wie man diesen Film betrachtet und wie viel Bedeutung man ihm beimisst. 
Ich persönlich war nach der ersten halben Stunde, wenn Malick sich in Kubrick-Gefilde begibt und ähnlich wie im Finale von "2001 - Odyssee im Weltraum" den Ursprung allen Lebens thematisiert, kurz davor, einfach auszuschalten und mir anstattdessen doch noch irgendeinen generischen Action-Thriller anzusehen. Die beinahe komplett dialogfreie erste Hälfte hat mich wohl irgendwie überfordert und auch wenn ich ahnte, was Malick damit sagen möchte, so kam ich dennoch nicht rein in einen Film, der kaum eine Handlung aufweist, sondern sich nur über Momentaufnahmen definiert. Hat man die erste halbe Stunde jedoch überstanden, dann kann man, nach all der Verwirrung und den wirren Sprüngen durch Zeit und Raum, doch noch so etwas wie einen roten Faden erkennen. Ab diesem Zeitpunkt widmet man sich nämlich der O'Brien-Familie und ihren schwierigen, zwischenmenschlichen Problemen. Hier erweist sich Terrence Malick als ein inszenatorisches Genie, der Bilder einer Kindheit grandios auf den Bildschirm bringt und uns dabei durchgehend das Gefühl wiedergibt, was es heißt, Kind zu sein. Die Neugier, das Entdecken der Welt um uns herum, das Abenteuer, das Spielen, das Verhältnis zu Mutter und Vater. Malick kommt hier fast komplett ohne Dialog aus, lässt Bilder und Musik für sich sprechen und schafft es somit auch, den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. 
Immer wieder lässt er herbe Schnitte sprechen, er wirft neue Bilder ein, die keinen Sinn ergeben, dies aber auch nicht müssen, wohl weil Malick hier persönliche Ereignisse verarbeitet und die Bilder so schnitt, wie er es für richtig hielt. Das muss man nicht verstehen, aber intensiv ist es sicherlich, auch dank einer hervorragenden Kameraarbeit, die unglaubliche Bilder erschafft, die so schön und berührend sind, dass man sie sicherlich nicht mehr vergessen wird. Eine Geschichte erzählt "The Tree of Life" dennoch nicht und da wird es dann im letzten Drittel, trotz optischer Brillanz, grandiosen Kinderdarstellern und den ebenso fabelhaften Brad Pitt und Jessica Chastain (Sean Penn klammern wir hier, obwohl er in der Besetzungsliste an zweiter Stelle steht, besser aus, denn seine Rolle ist ebenso klein wie im Grunde unnötig) doch etwas zäh. 
Wenn Malick sich immer wieder in den Konflikten zwischen Vater und Sohn verliert, lange Kamerafahrten wagt, Blicke sprechen lässt, dann hat das in Einzelszenen durchaus Wirkung, verliert jedoch auf Dauer, da Geschichte und Charaktere eben doch nur eine untergeordnete Rolle spielen sollen, an Fahrt, sodass ich schließlich doch das Interesse verloren und während dem hoffnungslos verkitschten Ende, in welchem ich weder Sinn noch Verstand gesehen habe, nur noch auf den Abspann gewartet habe. Irgendwann wird es eben doch zu deutlich, dass der Regisseur seine vielen, gewichtigen Themen nicht mehr zu einem stimmigen Ganzen verweben kann, wobei Religion, Lebensgeschichte und Evolution nebeneinander herlaufen, anstatt sich gegenseitig zu unterstützen.
Fazit: Faszinierende Bilder beißen sich mit Längen und einigen inszenatorischen Schwächen. Malick hat sich bei diesem gigantischen Thema sichtbar übernommen, ein fazinierender Film mit wunderbaren Momentaufnahmen ist dennoch herausgekommen.

Note: 3-


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