Es ist erschreckend zu sehen, wie viele Nachwuchsdarsteller, die schon sehr früh zu Weltrum gelangen, an der plötzlichen, enormen Berühmtheit zerbrechen, sich in Drogen, Alkohol, manchmal gar in den Selbstmord flüchten. Über Macaulay Culkin, Haley Joel Osment und viele andere reichen diese Beispiele, dass von Brad Renfro ist jedoch besonders tragisch. Der Mitte der 90er durch Filme wie "Der Klient" und "Sleepers" bekannt gewordene Jungschauspieler wurde noch vor seinem achtzehnten Lebensjahr drogenabhängig und starb im Jahr 2008 an einer Überdosis. Traurig wenn man bedenkt, wie talentiert er war...
SLEEPERS
Im Jahr 1966 werden die vier Freunde Lorenzo (Joseph Perrino), Michael (Brad Renfro), Johnny (Geoffrey Wigdor) und Tommy (Jonathan Tucker) nach einem schiefgegangenen Streich, welcher einen Mann schwer verletzt, in ein Heim für schwer erziehbare Jugendliche eingewiesen. Dort sehen sie sich den schrecklichen Folterungen und Missbräuchen verschiedener Wächter ausgesetzt. Fünfzehn Jahre später müssen die vier nun erwachsenen Männer noch immer mit dem leben, was sie damals erlebt haben und dies bringt zwei von ihnen zu einer grausamen Tat. Eine Tat, die noch sehr weite Kreise nach sich ziehen soll...
Mit "Sleepers" ist dem versierten Regisseur Barry Levinson ein spannender und bewegender Thriller gelungen, der beinahe über seine gesamte Laufzeit von zweieinhalb Stunden zu packen weiß. Der Film lässt sich in zwei verschiedene Teile aufteilen, die auch in Sachen Genre unterschiedlich funktionieren. Im ersten Teil erleben wir Lorenzo (von allen nur "Shakes" genannt und hier als Erzähler fungierend), Michael, Johnny und Tommy als Kinder, tauchen in ihre ungezwungene Welt ein und werden Zeuge, wie diese von erwachsenen Männern zerstört wird, erleben Gewalt und psychische Drangsalierung. Im zweiten Teil sind die vier Hauptfiguren bereits erwachsen: Der Film macht einen plötzlichen Zeitsprung ins Jahr 1981 und nimmt durch eine sehr clevere Handlungswendung urplötzlich einen vollkommen anderen Verlauf, welche "Sleepers" schließlich irgendwo in den Genres Drama und Justiz-Thriller verstauen lässt.
Dennoch lebt der Film dabei weniger von seinen überraschenden Wendungen als viel mehr von den Figuren und der mutigen Handlung, die sich auch unangenehme Details zutraut. Später wird diese Sorgfalt leider ein wenig über Bord geworfen, denn wenn sich der Film in seinem letzten Drittel immer höherschraubt und ein Herzschlag-Finale bieten möchte, dann bleibt der eindringliche Realismus ein wenig auf der Strecke. Natürlich ist das alles noch immer sehr clever inszeniert, ab und zu spannt den Bogen angesichts der Logik dann aber doch etwas zu weit. Noch dazu spielen in der zweiten Hälfte, wenn der Film versucht, den Bogen der beiden Teile zu finden, ein paar Längen mit ein und "Sleepers" braucht eine Weile, bis er nach der hochintensiven ersten Hälfte wieder richtig in Form kommt... so gut und packend wie während der ersten Stunde wird es aber auch nicht mehr.
Das ist nun aber Jammern auf hohem Niveau, denn eigentlich kann man dem Film nur vorwerfen, dass er seine meisterhafte Intensität später eben nicht mehr so ganz aufrechterhalten kann und somit nur noch "sehr gut" ist, unterhalten tut er dennoch weiterhin fantastisch, was an den hervorragenden Dialogen, der spannenden Ausgangssituation und den vielschichtigen Charakteren liegt. Da man sich zu Beginn doch sehr viel Zeit nimmt, um die Jugendlichen und ihr Umfeld vorzustellen, fühlen wir auch später noch mit ihnen mit, wir verstehen sie und sympathisieren auf seltsame Art und Weise mit ihnen, was den Film somit auch emotional einiges an Kraft verleiht.
Ein weiteres Herzstück ist das Casting des Filmes, welches mit vielen Stars in teilweise kleinen Rollen aufwartet. Neben einem grandiosen Robert De Niro, einem wahnsinnig fiesen Kevin Bacon und einem elektrisierenden Dustin Hoffman stechen die Kinderdarsteller aber ebenfalls heraus, die enorm natürlich und packend zu spielen wissen. Als Erwachsene werden sie dabei von heutigen Stars wie Brad Pitt und Billy Crudup verkörpert, die ihren Kollegen erwartungsgemäß ebenfalls in nichts nachstehen und mit tollem Schauspiel zu fesseln wissen. Besomders erwähnenswert ist auch die musikalische Untermalung von John Williams, die bewegend und eindringlich komponiert ist und dem Altmeister dafür eine seiner vielen Oscarnominierungen einbrachte.
Fazit: Intensiver Mix aus Drama und Thriller mit einer spannenden Handlung, die später ein wenig an Fahrt verliert. Die Schauspieler bringen durch die Bank weg phänomenale Leistungen und auch das Skript kann, trotz mancher Übertreibung, überzeugen.
Note: 2-
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