Manche Filme treffen nicht unbedingt die Sehgewohnheiten der Masse, weswegen sie von den zentralen Kinos entweder gar nicht ins Programm aufgenommen werden (das betraf dieses Jahr zum Beispiel "Jackie") oder eben nur zu nächtlichen Zeiten laufen. Letzteres war der Grund, weswegen ich den mehrfach oscarnominierten "Hacksaw Ridge" in den Kinos leider verpasste, obwohl er auf meiner "Heiß erwartet"-Liste für das Jahr 2017 sehr weit oben stand. Nun konnte ich den Kriegsfilm von Mel Gibson im Heimkino nachholen und ärgere mich noch mehr, dass ich dieses meisterhafte Drama nicht auf der großen Leinwand sehen konnte...
HACKSAW RIDGE
Während der Zweite Weltkrieg unerbittlich tobt, verpflichtet sich der junge Desmond Doss (Andrew Garfield) für die Army. Allerdings gerät er dort schon früh in Konflikte mit seinen Vorgesetzten, da er sich während der Ausbildung weigert, eine Waffe zu benutzen. Sein Glaube verbietet ihm, andere Menschen zu töten, weswegen er sich entschließt, als Sanitäter aufs Schlachtfeld zu ziehen, um seine verletzten Kameraden zu retten. Dabei wird er während der Schlacht um Okinawa zum Helden seiner ganzen Truppe und bemüht sich, seinen eingekreisten Mitstreitern zu helfen, auch unter Einsatz seines eigenen Lebens...
Es ist in der Tat schon eine unglaubliche Geschichte, die uns hier erzählt wird, dennoch gilt sie bis heute als unbestritten wahr, wie auch die Erzählungen der echten Persönlichkeiten vor dem Abspann beweisen, während welchen Überlebende der Schlacht noch einmal erzählen, was Desmond Doss tat und wie die Schlacht von Okinawa wirklich ablief. Regisseur Mel Gibson inszeniert diese Geschichte als enorm intensives, brutales und bewegendes Kriegsdrama, welches einem das Blut in den Adern gefrieren lässt und uns mit den einzelnen Szenen auf dem Schlachtfeld die wohl grausamsten und markerschütterndsten Momente bietet, die das Genre seit Steven Spielbergs Meisterwerk "Der Soldat James Ryan" im Jahr 1998 hervorgebracht hat.
Gibson hält voll drauf, während Menschen in Einzelteile zerschossen, in die Luft gesprengt und massakriert werden, nutzt diese Brutalität aber nie zum Selbstzweck, sondern einzig und allein zur realistischen Darstellung eines grausamen Krieges, der sich (für uns kaum vorstellbar) wohl wirklich so intensiv abgespielt haben muss. Die Inszenierung dieser Szenen erreicht einen Grat unerschütterlicher Intensität, Gibson dreht die Spannungsschrauben immer weiter an, ohne dabei die Glaubwürdigkeit zu vernachlässigen und geht auf dramatischer Ebene immer noch einen Schritt weiter. Zuvor haben wir die Charaktere, denen wir nach gut der Hälfte der Spielzeit mitten ins Feindesland folgen, kennengelernt und folgen ihnen somit gerne.
Im Zentrum steht dabei durchgehend der Soldat Desmond Doss und sein Glauben daran, das richtige zu tun. Manch einer wird sich daran stoßen, dass Doss all dies tatsächlich nur aus religiösen Beweggründen tat, Mel Gibson tat jedoch gut daran, die religiöse Thematik weniger in den Vordergrund zu stellen als viel mehr die Überzeugung eines jungen Mannes, das richtige zu tun. Es geht hier weniger um christliche, überholte Werte als eben um die Einstellung eines Einzelnen, der dabei unter Einsatz seines Lebens für seine Freunde und sein Land in die Schlacht zog und dabei schier Unglaubliches leistete. Bis zum Finale, wenn Gibson doch ein wenig den pathetischen Zeitlupen nachgibt und zu einem etwas kitschigen Ende kommt, lässt man diese Bilder auch für sich sprechen, inszeniert ebenso dreckig wie hoffnungslos und erreicht damit genau die Gefühle, die ein solcher Film auslösen sollte.
Schauspielerisch ist dies für Andrew Garfield natürlich eine willkommene Chance, um erneut zu zeigen, was in ihm steckt und die Oscar-Nominierung, die sich der junge Schauspieler dabei verdiente, ist hier auch mehr als gerechtfertigt: Garfield lebt seine Rolle und spielt so intensiv und kraftvoll, dass man seine Augen kaum von ihm abwenden kann. Er ist das Herz und die Lunge, die den Film am Leben und am Atmen hält, er verbindet die Storylines und verleiht "Hacksaw Ridge" schier unmenschliches Gewicht. Neben einem soliden Sam Worthington und einem starken Hugo Weaving als Desmonds vom Krieg gebrochener Vater ist es aber gerade auch noch der sonst für lockere Komödien bekannte Vince Vaughn, der sich hier eine Extraerwähnung verdient: Der "Jurassic Park"-Star verleiht seinem Sergeant Howell dabei Ecken und Kanten und gleich mehrere emotional tiefschürfende Eigenschaften, sodass sich diese Figur noch bis weit über den Abspann hinaus ins Gedächtnis einbrennt.
Fazit: "Hacksaw Ridge" ist ein intensives Kriegsdrama, welches ebenso schonungslos wie handwerklich brillant inszeniert ist. Die enorm brutalen Kriegsszenen gehen unter die Haut und Andrew Garfields Performance ist über jeden Zweifel erhaben.
Note: 2+
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