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Sommerfest

Diejenigen unter euch, die meinen Blog schon länger verfolgen, wissen, dass ich weniger deutsche Filme gucke als ich eigentlich sollte. Als Schauspieler informiere ich mich natürlich über Kino- und Fernsehfilme in unserem Lande, wirklich ansehen tue ich mir davon aber die wenigsten, da mir meistens der Stil nicht passt oder ich (im Falle von Komödien) nicht wirklich über den gern mal arg stupiden und gewollten Humor lachen kann. Nun dreht sich "Sommerfest" aber immerhin zu Teilen über das Leben eines Schauspielers... was die ganze Sache für mich interessant machte. Vier Wochen nach dem Kinostart löste ich also doch ein Ticket für den neuen Film von Sönke Möhring.

SOMMERFEST


Der Theaterschauspieler Stefan Zöllner (Lucas Gregorowicz) war fünfzehn Jahre lang nicht mehr in seiner Heimat Bochum, seit er für seinen Beruf nach München gezogen ist. Nun zwingt ihn der plötzliche Tod seines Vaters dazu, nach Bochum zurückzukehren, um die Beerdigung vorzubereiten und dieser auch beizuwohnen. Eigentlich soll daraus nur ein kurzer Trip von wenigen Tagen werden, angesichts der Masse an alten Bekannten, die Stefan plötzlich aufsuchen, stellt sich dies jedoch als schwieriges Unterfangen heraus. Und dann taucht auch noch Stefans Jugendliebe Charlotte (Anna Bederke) auf und sorgt für einige erneut aufsteigende Gefühle innerhalb der Trauerzeit...

Für seinen neuen Film lässt Sönke Möhring mit dem Hauptstädtler Stefan Zöllner und der Gemeinschaft der dörflichen Bochumer Gegend zwei Welten aufeinanderprallen. Das ist sicherlich nicht neu, haben wir dies doch schon in etlichen anderen Filmen gesehen, dennoch gewinnt Möhring dem einige interessante Aspekte ab. So verweigert er einige tumbe Klischees, indem er Zöllner selbst nicht als gut verdienenden High-Class-Schnösel, sondern als ebenfalls recht erfolglosen und vor seiner Zukunft zitternden Schauspieler etabliert. 
Das sieht in Bochum natürlich niemand so und so wird Stefan dann durchgehend innerhalb eines netten Running Gags, ob man den Herrn Schauspieler denn kennen müsse... und ob er schon mal im Tatort zu sehen oder mit Veronica Ferres gesprochen hat. Wer selbst Schauspieler ist, erkennt einige Kommunikationen schnell wieder und dürfte sich angesprochen fühlen und auch darüber hinaus lassen sich einige sehr reale, wenn auch teils etwas überspitzte Manirismen erkennen: Die Hektik hinter der Bühne, wenn das Kostüm und der Text schnell sitzen müssen, bevor es auf die Bretter geht. Oder auch die Hoffnung auf das nächste Casting - und sei es nur für eine dieser gefühlsduseligen Vorabend-Soaps. Möhring entwirft durch seinen Hauptcharakter ein ebenso unspektakuläres wie sympathisches Bild und macht die Figur dadurch mehr als greifbar. 
Schwierig wird es, wenn man dieser Figur dann aber auch noch eine gewisse Lehre abnehmen soll, denn er soll hier tatsächlich noch etwas lernen und das geht eher schief. Schaut man sich diese Brigade aus teils doch eher schräg denkenden und oberflächlichen Menschen an, denen Stefan hier (wieder)begegnet, kann man verstehen, wieso er irgendwann nach München abgehauen ist, um Karriere zu machen... bekehrt werden müsste er angesichts dieser Menschen eigentlich nicht, denn diese verhalten sich recht grob und engstirnig, was nicht dafür spricht, dass Stefan irgendwann in eine Zwickmühle kommt und überlegt, ob er nicht doch wieder nach Bochum umsatteln sollte. 
So richtig überzeugen will ihn dabei seine Jugendliebe Charlie, doch auch dieser Plot funktioniert nicht richtig. Das liegt zum einen daran, dass diese Geschichte in arg vorhersehbaren und schwach definierten Bahnen verläuft und auch Anna Bederke selbst, die mit ihrer recht steifen und kühlen Performance neben einem starken Lucas Gregorowicz nicht wirklich überzeugen kann. Die Funken fliegen bei den beiden jedenfalls kaum und dass hier erneute Gefühle ins Spiel kommen, bleibt höchstens eine reine Behauptung. Immerhin rettet man sich hier noch mit einem offenen und nicht ganz so eindeutig-verkitschten Ende und kann auch einige schöne Wortwitze einbauen. Auch schön ist, dass der Regisseur manch einen Schicksalsschlag zu den Nebenfiguren unkommentiert lässt und sich damit rühmt, manch eine der Figuren einfach nur zu zeigen, ohne sie zu bewerten. So kann der Zuschauer selbst mitdenken, ob er bei diesen Charakteren mitgehen möchte und ob er die Ansichten der Figuren wirklich teilt, denn der Regisseur selbst schlägt sich hier nie eindeutig auf eine Seite, was ebenso mutig wie abwechslungsreich ist.
Fazit: So ganz funktioniert der Plot nicht, denn dafür ist die Figur des Stefan Zöllner schon von Beginn an zu sympathisch. Einige der umgedrehten Klischees und die guten Schauspieler sorgen, trotz der eher lauen Lovestory, für amüsante und nachdenkliche Momente...

Note: 3-




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