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Orange is the New Black - Die fünfte Staffel

Nicht nur Disney und ihr diesjähriger Abenteuer-Blockbuster "Pirates of the Caribbean: Salazars Rache" bekamen dieses Jahr Probleme. Ein Hacker stahl den Abenteuerfilm von Disneys Servern und drohte, ihn noch vor der offiziellen Veröffentlichung ins Internet zu stellen, sollte man ihm nicht eine bestimmte Menge Geld überreichen. Ein anderer Hacker machte sich auch die ersten zehn Folgen der lang erwarteten, fünften Staffel von "Orange is the new Black" zu Eigen und machte seine Drohung wahr, als Netflix nicht auf seine Forderung einging... die Folgen waren schließlich schon vor der Veröffentlichung im Netz zu finden. Schaden haben weder der Streaming-Dienst noch die Serie genommen, die Staffel wurde später wie geplant veröffentlicht. Qualitativ lässt die Show aber diesmal stark federn, was natürlich andere Gründe hat...

ORANGE IS THE NEW BLACK - STAFFEL 5


In Litchfield ist der Ausnahmezustand ausgebrochen. Nach dem Tod von Poussey (Samira Wiley) starten die Gefangenen eine Revolte und nehmen die anwesenden Wärter als Geiseln. Daya (Dascha Polanco) ist im Besitz einer Schusswaffe und wird so zur Anführerin der Revolte, scheint mit dieser großen Verantwortung und den möglichen Konsequenzen, sollte der Aufstand scheitern, nicht umgehen zu können. Indes spaltet sich das Gefängnis in zwei Seiten: Taystee (Danielle Brooks) sinnt auf Rache für den Tod ihrer Freundin und verlangt, dass sich die unmenschlichen Umstände in Litchfield verändern sollen, erst dann würde man die Geiseln freilassen. Andere Gefangene nutzen die Kontrolle jedoch für das pure Chaos, was die Lage für andere Anwesende durchaus gefährlich macht...

In meiner Kritik zur vierten Staffel schrieb ich noch, dass die fünfte Season definitiv das Potenzial dazu hat, die beste und intensivste der ganzen bisherigen Serie zu werden. Schließlich deutete der hundsgemeine Cliffhanger eine Veränderung des Tons an und der zuletzt sich doch ab und an deutlich im Kreis drehende Gefängnis-Alltag würde unterbrochen werden... durch Gewalt, Chaos und Bedrohung, als die Kontrolle über Litchfield verloren geht und die Gefangenen beginnen, gegen das System zu rebellieren. Leider ist es nicht die beste Staffel geworden, sondern (was schon überrascht) die bislang deutlich schwächste, was mehrere Gründe hat. 
Dabei geht das Ganze im Grunde gar nicht so übel los: Die beginnende Revolte ändert den kompletten Tonus der Serie und stellt die Zeichen endlich ganz und gar auf Sturm. Alles, was die ersten vier Staffeln mit ihren zurückgehaltenen und auch mal ausgebrochenen Emotionen, den Rufen nach Gerechtigkeit und letztendlich dem emotionalen Finale von Season 4 vorbereitet haben, kommt hier zu ihrem (zwischenzeitlichen) Klimax: Endlich sind sie frei, endlich dürfen sie sprechen, endlich gibt es keine Regeln mehr. Leider nutzen das die Gefangenen eigentlich für nicht vielmehr, als die anwesenden Wärter in einem Raum einzusperren und sie ab und zu zu ärgern. Während Taystee noch versucht, aus der Revolte tatsächliche Fortschritte herauszukitzeln, laufen die anderen Gefangenen eben einfach wild durch die Gänge. Da wird nach geflüchteten Wärtern gefahndet, andere Gefangene werden drangsaliert... aber ein richtiges Ziel scheinen sie alle nicht zu haben. 
Da Staffel 5 diese Revolte dann auch wieder über die komplette Länge von dreizehn Episoden hinzieht, ist es schon schockierend, wie wenig Handlung sich letztendlich darin findet. Sogar die erneut eingestreuten Rückblenden scheinen diesmal wenig erzählen zu haben und wirken in einigen Centrics (wie der mittlerweile dritten für die Ex-Küchenchefin Red) wie lahme Füller... verständlich, wenn man doch darüber hinaus eben nicht viel zu erzählen hat. Wirkliche Antworten und Fortschritte in den Haupthandlungen werden durch recht einfallslose Einschnitte bis auf die letzten Folgen weggeschoben und es wird eindeutig, dass man mit einigen Charakteren hier mittlerweile auch nichts mehr anzufangen weiß. Einige von ihnen werden indes einfach für mehrere Folgen weggeschlossen und erst dann wieder in die Freiheit entlassen, wenn man wieder einen Nutzen für sie rauskitzeln kann. 
Die anderen handelnden Charaktere agieren mittlerweile derart out of character, dass man sich bereits fragt, ob hier Autoren am Werk waren, welche die vorherigen Staffeln vielleicht nur durchgezappt haben, ganz besonders Red wird hier weitestgehend nur noch für einige durchgedrehte Maßnahmen gebraucht, was so gar nicht zu dieser ansonsten mental starken und durchsetzungsfähigen Frau passt. Auch die anderen Figuren drehen vornehmlich am Rad, was im Falle von Crazy Eyes oder Lorna Morello schon rasch ziemlich nervig wird und die eigentlichen Hauptfiguren Piper und Alex bleiben die meiste Zeit überraschend stark im Hintergrund, während andere (wie Healy und Schwester Ingalls) vollständig mit Abwesenheit glänzen. 
Es wird mittlerwele offensichtlich, dass die Macher die Kontrolle über das riesige Ensemble verlieren, denn kaum einer von ihnen wird wirklich passend entwickelt, hier lässt man diesmal einfach nur das Chaos regieren. Das ist für eine Staffel ein nettes Experiment, welches auch durchaus seine Momente hat, nun muss es damit aber dringend gut sein, damit man zu alter Qualität zurückkehren kann. Die überraschend soliden letzten beiden Folgen deuten an, dass man zu interessanten Wegen aufbrechen wird. Man darf es nur hoffen, denn diese fünfte Season dürfte für kaum jemanden eine wirkliche Offenbarung gewesen sein und läuft, trotz der neuen Ausgangssituation, viel zu lange nur im Kreis, bevor man sich glatt in trashige, überzogene Action-Manirismen verläuft.
Fazit: Das pure Chaos ist ausgebrochen. Innerhalb der Revolte schaffen es die Autoren nicht, den Charakteren interessante Seiten abzugewinnen. Sie drehen sich im Kreis, lassen sie wild durcheinander hetzen und erst viel zu spät wirkliche Fortschritte erkennen.

Note: 3-





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