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Orphan Black - Die zweite Staffel

Eigentlich hatte ich bereits mit dem Gedanken gespielt, "Orphan Black" nach der schwachen ersten Staffel einfach ruhen zu lassen und zur nächsten, hoffentlich besseren Serie überzugehen. Aber nein, fünf Staffeln mit jeweils nur zehn recht kurzen Folgen sind immerhin keine Ewigkeit, also beschloss ich, Sarah, Cosima und Co. noch weiter auf ihrem Weg zu begleiten. Und ich nehme mir fest vor, dies auch bis zum Ende tun... und das obwohl mir Staffel 2 noch immer nicht wirklich gefallen hat und auf einem Niveau mit der ersten Season 2 schwimmt.

ORPHAN BLACK - STAFFEL 2


Sarah (Tatiana Maslany) ist geschockt über die offensichtliche Entführung von "Mrs. S." (Maria Doyle Kennedy) und Kira (Skyler Wexler) und setzt alles daran, die beiden wiederzufinden. Dafür muss sie auch die Hilfe von Arthur Bell (Kevin Hanchard) annehmen und ihn in die Geheimnisse des Dyad-Konzerns einführen. Dieser agiert mittlerweile skrupellos und bindet auch Cosima (Tatiana Maslany) in seine Machenschaften mit ein. Unterdessen kämpft Alison (Tatiana Maslany) mit ihren vergangenen Taten, die sie nachträglich belasten...

Die Hoffnung, die zweite Staffel könne sich nach den hektischen ersten zehn Folgen ein wenig entspannen und den Charakteren endlich etwas Zeit geben, sich auch außerhalb der ständigen Flucht und all den neuen Entdeckungen und Wendungen zu entfalten, zerschlägt sich relativ schnell, denn Staffel 2 möchte diesmal noch schneller zum Ziel kommen und das Tempo durchgehend hochhalten. Was in einem knackigen, anderthalbstündigen Action-Thriller funktioniert, trägt auf Dauer einer ganzen Serie aber noch immer nicht. Wo sich meisterhafte Serien wie "Lost", "Breaking Bad" oder "Dexter" eben gerade dadurch auszeichnen, dass man die Protagonisten langsam, aber sicher immer weiterstößt, ihnen Persönlichkeit gibt und somit über viele Folgen hinweg an Dringlichkeit zulegt, bis sich dies in einem enormen Staffelfinale entlädt, bleibt "Orphan Black" auch hier einfach durchgehend auf einer Tempostufe: Auf der enormen. 
Jeder aufgelöste Cliffhanger (wobei gerne einfach willkürlich Protagonisten von einer der unzähligen "bösen" Seiten entführt werden, um anschließend fix wieder befreit zu werden) bringt gleich drei neue Wendungen und Fragezeichen mit sich und die Autoren verheddern sich dabei in immer neuen Plots, werfen noch mehr Figuren und finstere Hintermänner in den Ring, die angeblich alles wissen... bis sie dann auftauchen und einfach noch mehr Fragen aufwerfen. Dieses Konstrukt, welches aus einem ewigen Weglaufen und dem Hineinschleichen in abgesperrte Bereiche besteht, wo dann Antworten gefunden werden sollen, die aber keine sind, zieht sich erneut über zehn Folgen, die immerhin kurz genug sind, um keine wirkliche Langeweile entstehen zu lassen. Dennoch ödet diese extrem verworrene Handlung irgendwann an: Hatte man in der ersten Staffel zumindest noch den Eindruck, dass die Autoren zumindest einen Plan haben, wo all das hinführen könnte, so fliegt ihnen dieses Gewirr mittlerweile deutlich um die Ohren. Eine Folge kommt nunmehr eben nicht nur mit drei "schockierenden" Wendungen aus, sondern gar mit doppelt so vielen, wobei nur die wenigsten echte Wirkung entfalten, da sich diese früher oder später eh als nichtig oder als so bekloppt herausstellen, dass man das Ganze nicht wirklich ernstnehmen will. Später wird es dabei sogar richtiggehend lächerlich und man darf gespannt sein, ob man all dies in den kommenden drei Staffeln noch passend auslösen kann... diesbezüglich hege ich aber keinerlei Hoffnung. 
Immerhin hat man den enorm schrägen und unpassenden Humor ein wenig zurückgefahren, was aber nicht heißt, dass die Protagonisten all die Schicksalsschläge nicht erneut mit einem kleinen Augenzwinkern wegstecken könnten. Hauptfigur Sarah ist die einzige, die all das wirklich mitzunehmen scheint, während ihr Ziehbruder Felix erneut recht unbeeindruckt von all den Toten und bösen Buben durch die Straßen zieht und auch mal mitflüchtet, um ab und an doch wieder nach Hause zu gehen. Trotzdessen, dass sich die Protagonisten nämlich weiterhin auf der Flucht vor den brutalen und kalten Schergen befinden, haben sie nämlich kein Problem damit, immer wieder innerhalb von Minuten die Location zu wechseln um genau dahin zu gehen, wo der wirre Plot sie gerade braucht, was für den Zuschauer nachhaltige Verwirrung bereithält. 
Man muss der Serie aber dennoch zugestehen, dass sie diesmal deutlich mutiger zu Werke geht und auch manch einen Handlungsträger opfert, was nicht immer auf vorhersehbare Weise geschieht. Auch Tatiana Maslany hat sich in ihrem Spiel deutlich gebessert und agiert nicht mehr ganz so nervig, besonders die Rolle der Sarah scheint ihr auf emotionaler Ebene zu liegen. Die anderen Charaktere bleiben jedoch weitestgehend Spielbälle der Handlung, denen nur wenig eigenes Leben zuteil wird, was gerade für eine Serie, die dafür doch genügend Zeit haben sollte, schade ist. Einzig Alison bekommt in einem netten Subplot noch genügend Zeit, um sich ein wenig zu charakterisieren und diese zuvor doch arg klischeehafte Figur etwas menschlicher zu gestalten.
Fazit: Erneut hetzt sich "Orphan Black" durch seine ebenso wirre wie atemlose Handlung, klatscht Wendung an Wendung an Wendung, wobei all diese Geheimnisse keinen Eindruck hinterlassen. So richtig zu wissen, was hier eigentlich los ist, scheint keiner, weswegen auch diese Staffel durch ihr wahnwitziges Tempo und geringer emotionaler Beteiligung enttäuscht.

Note: 4+




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