Direkt zum Hauptbereich

Blade Runner 2049

Ich muss an dieser Stelle tatsächlich doch eine Lanze für "Blade Runner" brechen. Der Sci-Fi-Klassiker, der das ganze Genre besonders in optischer Hinsicht revolutionierte, wurde auf meinem Blog mit einer "4-" abgestraft - ich konnte also augenscheinlich wirklich gar nichts mit Ridley Scotts Werk anfangen. Nun habe ich mir den Film als Vorbereitung für die langerwartete Fortsetzung natürlich erneut (zum mittlerweile dritten Mal) angesehen und muss sagen, dass er mir besser gefallen hat. Ich empfand "Blade Runner" zwar weiterhin als arg zäh und sperrig und möchte in der Handlung noch immer nicht die superbe Tiefe sehen, die gefühlt jeder Filmfan darin findet... aber ich habe mich dennoch gut unterhalten gefühlt. Dementsprechend würde ich meine Note nachträglich um einen Wert verbessern - man wächst eben mit den Jahren und sieht irgendwann auch gewisse Filme etwas. Und mit der Gewissheit, das Original nun zumindest nicht mehr als pure Enttäuschung im Hinterkopf haben, freute ich mich regelrecht auf die Fortsetzung - fünfunddreißig Jahre nach der Uraufführung des ersten Teils.

BLADE RUNNER 2049


2049, dreißig Jahre nach den Geschehnissen rund um Rick Deckard (Harrison Ford). Agent "K" (Ryan Gosling) ist als sogenannter "Blade Runner" unterwegs, um ältere Modelle der Replikanten zu jagen und auszuschalten. In dieser Zeit hat der Großindustrielle Wallace (Jared Leto) bereits eine neue Form der Replikanten erschaffen, welche die fehlerhaften Versuche der Vergangenheit, die bereits zu einer fauststarken Rebellion führten, vergessen machen soll. Tatsächlich hat Wallace jedoch noch tiefergreifende Pläne mit seinen neuen "Kindern"... Pläne, die schon bald auch K und den verschollenen Deckard miteinbeziehen.

Wie ausdrücklich von Regisseur Dennis Villeneuve gewünscht, verzichte ich auf eine genauere Inhaltsangabe und halte diese absichtlich sehr vage. Der Mann, der "Gladiator"-Regisseur Ridley Scott von dem Posten, den dieser noch vor fünfunddreißig Jahren beim Original innehatte, verdrängte (Scott ist nunmehr als Produzent dieses lang erwarteten Sequels tätig) hat dabei auch allen Grund, diesen Wunsch zu äußern - denn tatsächlich macht "Blade Runner 2049" am meisten Freude, wenn man gar nicht so wirklich weiß, um was es hier eigentlich geht und das hochkomplexe Puzzle, welches uns hier über erstaunliche 163 Minuten präsentiert wird, selbst entwirren kann. Dementsprechend ist es erfreulich, dass uns die Trailer zuvor nur so viel wie nötig verraten haben und es daher noch etliche Überraschungen zu entdecken gibt - wenn man denn in der Lage ist, sich auf den Film einzulassen und auch ein wenig Sitzfleisch mitbringt. Wer den ersten Film jedoch bereits liebte, der wird auch das Sequel anbeten, führt es die Geschichte des Erstlings doch mit sehr hübschen, neuen Ideen fort und beschädigt dabei zu keiner Zeit den Thron des Originals - viel eher darf sich das neue Werk selbst darauf niederlassen.
Villeneuve, der spätestens seit dem im letzten Jahr veröffentlichten Sci-Fi-Werk "Arrival" bewies, dass er zu den bedeutendsten Filmemachern der Jetztzeit gehört, weiß ganz genau, an welchem Werk er sich hier zu schaffen macht und was es in der Filmgeschichte für eine Bedeutung trägt. Dementsprechend setzt er ganz und gar auf eine packende Atmosphäre, erzählt seine enorm große und dennoch sehr persönlich gehaltene Geschichte auf langsame und ausführliche Art und Weise und überträgt den Stil, den Ridley Scott damals, im Jahr 1982 erschuf, kongenial wieder auf die Leinwand - ohne dabei aber darauf zu verzichten, dem Film seinen eigenen Stempel aufzudrücken.
Auf visueller Ebene feuert Villeneuve dahingehend aus allen Rohren, suhlt sich aber nicht in der technischen Perfektion. Stattdessen denkt er die zuvor erschaffene Welt auf kreative Art weiter (in den vergangenen 30 Jahren hat sich natürlich auch eine ganze Menge getan) und bietet den Kennern und Fans des Originals dennoch etliche, liebevolle und passende Anspielungen, die ihm ein Grinsen aufs Gesicht zaubern dürften. Dank der phänomenalen Kameraarbeit, den berauschenden Effekten, die sich jedoch nie in den Vordergrund spielen, und einem fantastischen, altmodisch angehauchten Soundtrack, in welchem sogar "The Dark Knight"-Komponist Hans Zimmer seine Finger drinhatte, ist "Blade Runner 2049" in technischer Hinsicht ein absoluter Rausch und bietet dabei die besten Bilder des bisherigen Kinojahres - Bilder voller stiller Schönheit, Finsternis und Eleganz.
Der Oscar für die besten Effekte dürfte also bereits reserviert sein... doch wie sieht es auf handlungstechnischer Ebene aus? Ich zähle sicherlich nicht zu den zahlreichen Fans des Originals, dass es der Fortsetzung nun aber gelungen ist, mich trotz einiger Hänger im Mittelteil und des betulich langsamen Erzähltempos in seinen Bann zu ziehen, muss also bereits als großes Kompliment gelten. Für mich wird das Werk nicht in die Annalen eines Sci-Fi-Klassikers eingehen, wie es viele Kritiker bereits behaupten... doch in einem Atemzug mit dem Vorgänger darf dieser Film sicherlich genannt werden, hat er mir doch gar noch ein ganzes Stück besser gefallen.
Die Welt wirkt stimmiger, die Geschichte an sich hat mehr Dringlichkeit und emotionale Tiefe und wartet mit vielen überraschenden Momenten auf. Ja, die Handlung zerfasert zwischendurch ein wenig und hätte sicherlich auch etwas gekürzt werden können, ohne einen Substanzverlust zu erleiden, aber der Atmosphäre wäre es womöglich schädlich gewesen. Wirklich stören tut hier nur ein mal wieder befremdlich agierender Jared Leto, dessen Rolle aber auch arg an der Grenze zum Klischee erschaffen wurde - Ryan Gosling sowie "Forrest Gump"-Star Robin Wright und auch Harrison Ford machen jedoch durchgehend einen herausragenden Job.
Fazit: Der zweite Teil toppt das meiner Meinung nach eher sperrige und schläfrige Original und ist in visueller Hinsicht ein Rausch sondergleichen. Auch die Handlung überzeugt durch eine stimmige Welt und eine grandios-packende Atmosphäre, trotz einiger Längen. Ein Klassiker ist das nicht zwingend... aber ein Werk, der die Geschichte kreativ weiterspinnt und dabei dennoch den Geist des ersten Films atmet.

Note: 2-





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid