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Saw III

Die "Saw"-Reihe entwickelte sich zum alljährlichen Halloween-Event: Die ersten fünf Teile liefen sehr gut im Oktober in Amerika (in Deutschland mussten sich die Fans immer bis in den Februar hinein gedulden) und hoben das Horror-Genre auf ein ganz neues Niveau. Heute wissen wir, dass es kein sonderlich gutes war, aber immerhin trauten sich die Filme noch etwas und die ersten beiden Teile konnten besonders in Einzelszenen noch ordentlich Adrenalin erzeugen. Spätestens mit dem dritten Film wackelt dieses Gerüst aber bedrohlich, denn in "Saw III" fliegen den Machern die zuvor angeleierten Plotlines doch recht gehörig um die Ohren.

SAW III


Jigsaw aka John Kramer (Tobin Bell) ist entkommen und blickt dennoch dem Tod ins Auge. Der Tumor, der ihm aufs Gehirn drückt, lässt ihm nur noch wenig Zeit zum Leben, weswegen er ein neues und vermutlich letztes Spiel startet. Gemeinsam mit seiner treuen Gehilfin Amanda Young (Shawnee Smith) entführt er die junge Ärztin Dr. Lynn Denlon (Bahar Soomekh) - diese soll ihn am Leben erhalten, während er dem entgeisterten Familienvater Jeff Ridenhour (Angus MacFadyen) bei einem neuen Test zusieht. Jeff befindet sich auf einem Rachetrip, nachdem sein Sohn bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam - Jigsaw bietet ihm die Gelegenheit, an den Schuldigen Rache zu üben oder ihnen zu vergeben. Das Gelingen der Tests hängt dabei auch eng mit dem möglichen Überleben Lynn's zusammen...

Na gut, ein Teil durfte eigentlich ja noch drin sein. Zwar zeigte bereits "Saw 2" deutliche Abnutzungserscheinungen gegenüber dem ziemlich wegweisenden Original, aber ein dritter Film sollte die Geschichte rund um den selbsternannten Moralapostel und Lebensretter Jigsaw also doch zu einem runden Abschluss bringen und einen neuen Plot mit den offengelassenen Fragen der beiden Vorgänger verknüpfen. Das klingt auf dem Papier sicherlich alles andere als übel, aber wie wir wissen, ging alles anders aus - "Saw 3" schließt die hauptsächlichen Handlungsstränge zwar ab, aber die Macher lieferten insgesamt bis heute noch fünf weitere Fortsetzungen. Und das obwohl nach diesem Film, der noch einmal ein ganzes Stück schwächer als der bereits nicht sonderlich originelle zweite Teil daherkommt, doch gerne hätte Schluss sein dürfen. Zwar streuen die Macher recht gekonnt weitere Verbindungen zu den Vorgängern und gerade im finalen Akt, wenn sich erneut der (hier aber mal wieder sehr konstruierte und nicht immer wirklich logisch zusammenhängende) Masterplan des im Krankenbett vor sich hinsiechenden Jigsaw offenbart, gereicht es auch wieder mal zu einem gehörigen Maß an Spannung und einigen überraschenden Wendungen, die ebenso fies wie clever ausgestaltet sind. 
Zuvor lässt der dritte Teil (und somit der Abschluss der ersten Trilogie) diese Qualitäten aber arg vermissen und verlässt sich noch mehr als sein direkter Vorgänger auf ein einziges Splatterfest: Noch ekliger, noch grausamer... und noch sinnloser. Folter an Folter wird hier in mal wieder sehr kreativen Fallenspielchen aneinandergereiht, wirkliche Spannung will sich angesichts der hier erneut arg plakativen Gewalt und Jigsaws sinnlosem Gefasel über Schuld und Vergebung nicht wirklich einstellen. Wieso er genau einen Familienvater, der ohnehin schon genug Mist durchgemacht hat, hier noch einmal leiden lässt, wird nie ganz klar, immerhin gewinnt die Verbindung zwischen Kramer und der psychopathischen Amanda (leider klar fehlbesetzt und ziemlich nervig: "Armageddon"-Star Shawnee Smith) aber an zusätzlicher Intensität. 
Über einige gelungene Einzelszenen hinweg zerfasert "Saw 3" aber recht schnell, lässt zu Beginn, wenn gleich drei aufeinanderfolgende Opfer ohne große Zugehörigkeit in unterschiedlichen Fallen um ihr Leben kämpfen müssen, eine durchdachte Handlung vermissen und driftet anschließend in einen kruden Mix aus Splatter, Drama und Rache-Thriller ab. Das passt nicht wirklich zusammen, sorgt im Mittelteil, wenn der Film sich bemüht, neue Verbindungen zu den Vorgängern aufzustellen, die hier aber eher wirr uns ziellos wirren, für einige Hänger und ist auch auf dramatischer Ebene ein ziemlicher Griff ins Klo. Mit den Charakteren können die Macher hier offensichtlich wenig anfangen, weswegen sie für oberflächliche Gore-Marathons verbraten werden und wir nur selten wirklich mit ihnen mitfiebern. 
Der einzige, der das ganze Treiben dabei noch mit eindringlichem Spiel beherrscht, ist Tobin Bell als der große Mann mit den Fäden in der Hand - wie Bell einzig und allein vom Krankenbett aus seine Spiele treibt und dabei alle Menschen in seiner Umgebung nur mit Blicken und Worten lenkt, das ist schon ziemlich stark dargestellt. Zu einem guten Film reicht es dennoch nicht, denn dafür fehlt es "Saw 3" doch deutlich an Fahrt, an cleveren Neuerungen und an Originalität. Es ist eben aneinandergereihter Splatter, dem es an der Dringlichkeit oder zumindest dem Nervenkitzel seiner Vorgänger fehlt und der daher, auch aufgrund einiger massiver Logiklücken, doch eher wirkungslos verpufft - auch wenn dieser ganze "kranke Mist" handwerklich tatsächlich noch immer ziemlich gut gemacht ist.
Fazit: Schwache Fortführung einer zu Beginn guten Horror-Reihe, die in willkürlichen Verbindungen und Moralfragen zerfasert wirkt und auch wenig Neues bietet. Die diesmal noch ein Stück härter und quälender ausfallenden Splatter-Einlagen verkommen dabei zum bloßen Selbstzweck, auch wenn man dem Werk eine gewisse Spannung noch immer nicht ganz absprechen möchte.

Note: 4+




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